Ich bin dein Mörder: Thriller (Sam Burke und Klara Swell) (German Edition)
Bedingung sei, dass meine Firma die Daten nicht direkt erhalten könne, es sei eine Art Treuhänder nötig, denn medizinische Daten dürften nicht mit postalischen Adressen auf einem Kundensystem gespeichert werden. Was bedeutete, dass American Data meine Liste von Todkranken an eine Firma schickte und meine Firma wiederum die Botschaft, die für die Todkranken bestimmt war, an dieselbe. Dieses dritte Unternehmen, das ja selbst kein Interesse an meinen todkranken Adressen kannte, würde die Briefe verschicken. Und, darauf wies sie süffisant lachend hin, natürlich könne ich keine hundertprozentig akkurate Liste erwarten, schließlich wüssten sie nicht, wer an einer tödlichen Herzkrankheit leide, man könne nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit abschätzen. Im Vertrag zwischen der American Data und der Vita Pharma stand etwas von mindestens zwanzig Prozent Wahrscheinlichkeit, was mir für meine Zwecke ausreichend erschien, und auch die Dame in dem Schlafanzug wirkte diesbezüglich sehr zufrieden, was die Leistungsfähigkeit von American Data anging. Der Anruf als Techniker der American Data beim Treuhänder auf einer sehr niedrigen Hierarchiestufe brachte mir eine schöne Tabelle mit meinen Adressen. Im Grunde hätte man fast nichts gebraucht als dieses Telefonat mit dem Treuhänder und eine einigermaßen durchschnittliche Menschenkenntnis.
Lieber Sam, ich bin mir sicher, dass Sie mittlerweile erkannt haben, dass ich es mir erlaube, dann und wann ein Detail in meinen Schilderungen abzuwandeln, und – Sie ahnen es schon – natürlich hießen die Firmen weder American Data noch Vital Pharmaceuticals.
Ausgestattet mit meiner Liste echter amerikanischer Todeskandidaten, hatte ich natürlich immer noch nicht Lauras Sozialversicherungsnummer. Aber ich wusste, dass meine Liste auch Kunden der American Confederate enthalten musste. Ich erfand eine Umfrage zur Kundenzufriedenheit und rief die auf der Liste verzeichneten Frauen an. Eine nach der anderen. Es war ein Marathon, denn nur etwa jede Vierzigste war tatsächlich Kundin der Confederate, aber es funktionierte. Und ich beendete jedes Telefonat mit einer
Frage nach der Sozialversicherungsnummer. Für
die Statistik. Was natürlich kompletter Unsinn war, aber von allen Telefonaten, die ich führte, verweigerte mir nur eine Dame diesbezüglich die Auskunft, alle anderen waren froh, danach auflegen zu dürfen. Ich strich die Dame von der Liste. Es war nicht Laura Tennenboom.
Um meine Aufregung zu zügeln, schloss ich die Liste für vier Monate in meine Schreibtischschublade. Es half nicht viel. Aber ich hatte Zeit, den Rest meines mittlerweile ausgereiften Plans vorzubereiten. Zum einen durfte ich meine Liste nicht zu schnell aufbrauchen, und zum anderen gehörte es zu meinem Plan, keine Einzige von ihnen zu opfern, die nicht wirklich todkrank war. Ich hatte mir fest vorgenommen, so wenige von ihnen zu töten wie möglich. Und glauben Sie mir, Sam, ich wäre sehr froh gewesen, wenn ich ihnen allen das Leben hätte schenken können. Aber ich wusste, dass das nicht ging. Nicht mehr.
Meine erste Liste war kurz, sie bestand nur aus fünfzehn Namen. Fünfzehn Frauen, die jung genug waren und eine unheilbare Krankheit hatten, sodass ich sie nicht aus dem vollen Leben riss, sondern nur aus einem kleinen Teil davon. Sie alle wussten, dass sie sterben würden, und zwar bald. Sie wären vielleicht nicht so schockiert, wenn ihnen ihr Todesengel begegnete. Und für mich machte es keinen Unterschied, vielleicht ist es sogar ein entscheidendes Detail, denn ich hatte festgestellt, dass diese Frauen mehr Leben in sich tragen als alle anderen. Mit jeder Faser ihres Körpers, der jeden Tag aufzugeben droht, sprühen sie vor Glück über den Augenblick. Wie Betty.
Tom
—
Kurz nachdem er den Brief eingeworfen hatte, parkte Tom seinen Wagen gegenüber der Schule. Eine seiner Kandidatinnen arbeitete hier, sie unterrichtete Englisch und Mathematik. Normalerweise verließ sie den Lehrerparkplatz gegen vier und fuhr zu einem nahe gelegenen Supermarkt oder in die Stadt, um Besorgungen zu machen. Ihr Wagen, ein feuerroter japanischer Kleinwagen, rollte um Viertel nach fünf vom Schulparkplatz. Tamara war spät dran. Tom startete den Motor und fragte sich, ob er sie heute kennenlernen würde oder ob er sich noch gedulden müsste. Im Gegensatz zu jedem anderen Aspekt seiner Taten plante er das Kennenlernen niemals im Voraus. Er war überzeugt, dass es sich nicht vorausplanen ließ,
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