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Ich bin ein Fundbüro - mein Alltag mit Kindern

Ich bin ein Fundbüro - mein Alltag mit Kindern

Titel: Ich bin ein Fundbüro - mein Alltag mit Kindern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Willers
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Suchmaschinen überfordern. Da ich nicht ans Nirwana glaube, glaube ich, dass sich irgendwo auf dieser Welt ein großes Loch befindet, in dem der Verlust wohnt. Irgendwann wird dieses Loch unübersehbar sein, und die Acht-Uhr Nachrichten werden so beginnen: »Guten Abend, meine Damen und Herren, ein rätselhafter Fund hat heute die Welt verblüfft: Südlich des Nordpols entdeckten Forscher einen sieben Quadratkilometer großen Krater mit Kinderbekleidung und Spielwaren. Bisher ist unklar, woher die Fundstücke stammen. Und wie das Loch entstanden ist.« Dann werden sich alle Suchmaschinen dieser Welt aufmachen.Und ein großes Fest feiern. Wo? Natürlich in Neufundland!
    PS: Falls Sie noch immer rätseln, was das merkwürdige, sprachbegabte Ding ist, das ohne Ohren hört und ohne Mund spricht – hier ein Tipp: Als Kinder trafen wir es meistens in dunklen Tunneln. Und besonders oft in Wesel! Das reimt sich nämlich auf Esel. Und es hatte immer das letzte Wort. Damals war uns das ein Rätsel – später hatten wir Physik.

Willkommen im Sockelschubser-Club!
    Kleine Kinder himmeln ihre Mamas an. Mit größeren Kindern kommt die Konkurrenz. Laden Sie doch Ihre Sockelschubser mal zu Kaffee und Kuchen ein!

    Es gab eine Zeit, da war ich für meine Kinder ein heller Stern am Horizont. Da himmelten sie mich an und hingen an meinen Lippen, wenn ich ihnen abends pädagogisch wertvolle Kinderbücher vorlas. Da wollten sie alles genauso machen wie ich: genauso die Haare föhnen. Genauso in der Suppe rühren. Genauso »Jurmalistin« werden wie ich. Und genauso weite Hosen mit Klackerschuhen tragen. Ja, das waren noch Zeiten, als ich nach jedem Arbeitstag zu Hause sehnsüchtig erwartet wurde, ohne mich groß anstrengen zu müssen. Ich stand oben auf meinem Sockel, musst nicht viel tun und wurde verehrt.
    Dann plumpste ich runter! Ich weiß nicht genau, wie und wann es genau passiert ist. Aber plötzlich muss ich
betroffen feststellen: Ich habe doch tatsächlich Konkurrenz bekommen. Beim Erziehen und beim Bewundertwerden. Um mich herum wimmelt es geradezu von Wesen, die meinen Heiligenschein wollen. Ja, genau genommen bin ich sogar umzingelt von Sockelschubsern. Und es wird Zeit, dass ich mir diese Spezies mal genauer angucke!

Frauen mit Bildung
    Das erste Mal, dass mein Heiligenschein an Strahlkraft verlor, war, als Clara zur Schule kam und Frau Hurrel-Heinemann kennenlernte. Frau Hurrel-Heinemann ist eine Frau mittleren Alters und Grundschullehrerin. Grundschullehrerinnen sind meiner Erfahrung nach häufig sehr begabte Sockelschubserinnen. Sie bewirken, dass kleine Mädchen, die gerade noch ihre Mamas anhimmelten, wenigstens 31-mal am Tag sagen: Aber Frau Hurrel-Heinemann hat gesagt … »Frau Hurrel-Heinemann hat gesagt, das kleine s schreibt man so. Frau Hurrel-Heinemann hat gesagt, die Erde dreht sich um die Sonne. Frau Hurrel-Heinemann hat gesagt, wenn man Kinder will, muss man Sex haben, und deshalb«, sagte Clara, »hattet ihr zweimal Sex: einmal bei mir und dann noch mal bei Jette.« Frau Hurrel-Heinemann hat auch gesagt, dass alle Mamas am Sonntagabend die Buntstifte spitzen müssen. Und dass man ein ausgewogenes Frühstück essen soll. »Mama, ist es denn
ausgewogen, wenn man morgens gar nichts isst – wie du?« Ich ertrug das alles lange klaglos – bis zu dem Tag, als Clara nach Hause kam und behauptete, ich wüsste nicht, wie man »Portemonnaie« schreibt. »Mama«, sagte Clara damals, »Frau Hurrel-Heinemann sagt, so, wie du das machst, ist das von früher.« (Also falsch.) »Sag Frau Hurrel-Heinemann, deine Mama hat Sprachwissenschaften studiert und kennt sich aus«, antwortete ich beleidigt.

    Am nächsten Tag kam Clara und sagte, Frau Hurrel-Heinemann habe neue deutsche Ormografie studiert und kenne sich auch aus. Seither bevorzuge ich Geldbeutel.

Junge Frauen mit Ballerinas und besseren Geschichten
    Noch schlimmer als Frauen, die mehr wissen als Mütter, sind Frauen, deren Geburtsjahr näher an dem der Kinder liegt als an meinem eigenen. Nehmen wir zum Beispiel Ana. Ana ist die Mutter von Jettes Freundin Mia. Sie ist Brasilianerin, 20 Jahre jünger als ich und sieht auch so aus: Ana trägt die Haare lang und wild, was Jette viel schöner findet als meine aufgeräumte Bob-Frisur. Dazu trägt sie Röhrenhosen und Ballerinas, was Jette auch schöner findet als meine lockeren Beinkleider. Sockelschubstechnisch verdächtig ist Ana aber auch, weil sie angeblich nie schimpft und: Weil sie immer, wenn Jette Anas

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