Ich bin dein Mörder: Thriller (Sam Burke und Klara Swell) (German Edition)
von ihrer Großmutter. Sam nahm es Dr. Linwood aus der Hand.
»Glauben Sie mir, Mr Burke, es ist besser, wenn Sie sich an sie erinnern, wie Sie sie kannten.«
Sam schrie auf und wollte zu den Leichenträgern laufen. Zu Klara. Aber Pia hielt ihn zurück. Sehr langsam führte sie ihn durch den Regen und versprach, ihn zu Dr. Linwoods Büro zu fahren, wo sie Klara hinbringen würden.
»Ich habe sie geliebt, Pia. Ich habe sie so sehr geliebt«, sagte Sam, als sie wieder im Auto saßen. Das Regenwasser rann die Scheiben herunter, und sie beschlugen von innen. Dahinter drehten sich die Lampen der Einsatzfahrzeuge, und der Plastikpylon ließ die vorbeifahrenden Autos abbremsen. Manchmal ist ein Plastikpylon das Wichtigste auf der ganzen Welt, dachte Sam. Denn manchmal bedeutet ein Plastikpylon den Unterschied zwischen Leben und Tod. Zwischen grenzenloser Liebe und endloser Einsamkeit.
Kapitel 42
Green-Wood Cemetary Brooklyn, New York
Montag, 1. Oktober
Sam Burke drückte den Rücken durch, als die Lichter gedimmt wurden. Er war drei Stunden durch die warme Herbstsonne hierhergelaufen. Es hatte sich angefühlt, als wolle sich Brooklyn standesgemäß von Klara verabschieden und sich von seiner besten Seite zeigen. Sein Marsch hatte ihn quer durch ihren Stadtteil geführt, erst durch Prospect Heights, dann am Prospect Park entlang. Sein persönlicher Abschied von Klara. Er hatte spielende Kinder getroffen, die noch nichts von der Vergänglichkeit ahnten. Sie waren ihm mit ihren Skateboards in den Weg gesprungen und hatten Sam ein Lächeln abgerungen. In seinem Inneren jedoch war stattdessen nichts als Leere. Vor vier Tagen hatten sie sie aus dem Auto geschält. Vor vier Tagen hatte er im Regen an einer Straße in Orange County gestanden und zugeschaut, wie zwei Männer das Wichtigste in seinem Leben in einen Leichenwagen geschoben hatten. Vor vier Tagen war sein Leben, wie er es gekannt hatte, zerstört worden. Jetzt saß er in der kleinen Kapelle des Krematoriums. Vom Band lief ein Requiem, das der Priester ausgesucht hatte. Sam hatte sich nicht dazu durchringen können. Er hätte sich vermutlich für ›I don’t like Mondays‹ entschieden. Es war ein Montag. Und sie hatte sie tatsächlich nie gemocht. »Montage sind die Erdbeeren der Wochentage«, hatte sie ihm einmal gesagt. »Sie sehen unglaublich lecker aus, aber dann schmecken sie nach nichts.« Ein Klara-Moment. Eine gelbe Locke, trotzig wie ein kleines Kind in ihrem Gesicht neben den Lachfalten in ihren Mundwinkeln. Sam vermisste diese dicht geringelten Locken, die sich nur manchmal einfanden, je nach Wetter oder Klaras Laune. Sie ließen sie noch etwas mehr wie die Kaiserin Sissi aussehen. Das Requiem ging zu Ende, es roch nach Topfpflanzen, und die Luft war feucht. Jemand von der Firma, die das hier veranstaltete, hatte ein übergroßes Porträt von Klara auf eine Staffelei gestellt. Davor standen die Blumen. Ein Strauß vom FBI , einer von Pia und Adrian, einer von Thibault Stein. Ein paar weitere ohne klar ersichtlichen Absender. Es waren mehr Blumen, als Klara Freunde im Leben gehabt hatte. Das Porträt sah kitschig aus, aber sie lächelte Sam zu, als er die hellen Schritte des Priesters auf dem Steinboden zu den letzten Orgeltönen vernahm. Bennett räusperte sich. Alle waren gekommen: direkt neben ihm Pia und Adrian, zu seiner Rechten Thibault Stein. Klaras Mutter auf der anderen Seite des Ganges, einige Verwandte, die Sam noch nie gesehen hatte. Wesley und Anne saßen neben Bennett, ihr gesamtes ehemaliges Team war versammelt. Zum ersten Mal seit einem Jahr. Es brauchte offenbar einen Todesfall, damit wir wieder zusammenfinden, dachte Sam verbittert.
»Und Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt; und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben«, sagte der Priester, ein junger Mann, der aussah, als käme er direkt aus dem Priesterseminar.
»Wir trauern heute um unsere Freundin Klara Swell«, sagte der Geistliche, der vermutlich das dritte, immer gleiche Programm dieses Tages abspulte. Sam konnte ihm nicht zuhören. Er stellte sich vor, wie Klara den Mittelgang der Kapelle hinunterlief, mitten durch ihre eigene Trauergemeinde. Sie hatte sich nicht besonders herausgeputzt für ihre eigene Beerdigung. Sie trug ihre Bikerboots, eine Jeans und ihre Lederjacke, wie immer. Nur das Kinn hielt sie etwas tiefer, als tue es ihr leid. Sam ließ die Kette
Weitere Kostenlose Bücher