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Ich bin ein Mörder

Ich bin ein Mörder

Titel: Ich bin ein Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Pons
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wiederzusehen, Herr Kommissar!«
    »Tschüß. Und grüße Irene von mir!«, fügte Alexandra hinzu.
    Neumaier winkte nur bestätigend über die Schulter, ohne den Kopf zu drehen.
    »Wer ist Irene?«
    »Seine Frau.«
    Tobias lachte laut. »Dieser dicke, alte Mann hat immer noch eine Frau?«
    »Pscht! Sei still!« Alexandra versuchte, ihm den Mund zuzuhalten. »Was war hier los?«
    »Nichts. Was soll gewesen sein?« Er drehte sie zu sich um und rieb versöhnlich seine Nase an ihrer.
    »Du hast versucht, ihn zu provozieren, nehme ich an?«
    »So was Schlimmes würde ich doch niemals tun.«
    »Du hast auf seine Figur angespielt und …«
    Sein Mund verschloss ihre Lippen. Warm und fest. Undeutlich nuschelte sie noch einen Augenblick weiter, ehe sie den Widerstand aufgab.
    * * *
     
    Conrad Neumaier überquerte mit dem Wagen die Mainbrücke, schwamm im Strom der Pendler aus der Innenstadt heraus nach Niederrad. Was für die meisten anderen einem ungeliebten abendlichen Ritual gleichkam, war für ihn ein Geschenk. Zum einen bedeutete es, dass er es geschafft hatte, pünktlich Feierabend zu machen, und zum anderen verschaffte der stockende Verkehr ihm Zeit zum Nachdenken. Das Zusammentreffen mit Alexandra und Stockmann hatte ihn verstimmt. Alexandra wollte nicht auf ihn hören. Obwohl er ihr deutlich zu verstehen gegeben hatte, dass seine Meinung von Stockmann keine gute war. Eine vernünftige Begründung hatte er ihr dafür allerdings nicht geliefert. Ob er ihn für gefährlich hielt, hatte sie wissen wollen.
    Er schnaubte verärgert. Selbstgefällig. So viel war sicher. Gefährlich? Wer konnte das schon mit Sicherheit sagen. Was das Buch betraf, um das ein solcher Rummel gemacht wurde, das ging ihm entschieden zu weit. Sowohl der Rummel, als auch der Inhalt an sich. Obwohl er nur Bruchstücke kannte. Stockmann wollte gefährlich wirken. Aber wer sich so demonstrativ ins Rampenlicht setzte, musste ein Aufschneider sein.
    Er musste mit Mischa reden. Neumaier mochte den jungen Kollegen. Ein intelligenter Mann. Gradlinig und zuverlässig. Mit viel Humor. Den konnte er im Dienst mit Alexandra gut gebrauchen. Trotz allen Ärgers grinste Neumaier in sich hinein. Eine eigenwillige Person, diese Alexandra. Schon als Kind ein Dickschädel ohnegleichen. Doch mit Mischa bildete sie ein gutes Team. Sein Einfluss wirkte beruhigend auf sie.
    Mischa. Der Name klebte an ihm seit den ersten Tagen im Revier. Einer der älteren Kollegen, ein waschechter Frankfurter, der sich stur weigerte, auch nur annähernd Hochdeutsch zu reden, brachte den Namen Michalczyk einfach nicht über die Lippen, da ein »ch« in der Frankfurter Mundart nicht existiert und schon gar nicht eines, dass man weit hinten in der Kehle formen muss. Folglich nuschelte er einen unverständlichen Namen mit einem lauten »sch« in der Mitte. Nach zwei Tagen ließ er konsequenterweise den Rest des Namens weg und verkündete, dass Mischa sowieso viel besser zu dem Jungen passe. Dabei blieb es. Für alle. Auch für Neumaier. Trotzdem hatte er es bis heute nicht fertig gebracht, ihm das Du anzubieten. Obwohl er inzwischen ein ganzes Jahr unter seinem Dach wohnte. Die vertrauliche Anrede hätte es ihm vielleicht erleichtert, sein Anliegen vorzubringen, und war eigentlich allgemein üblich unter Kollegen.
    Er stellte den Wagen in der Einfahrt ab, nahm die Tasche und den Mantel vom Rücksitz und ging zum Haus. Ein Reihenhaus, wie alle in der Straße. Als letztes in der Reihe, war es ein wenig größer als die anderen. Mit ausreichend Platz für eine kleine Einliegerwohnung, die sie vermieteten. Die Eingangstüren lagen sich in einer Nische rechtwinklig gegenüber, mit einer in der Mitte platzierten Kübelpflanze räumlich zusätzlich abgeteilt. Durch das Fenster sah er Licht. Die Hand schon an der Klingel, überlegte er, was er eigentlich sagen wollte.
    Passen Sie auf Alexandra auf, Mischa. Ich traue Stockmann nicht über den Weg, aber ich werde Ihnen nicht sagen, warum. Überprüfen Sie ihn, behalten Sie ihn im Auge, stochern Sie in seiner Vergangenheit, aber bloß nicht zu tief, damit Sie nicht finden, was ich nicht wieder finden will.
    Es gab nicht mal einen vagen Verdacht, mit dem er sich rechtfertigen konnte. Nichts außer seiner persönlichen Abneigung und ein paar provokanten Sätzen. Gekränkte Eitelkeit. Resigniert ließ er die Hand sinken. Er spürte ein leichtes Ziehen in der Brust. Zeit für seine Herztabletten. Er seufzte. Nichts hatte sich geändert. Nur älter war

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