Ich bin dein Mörder: Thriller (Sam Burke und Klara Swell) (German Edition)
durfte herausbekommen, dass heute Nacht jemand hier gewesen war. Alle in der Stiftung waren sich bewusst, dass sie sich mit mächtigen Gegnern anlegten, die möglicherweise auch vor Mord nicht zurückschreckten, wenn sie sich betrogen fühlten. Dafür hatten sie zwar keine Beweise, aber selbst Stein, dessen Religion die Indizien waren, glaubte nicht mehr, dass Hernandez’ Tod auf das Konto der Drogenmafia ging.
Der tiefe Teppich mit seinen zentimeterhohen Fasern schluckte Klaras Schritte. Es war still, bis auf das Summen der Festplatten und das leise Rauschen der Lüfter war auf dem ganzen Stockwerk kein Laut zu hören. Sie schlich durch die leeren Flure, warf nur kurz einen Blick auf die Türschilder. Ihr Ziel lag vermutlich in einem der repräsentativen Eckbüros, denn sie hatte nicht vor, sich mit den einfachen Angestellten zu befassen. Was sie suchte, war weiter oben in der Hierarchie dieser Organisation, die sich One Nation for America nannte. Fünf Minuten später hatte sie gefunden, wonach sie gesucht hatte: »Marcus E. Dwight, Chief Executive Officer« stand an der Tür. Ganz oben. Klara lächelte, als sie das Türschloss untersuchte. Es handelte sich um ein einfach codiertes System, vor das man nur einen Sender halten musste, der den richtigen Code reflektierte. Klara hätte auch schwerere Geschütze in den Taschen ihres Anzugs bereitgehalten. Sie zog das passende Decodiergerät hervor und hielt es vor den Sensor. Keine zwanzig Sekunden später konnte sie das Schloss aufdrehen und stand im Vorzimmer des Direktors. Sie suchte nach Bewegungsmeldern oder anderen Hindernissen, konnte aber keine entdecken. Klara warf einen Blick auf den penibel aufgeräumten Schreibtisch der Sekretärin und ging dann durch die zweite Tür ins Allerheiligste. Der Blick aus den großen Fenstern auf die Stadt war imposant, aber nicht atemberaubend. Unter ihr rollte der nächtliche Verkehr über die K-Street und die 18. Die schallisolierten Fenster ließen kein Motorengeräusch und kein Hupen bis zu ihr vordringen. Zum wiederholten Mal an diesem Tag stellte Klara fest, dass es ein Fehler war, dass sie immer noch keinen Computerspezialisten eingestellt hatten. Heutzutage war es einfach mühsam, mit den guten alten Methoden zum Ziel zu gelangen, wenn es möglicherweise ausgereicht hätte, seinen Computer anzuzapfen. Allerdings hatte es sich in diesen Kreisen mittlerweile herumgesprochen, dass Computer für die Privatsphäre in etwa so zuträglich waren wie für die Gegner von J. Edgar Hoover die Erfindung des Telefons. Klara ließ den Rechner in Ruhe und zog stattdessen eine kleine Wanze aus der Oberschenkeltasche. Sie ließ ihren Blick über die glatte Front der Aktenschränke wandern, betrachtete die Deckenstrahler, dann den großen Konferenztisch, als sie plötzlich ein Geräusch vernahm. Ein Türschloss. Ohne Vorwarnung. Der dicke Teppich hatte nicht nur ihre Tritte verschluckt. Vermutlich ein Wachmann. Kurz erfasste sie Panik, bis das Adrenalin ihr Gehirn erreicht hatte. Optionen? Keine. Der Aktenschrank! Die einzige. Klara öffnete eine der großen Klappen, so leise es ihr möglich war. Das Licht im Vorzimmer war angegangen. Ein Reinigungstrupp wäre das Zweitschlimmste. Der Schrank stand voller Ordner. Wenn jemand einen von ihnen ausgerechnet jetzt einsehen wollte, das wäre das denkbar Ungünstigste. Eine weitere Klappe. Sie hörte schlurfende Schritte. Jemand raschelte mit Papier. Hängeregister. Und nicht ganz voll. Nur die wenigsten enthielten ein paar einzelne Blätter. Ihre beste Chance. Jemand hob einen Telefonhörer ab. Tippte eine Nummer. Klara zwängte sich in den schmalen Schrank. Sie musste ihren Körper zusammenfalten wie ein Klappmesser und wusste wieder einmal, warum es sich für eine ordentliche Einbrecherin gehörte, die Bänder regelmäßig zu dehnen.
»Ich weiß, wie spät es ist, aber ich möchte, dass Sie sich um die Gesetzesvorlage kümmern, es kann uns in Iowa das Genick brechen«, sagte eine nach Autorität klingende Stimme im Nebenzimmer.
Und dass es sich für eine Einbrecherin nicht geziemt, besonders groß zu sein, dachte Klara, als sie die Klappe von innen heranzog. Glücklicherweise besaß der Aktenschrank eine Feder, sodass sie ab einem gewissen Neigungswinkel von alleine zufiel. Klara musste es nur schaffen, sie im richtigen Moment abzufangen.
»Tun Sie es einfach«, sagte die Stimme und legte auf. Klara hörte die schlurfenden Schritte, als ob er ein Bein auf dem Teppich nachzog, als sie die
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