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Ich bin die, die niemand sieht

Ich bin die, die niemand sieht

Titel: Ich bin die, die niemand sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berry
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was immer ich will.
    Ich mache einen kleinen Knicks. »Einen schhönnen Abendh, Mishder Whidhing.« Höflicher hätte das auch Marias Mutter nicht sagen können. Ohne mich noch einmal umzudrehen gehe ich nach Hause, direkt auf den schmalen Rand der Sonne zu, der noch über dem schneebedeckten Haus meiner Mutter hervorblitzt.
    XIV
    An diesem Sonntag bin ich schon früh in der Kirche. Weder Mutter noch Darrel sind mitgegangen. Noch immer dient ihnen Darrels Genesung als Ausrede, aber das wird wahrscheinlich nicht mehr allzu lange akzeptiert werden. Ich komme, weil das Gesetz es verlangt, aber auch weil ich meinen Geist mit Worten füllen will und von meinem Platz in der letzten Reihe aus die Leute beobachten möchte. Ich komme nicht aus Sehnsucht nach Predigten und Gebeten.
    Und ich komme auch nicht, weil ich dich unbedingt sehen will.
    Eunice Robinson dagegen scheint nichts anderes im Kopf zu haben. Als die Glocken läuten, setzt sie sich wieder in die Bank gegenüber von dir. Bestimmt hat sie sich noch am Eingang in die Wangen gekniffen, um schön rosig auszusehen. Du belohnst ihre Mühe mit einem Lächeln .
    Dein Haar glänzt, du bist frisch rasiert und der tiefschwarze Mantel, den du dir zur Hochzeit hattest anfertigen lassen, ist sauber gebürstet. Siehst du dich schon nach einer neuen Braut um?
    Nicht, dass mich auch nur im Entferntesten interessieren würde, was du tust.
    Nach und nach trudeln die restlichen Dorfbewohner ein. Der Schmied Horace Bron und seine Frau Alice, die gegen ihren riesigen Mann winzig wirkt. Das alte und das junge Eh epaar Cartwright. Der Ladeninhaber Abe Duddy komm t mit seiner Frau Hepzibah. Die Familie Cavendish hat ihre sechs kleinen Kinder mitgebracht. Der Müller William Salt trägt noch immer das schwarze Trauerband für seinen Sohn Toby am Arm. Die Familien Wills und Robinson. Die Reihen füllen sich. Golden strahlt das Sonnenlicht durch die Kirchenfenster, wie am Tag der Schöpfung.
    Der dünne Lehrer Rupert Gillis ist der Einzige im Dorf, der je Musik studiert hat. Er dirigiert uns durch das Kirchenlied. Dann erklimmt Prediger Frye das Pult. Er humpelt stärker denn je, auch seine Haare wirken weißer. Er liest aus dem elften Kapitel des Buchs der Sprüche:
    »Ihre Unschuld wird die Frommen leiten; aber ihre Falschheit wird die Verächter verderben. Reichtum hilft nicht am Tage des Zorns; aber Gerechtigkeit errettet vom Tode. Die Gerechtigkeit des Frommen macht seinen Weg eben; aber der Gottlose wird fallen durch seine Gottlosigkeit.«
    Es ist still. Nicht einmal die Babys wagen es, Laute von sich zu geben. Mir gefällt nicht, wie Priester Frye dich ansieht.
    »Unsere Väter sündigten, sie sind nicht mehr. Wir selbst müssen ihre Verschuldungen tragen.«
    Von meinem Platz aus sehe ich nur deinen Rücken. Dennoch merke ich, dass du mit einem Mal ganz steif dasitzt.
    »Brüder und Schwestern, in unserer Mitte lebte ein Säufer, ein Mann, der nur Zerstörung im Sinn hatte. Vor Jahren glaubten wir, er sei zu seinem Schöpfer gegangen, um zu ernten, was er gesät hatte.«
    Oh, Lucas. Geh schnell nach Hause.
    »Aber all die Jahre hatte er sich versteckt und Unheil angerichtet. Einst war er reich, doch nützten ihm seine Reichtümer am Tage des Zorns? Er erschien in der Schlacht und wie es die Heilige Schrift sagt, fiel der Gottlose durch seine Gottlosigkeit. Seine Verderbtheit hat ihn zerstört. Niemand sei so fehlgeleitet, diesen Mann einen Helden zu nennen.«
    Ich leide mit dir. Ich fürchte, mir wird um deinetwillen übel.
    »Und es sagte der Priester im Buch Kohelet: ›Denn Gott wird alle Werke vor Gericht bringen, alles, was verborgen ist, es sei gut oder böse.‹«
    Ein Nachzügler betritt die Kirche durch die Hintertür. Ich spüre den scharfen Wind auf der Haut. Es ist nur Goody Pruett.
    »Haben wir nicht auf so viele Fragen Antwort bekommen? Hat der Herr uns nicht das Böse vor Augen geführt, das uns all die Jahre verletzt hat? Diebstähle. Qualen. Junge Leben, die genommen wurden. Oder für immer verändert wurden.« Priester Fryes Blick ruht auf mir. »Vor Gott gibt es keine Geheimnisse. Er ruft die Taten der Sünder von den Dächern.
    Einige von euch werden nun sagen: ›Ja, Priester Frye, aber ist der Mann Ezra Whiting nicht gekommen und hat die Schlacht für uns gewonnen?‹ So mag es scheinen. Doch höret und ich sage euch, was Gott zu diesem Thema zu verkünden hat.
    Der Psalmist sagte: ›In deiner Not hast du zu mir geschrien und ich habe dir herausgeholfen.

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