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Ich bin der letzte Jude

Ich bin der letzte Jude

Titel: Ich bin der letzte Jude Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chil Rajchman
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Motoren, die das Gas für die Gaskammern 26 liefern. Sie
beeilen sich, weil ein frischer Transport angekommen ist und die Opfer so
schnell wie möglich aufgenommen werden müssen.
    Dann sind die Dentisten an der Reihe. Sie rennen zu der Zelle, die
ihnen zugewiesen ist. Sie greifen schnell nach den Zahnarztzangen und laufen
weiter zu dem Platz, wo sie die Münder der Toten kontrollieren und die künstlichen
Zähne herausziehen müssen.
    Nach den Dentisten laufen die Tischler los. Sie müssen Baracken
errichten und den Innenausbau machen.
    Danach kommt die Gruppe, die »Schlauchkommando« genannt wird. Sie
muss das Blut der Toten wegputzen. Überall wird Sand ausgestreut, damit nicht
die geringste Spur zurückbleibt. Nachdem die Arbeiter den Weg wieder
hergerichtet haben, gehen sie in die Gaskammern und waschen Wände und Böden.
Keine einzige Blutspur darf sichtbar bleiben. Die Türen der Gaskammern stehen
offen, und ein Maler tüncht die Wände frisch. Alles muss tadellos sein, bevor
ein neues Kontingent in Empfang genommen wird.
    Dann ist die sogenannte Rampe dran. Diese Gruppe von Juden arbeitet
nach dem Vergasen in den Gaskammern. Jemand sagt an, wann die Klappen von außen
geöffnet werden können, dann müssen die Leute von der Rampe die Leichen
herausziehen. Diese Arbeit ist besonders hart, denn die Toten sind wie
zusammengeschweißt.
    Nach den Rampenarbeitern geht die Gruppe der Küchenarbeiter los.
Dann werden die Übrigen gezählt. Ein Teil wird zum Tragen der Leichen, der
andere zum Tragen von Sand eingeteilt. Mir fällt auf, dass die, die schon seit
ein paar Tagen da sind, sich bemühen, nicht zum Sandverladen zu kommen, denn
der Scharführer dieser Gruppe – »der Weiße« genannt – ist auf die Pistole
spezialisiert. Zum Abendappell erscheint er oft allein, weil er seine Arbeiter
bis zum letzten erschossen hat.
    Mein Kamerad und ich sind bei den Trägern. Dieser Tag ist wie alle
furchtbar schwer auszuhalten. Wir kriegen so oft Peitschenhiebe, dass uns die
Beine kaum noch tragen. Es ist unmöglich, auch nur einen Schluck Wasser zu
trinken, und vor Durst brennen die Lippen wie Feuer. Es ist sinnlos zu bitten
oder zu weinen: Das Einzige, was man kriegt, sind Schläge ohne Ende.
    Als mein Kamerad einen Augenblick neben einem Dentisten steht,
entdeckt er einen Rest Wasser im Gefäß, in dem die noch blutigen Zähne
gesammelt werden. Er wirft sich auf den Boden und leckt das mit Blut vermischte
Wasser. Er bekommt Peitschenhiebe, aber er trinkt.
    Dieser Tag ist ganz besonders hart. Ein Zug mit
achtzehntausend Menschen kommt an, und alle Gaskammern sind in Betrieb.
    Wir arbeiten. Hin und wieder gibt es Träger, die alles stehen und
liegen lassen, sich in die tiefe Grube nahe den Todeskammern werfen und auf
diese Weise ihrem verfluchten Leben ein Ende machen.
    Endlich schlägt es sechs Uhr abends. Ein Schrei: »Antreten!« Wir versammeln uns, und unser Scharführer-Chef, Matias 27 , befiehlt
uns, ein schönes Lied zu singen. Wir müssen alle singen. Dann vergeht noch eine
Stunde, bis wir in die Baracken zurückkehren.

11
    Ich werde dem Dentistenkommando zugeteilt.
Achtundvierzig Stunden in den Gaskammern.
Verrückter Wettlauf mit der Zeit vor und nach dem Vergasen.
»Zahntechnik«.
Ich habe Goldzähne übersehen und werde geschlagen.
    Nachdem ich vier Wochen als Träger gearbeitet habe, werde
ich in das Dentistenkommando aufgenommen. Es gab neunzehn Dentisten, ich war
der zwanzigste.
    Der Chef des Totenlagers, Scharführer Matias, war gerade aus dem
Urlaub zurückgekommen. Als er beim Appell feststellte, dass das
Dentistenkommando nur neunzehn Mitglieder zählt, hat er meinem Bekannten Dr.
Zimerman, dem Kapo der Dentisten, befohlen, das Kommando auf zwanzig
aufzustocken. Das war um den 3. November herum. Die Transporte waren wieder
größer geworden, und es wurden Dentisten gebraucht. Als Dr. Zimerman
verkündete, er suche einen Dentisten, bin ich vorgetreten und habe gesagt, dass
ich Zahnarzt bin. Auch andere haben sich gemeldet, aber Dr. Zimerman hat mich
ausgewählt und in sein Kommando aufgenommen.
    Wir machten uns zur Arbeit auf.
    In dem kleineren Gebäude mit nur drei Gaskammern gab es einen
Holzschuppen, in den man vom Korridor aus gelangte, der auch zu den Gaskammern
führte. Darin stand ein langer Tisch, an dem die Dentisten arbeiteten. In einer
Ecke des Raums stand ein Panzerschrank, in dem das Gold und Platin der
Zahnkronen und die in den Kronen versteckten Diamanten aufbewahrt wurden sowie
das

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