Ich bin die Nacht
Jameson ablöst. Phillips hat gelogen, betrogen und gestohlen, um dorthin zu kommen, wo er heute ist. Er ist absolut skrupellos. Der Sheriff hält Phillips sogar für einen Mörder.«
Marcus zog die Brauen hoch und fragte: »Was meinen Sie damit?«
»Phillips geht nachweislich zu Prostituierten. Vor ein paar Jahren, als seine Karriere so richtig in Schwung kam, hat eines dieser Mädchen versucht, ihn zu erpressen. Als sie das nächste Mal gesehen wurde, war sie ein aufgedunsener Leichnam, der ans Ufer des Mississippi gespült wurde. Man braucht kein Mathematiker zu sein, um da zwei und zwei zusammenzuzählen. Der Sheriff konnte Phillips mit mehreren weiteren mysteriösen Todesfällen in Zusammenhang bringen und will unter allen Umständen verhindern, dass Abschaum wie Phillips das Amt des Präsidenten in Misskredit bringt. Außerdem käme eine Lawine ins Rollen. Wenn Phillips’ Vorgeschichte bekannt würde, wird man die Leute, die unser Land regieren, genauer unter die Lupe nehmen, und dann werden sehr viele Köpfe rollen. Der Schaden für die Vereinigten Staaten wäre unermesslich.«
Marcus staunte, dass er nicht allzu schockiert war über das, was er da zu hören bekam. »Wie steht es mit unserem derzeitigen Präsidenten? Wird auch sein Kopf rollen? Hat auch er Dreck am Stecken?«
Der Deputy schüttelte entschieden den Kopf. »Nein. Präsident Jameson ist ein ganz anderes Kaliber als Phillips. Er ist ein großer Amerikaner und ein bedeutender Mann. Seine Prinzipien sind Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit. Er will dieses Land den Klauen derer entreißen, die die Vision unserer Gründervater korrumpieren. Mit unserer Hilfe wird Jameson unser Land wieder groß machen.«
Marcus hätte beinahe mit einer spöttischen Bemerkung auf die salbungsvollen Worte des Deputys reagiert. Aber es war sinnlos, mit einem Eiferer zu diskutieren. »Da bin ich mir sicher«, sagte er stattdessen. »Sollte ich sonst noch etwas wissen?«
Ein hässliches Grinsen erschien auf dem Gesicht des Deputys. »Ja. Man wird das Ganze Ihnen in die Schuhe schieben.«
Deshalb also wollte der Sheriff mich lebend, ging es Marcus durch den Kopf. Ich soll als Sündenbock herhalten.
»Ursprünglich«, fuhr der Deputy fort, »sollte die Tat Ackerman angehängt werden. Deshalb haben wir diesen Verrückten festgehalten. Er war zufällig zur richtigen Zeit in der Gegend. Der Sheriff hat ihn gefasst. Alles hätte wunderbar funktioniert. Nett und sauber, genauso, wie der Sheriff es gern hat. Das Schöne an dem Plan war, dass keine Erklärung nötig gewesen wäre – niemand hätte es je infrage gestellt. Schließlich weiß jeder, was für ein Psycho dieser Kerl ist. Ein solcher Irrer würde auch nicht vor dem Mord am Präsidentschaftskandidaten zurückschrecken.
›Aber als Sie Ackerman entkommen ließen, musste der Plan geändert werden. Der Sheriff hat ein paar Anrufe getätigt und ein bisschen in der Vergangenheit gegraben. Dabei hat er herausgefunden, was Sie in New York angestellt haben. Auch wenn alles vertuscht wurde – alte Leichen im Keller findet man immer. Und das, was dabei ans Tageslicht kam, reicht aus, um Sie als irren Racheengel dastehen zu lassen. Ein verstörter junger Mann, der die Welt von einem korrupten Politiker befreien will. Schließlich hat der Sheriff genug Beweismaterial für Phillips’ Machenschaften. Er kann alles so hinstellen, als wären Sie zufällig darauf gestoßen und hätten beschlossen, wieder einmal das Gesetz in die eigenen Hände zu nehmen, so wie damals in New York. Sie waren der perfekte Mann für uns, der ideale Sündenbock – noch viel glaubhafter als Ackerman.«
Zorn überkam Marcus. Nicht weil der Sheriff plante, ihm die Verbrechen in die Schuhe zu schieben. Er war wütend, dass Menschen wie er offenbar immer mit ihren Taten durchkamen.
Aber diesmal nicht, schwor er sich. Nicht mit mir.
Er beugte sich näher an den Deputy heran und fragte: »Und wenn ich zufällig in einem vollbesetzten Lokal esse, sodass jeder bezeugen kann, dass ich nicht einmal in der Nähe des Tatorts war? Oder wenn ich mich an die Presse und das Fernsehen wende? Dann müssen diese Leute wohl auch alle verschwinden.«
»Das liegt in der Natur des Spiels.«
Marcus setzte dem Mann die Pistolenmündung auf die Stirn.
Der Deputy riss entsetzt die Augen auf.
Marcus neigte den Kopf zur Seite und ließ die Nackenwirbel knacken. »Ich spiele niemals.«
Der Deputy schrie auf.
Marcus drückte ab.
Klick.
Der Schrei des Mannes endete
Weitere Kostenlose Bücher