Ich bin ein Mörder
damit. DNA-Spuren habe ich auch.«
»Welche DNA-Spuren?« Mischa packte sie am Arm.
»Oh, du meinst … Nein!« Sie hob abwehrend die Hand. »Haare. Kopfhaare. Kein Missbrauch. Markus hat trotz allem noch ein kleines bisschen Glück gehabt. Nur harmlose Verletzungen. Kratzer und Schürfwunden von den Fesseln und dem Aufprall auf dem Parkplatz. Einige Blutergüsse, aber die sind schon älter, dazu der Schock, Dehydrierung, aber nicht gravierend. Der Kerl hat ihn offensichtlich mit Essen versorgt und auch versucht, ihm genug Wasser zu geben. Alles in allem ist sein Allgemeinzustand ganz gut. Keinerlei Hinweis auf sexuelle Übergriffe. Ich weiß, das heißt nicht, dass nichts passiert ist in den sechs Tagen. Aber zumindest das Schlimmste ist ihm anscheinend erspart geblieben.«
Robert zog die Akte mit den gewünschten Informationen aus einem Papierstapel und Paula riss sie ihm aus den Händen.
»Dich krieg ich!«
»Wiedersehen macht Freude. Vergiss nicht, die Unterlagen zurückzubringen.«
Schon halb im Gehen wandte sie sich noch mal an Mischa.
»Wenn du noch was weißt oder aus Neumaier rausquetschen kannst, schieb deinen süßen Hintern sofort hierher! Klar?«
Robert Wagner schüttelte bedauernd den Kopf.
»Süßer Hintern! So was hat sie zu mir noch nie gesagt!«
* * *
Es war schon fast Mittag, als Alexandra aus dem Bett kroch. Nach dem Telefonat mit Jens hatte sie schlecht geschlafen. Ungewaschen und unfrisiert schlurfte sie in die Küche. Der Kühlschrank gab nicht mehr viel her. Sie griff sich ein Joghurt und eine Flasche Wasser, verzog sich auf das Sofa unter die Decke und schaltete den Computer ein. Sie wollte nicht glauben, dass Tobias etwas mit dem Verschwinden von Kai Mertens zu tun hatte. War es ein Beleg für seine Unschuld, dass es angeblich schon Jahre zuvor keinen Kontakt mehr zwischen den beiden gab? Möglich, aber nicht sicher. Kai hatte ihn einen Verräter genannt. Tobias hatte ihn enttäuscht. Menschen logen oft. Verzerrten die Tatsachen. Verbogen die Wahrheit, bis sie erträglich wurde.
Der Bildschirm leuchtete in freundlichem Blau. Alexandra startete den Browser. Ihr Magen knurrte, aber die Angst vor dem, was sie vielleicht finden würde, verdarb ihr den Appetit. Sie stellte das Joghurt ungeöffnet beiseite und fütterte stattdessen die Suchmaske mit Namen.
* * *
Er kniete sich vor Ihn , lauschte aufmerksam. Der Meister lächelte ihn an. Er spürte die überirdische Aura, die Ihn umgab, wie elektrischen Strom, der pulsierend seine Glieder durchzuckte. So war es schon früher gewesen. Damals. Bevor Er fortging. Die Stimme des Meisters schmiegte sich weich wie ein Streicheln um ihn. Ergriffen beugte er den Nacken, und der Meister legte ihm seine Hände auf die Schultern. Hier, wo er den Jungen versteckt hatte, wurde ihm Seine ganze Aufmerksamkeit zuteil. Seine Sehnsucht erfüllte sich. Der Meister neigte sich zu ihm, berührte sein Gesicht, während ErSeinen Atem über seine Haut hauchte und zu ihm sprach.
»Du wirst ein Teil von mir sein und deine Liebe belohne ich mit meiner Liebe.«
Da wusste er, dass der Augenblick der größten Glückseligkeit nahte.
»Ich werde dir nicht wehtun.« Vorsichtig nahm der Meister das Gesicht des Schülers in beide Hände. »Das verspreche ich dir.«
Seine Ergebenheit berührte den Meister und mit ihr wuchs die Gewissheit, dass die verworrenen Fäden am Ende ein perfektes Muster ergaben.
»Eine Bitte habe ich noch an dich, ehe es so weit ist. Nur ein kleiner Wunsch, den niemand besser erfüllen kann als du. Ich brauche dich! Wirst du mir meinen Wunsch erfüllen?«
* * *
Neumaier starrte blicklos an Mischa vorbei. Basti war jetzt bei Markus im Zimmer. Basti hatte er reingelassen. Ihn nicht.
»Sie wissen, wer das gewesen ist, nicht wahr?« Mischa konnte es nicht fassen. »Was ist damals vorgefallen, vor diesem angeblichen Mord auf dem Eisernen Steg?«
Er war sein Vater und Markus sperrte ihn aus. Was zählten da schon die Vorwürfe, die Mischa gegen ihn erhob. Mischa hatte Basti hergebracht. Er, Conrad Neumaier, war dabei, seine beiden Söhne zu verlieren. Basti fühlte sich Mischa näher als ihm. Der Gedanke ätzte ihm ein Loch in den Magen.
»Sie kennen Dürrenmatt und haben inzwischen auch Stockmanns Buch gelesen, da bin ich sicher. Er ist ein Schachspieler, der Menschen wie Figuren benutzt, mit ihnen spielt, sie nach Belieben verschiebt. Hat er Sie matt gesetzt, indem er Markus entführte?«
Neumaier schüttelte den Kopf und
Weitere Kostenlose Bücher