Ich bin dein Mörder: Thriller (Sam Burke und Klara Swell) (German Edition)
Stock.
»Sam?«, fragte sie, als sie die Schuhe im Flur auszog. Klara zuckte mit den Schultern und freute sich insgeheim, dass sie die Begegnung noch ein wenig hinauszögern konnte. In der Küche fand sie abgestandenen, aber immerhin warmen Kaffee in der Kanne. Sie goss sich eine Tasse ein und setzte sich auf den Küchenblock, als sie plötzlich eine Bewegung neben sich wahrnahm. Beinah hätte sie die Kaffeetasse vor Schreck fallen gelassen, aber es war nur eine Katze, die sich in ihre Wohnung geschlichen haben musste und die nun in misstrauischer Entfernung zu ihr hinter dem Wasserhahn umherschlich.
»Wo kommst du denn her?«, fragte Klara und streckte eine Hand nach ihr aus, aber die Besucherin machte keine Anstalten, sie zu begrüßen. Sie hatte feuerrotes, sehr langes Fell, gelbe Augen, die beinah künstlich aussahen, und war von ziemlich beeindruckender Statur. War das nicht eine der Katzen aus der verwahrlosten Wohnung, für die sie den Tierschutz angerufen hatte? Bei der Observierung von diesem Plastikpflanzenhändler? Natürlich konnte sie sich nicht sicher sein, vor allem weil der Zustand dieser Schönheit keinesfalls der verlotterten Version in der Sozialwohnung entsprach.
»Sam?«, rief sie noch einmal. Statt einer Antwort flog etwas aus Richtung Wohnzimmer über den breiten Dielenboden. Sofort stürzte sich die Katze von ihrem Fensterplatz in den Flur und raste auf den Fellball zu. Sie langte mit ihren Tatzen danach und schob ihn in einem Affenzahn quer durch die Wohnung. Klara rutschte ebenfalls von dem Podest und hoffte, dass es wenigstens halb so elegant aussah wie bei der Katze. Dann lief sie ins Wohnzimmer. Sam musste auf dem Sofa hinter dem Raumteiler sitzen, nur so hätte er den Fellball so weit werfen können. Sam saß auf dem Sofa, seinen Laptop auf dem Schoß. Sein Gesichtsausdruck war nicht wütend oder enttäuscht. Er wirkte eher teilnahmslos. Ein schlechtes Zeichen, denn es bedeutete, dass er wirklich enttäuscht und wirklich sauer war. Jenseits einer Eskalationsstufe, die mit einem Streit als reinigendem Gewitter zu klären wäre.
»Woher kommt die Katze?«, fragte sie.
»Schön, dass du wieder da bist«, sagte Sam.
»Sie ist hübsch.«
»Er heißt Gandhi.«
»Er sieht aber nicht aus wie Gandhi. Eher wie ein Mafiapate.«
»Eben. Wie war es beim Haftrichter, Schatz?«
Wenn er »Schatz« sagte, stand er kurz vor dem Auszug.
»Sam, was soll das?«, fragte Klara. »Ich weiß genau, was du denkst. Und du hast recht. Du hattest es nicht verdient, weder, dass ich an deinem Fall herumgedoktert habe, und noch viel weniger, dass ich es dir verschwiegen habe.«
Das sollte helfen, dachte Klara. Ein glattes Schuldeingeständnis ohne jede Fußnote.
»Gandhi betreibt keine Drogengeschäfte oder Nachtclubs, zumindest soweit ich das bisher mitbekommen habe.«
»Hör doch mal einen Moment mit der Katze auf«, verlangte Klara jetzt mit etwas lauterer Stimme. Dabei hatte sie sich fest vorgenommen, ihn aus der Reserve zu locken statt umgekehrt.
»Kater, Klara. Den du ins Tierheim stecken wolltest, wo er in eine Art Hungerstreik trat, bis ich ihn abholen kam. Sie haben hier angerufen. Gewissermaßen ein Schicksalskater.«
Klara seufzte. Wie sollte sie ihm nur klarmachen, dass sie sich bei ihm entschuldigen wollte? Sie war nicht gut in diesen zwischenmenschlichen Sachen. Sie ging die Wände hoch, gestikulierte, wurde laut. Sie machte in solchen Situationen ständig das Falsche. Aber was tat Sam? Er rettete einen Kater, der aussah wie der Teufel höchstselbst, und setzte sich auf die Couch, um auf sie zu warten. Der Leibhaftige ließ sich neben Sam nieder und rollte sich zusammen. Sam streichelte ihn hinter den Ohren und blickte zu ihr herüber.
»Aber du musst zugeben, dass wir Ergebnisse erzielt haben, die ihr niemals so schnell bekommen hättet, oder etwa nicht?« Rückzug beherrschte Klara Swell nun einmal nicht.
Sam stellte die Streicheleinheiten ein und zog ein Blatt Papier unter dem Laptop hervor: »Ach nein? Dann rate mal, welchen Namen ich seit gestern Abend schwarz auf weiß in meinem Briefkasten hatte?«
Klara schluckte: »Du hattest ihren Namen? Aber davon stand nichts in …«
»In meinen Aufzeichnungen?«, unterbrach Sam sie. »Das wolltest du doch sagen, oder nicht? In meinen Aufzeichnungen hast du vor einigen Tagen noch nichts darüber gefunden, und deshalb bist du davon ausgegangen, dass natürlich nur die große Klara Swell mit ihrer Stiftung alles richten kann, oder? Und dass
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