Ich bin dein Mörder: Thriller (Sam Burke und Klara Swell) (German Edition)
wäre das Blut von dort in seinen Kopf gewandert, der zu platzen drohte. Er schlug die Tasse auf die Arbeitsplatte, sodass der Henkel abbrach, und schnitt sich mit der groben Kante einer Scherbe in die Hand. Klara arbeitete an seinem Fall! Die verdammte Stiftung arbeitete an seinem Fall! Sie hatte Toms Briefe geklaut. Nicht geklaut, aber gelesen. Er starrte auf sein Telefon, um sie anzurufen. Die Moderatorin im Fernsehen fasste noch einmal den kuriosen Diebstahl zusammen, was mittlerweile im Fünfminutentakt wiederholt wurde, damit es die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne nicht überforderte. Das Foto von der Überwachungskamera. Ein Archivbild von Klara Swell – natürlich das von ihrer ersten Verhaftung, als sie noch Sams Kollegin gewesen war. Dann eine verwackelte Szene vor Thibault Steins Kanzlei. Jemand hatte ihr ein Jackett über den Kopf geworfen. Ein weiblicher Officer des NYPD führte sie die Stufen hinunter und drückte ihren Kopf nach unten in den Fond eines Wagens. Sie hatten sie schon verhaftet. So unnötig, Klara, dachte Sam. So unnötig. Er schickte eine Mail an Shirin, worin er sie bat zu überprüfen, ob das Gehirn zu Lebzeiten bei der American Confederate versichert gewesen war und ob es noch eine Krankenakte gab. Dann ging er joggen. Er wusste, dass es besser für sie beide war, einen klaren Kopf zu bekommen, bevor er sie anrief. Danach würde er nach New York fahren und auf sie warten. Ob sie das Geschenk, das er für sie besorgen wollte, jetzt überhaupt noch verdiente? Andererseits hatte er gewusst, worauf er sich mit ihr eingelassen hatte, oder nicht? Und in irgendeinem tiefen Abgrund seines Herzens fühlte es sich gut an. Klara an seiner Seite. Wie früher. So vertraut. Und doch so falsch.
Kapitel 24
Manhattan, New York
Mittwoch, 8. August
Klara Swell und der Rest der Anwesenden erhoben sich, als der ehrenwerte Richter Green den Gerichtssaal betrat. Als sie wenige Sekunden später wieder zwischen Pia und Thibault Stein auf den unbequemen Holzstuhl sank, musterte sie den alten Anwalt, der vor Gericht stets wie ausgewechselt erschien. Seine Augen, die oftmals auch eine milde Güte ausstrahlen konnten, blitzten heute vor Angriffslust. Pia goss sehr langsam Wasser in ein Glas, das vor Stein auf dem Tisch stand, neben den Akten. Es hatte irgendetwas mit seinen Regeln für den Gerichtssaal zu tun, dass er stets ein volles Glas Wasser benötigte, wusste Klara. Pia berührte sie am Arm: »Mach dir keine Sorgen, Klara. Wir sind bestens vorbereitet.«
»Ich kann immer noch nicht klar denken«, flüsterte Klara ihr zu. »Ich glaube, das war ein wenig zu viel des Guten.«
»Es war vor allem ein sündhaft teurer Single Malt. Ein Geschenk von Giorgio Canelli, nach dem letzten gewonnenen Fall. Zweihundert Dollar die Flasche.«
»Ihr habt mich mit Schnaps für dreißig Dollar pro Glas abgefüllt?«, fragte Klara entrüstet. Sie regte sich noch immer viel zu leicht auf. Eine Folge des Alkohols, der in Steins Strategie für ihre Verteidigung irgendeine wichtige Rolle spielte. Natürlich hatte man sie nicht aufgeklärt, worin sie bestehen sollte. Stein liebte es, seine Klienten genauso zu überraschen wie das Gericht. Er hielt das für glaubwürdiger. Wieder irgend so ein Paragraf in Steins Prozessordnung. Auf Anordnung des Richters verlas der Staatsanwalt die Anklage. Wie erwartet, legte dieser, ein gewisser Andrew Barnes III., ein eingebildeter Neuenglandtyp wie aus der Bildergalerie einer Eliteuniversität und mit sehr protzigen Manschettenknöpfen, ihr den Einbruch in dem Krankenhaus zur Last. Ein alter Bekannter. Er hatte schon einmal eine Anklage gegen sie erhoben und war gescheitert. Mit Sicherheit hatte er sich vorgenommen, ihr heute eins auszuwischen. Als Beweisfotos eingebrachte Bilder von den Überwachungskameras zeigten sie beim Verlassen des Klinikgebäudes und später an einer Straßenecke mit dem zum Rucksack umfunktionierten Ärztekittel. Dazu Protokolle des RFID -Systems und von der Polizei fotografierte Schlösser an den Türen zum Pathologischen Archiv, die Einbruchsspuren ihrer Picks aufwiesen. Es war ihr vollkommen schleierhaft, wie Stein sie jemals aus diesem Schlamassel herausbekommen wollte.
Als der Staatsanwalt fertig war, stand Thibault Stein langsam auf. Er stützte sich dabei auf seinen Stock und sah sehr zerbrechlich aus.
»Hohes Gericht, meine Mandantin bestreitet nicht den Ablauf der Dinge, wie der Herr Staatsanwalt sie geschildert hat.«
»Nein?«, fragte
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