Ich bin eine Nomadin
friedliche Beziehungen unter verschiedenen Konfessionen etabliert. Der Islam hingegen ist vollkommen andersartig. Er wurde von einem Krieger gegründet, der schneller Territorien eroberte, als er eine Theologie oder politische Theorie durchdenken konnte. Und seit dessen Tod leidet der Islam unter einer Autoritätskrise, weil ein dauerhaftes Machtvakuum zurückblieb, das im Lauf der Geschichte immer wieder von Männern ausgefüllt wurde, die mit Gewalt die Macht an sich rissen. Die Vorstellungen von Dschihad, Märtyrertum und einem Leben, das erst nach dem Tod richtig beginnt, wurden nie hinterfragt. Die Vertreter der christlichen Religionen verschwenden heute kostbare Zeit und Ressourcen für den vergeblichen Versuch eines interkonfessionellen Dialogs mit selbst ernannten Führern des Islam. Stattdessen sollten sie ihre Bemühungen neu ausrichten auf die Konvertierung möglichst vieler Muslime zum Christentum, sollten sie ihnen einen Gott nahebringen, der den Heiligen Krieg ablehnt und der aus Liebe zur Menschheit seinen Sohn gesandt hat, damit er für die Sünden der ganzen Welt stirbt.
Wenn die vielen engagierten Helfer den frühen Einwanderern aktiver das Evangelium gepredigt und vielleicht versucht hätten, sie zum Christentum zu bekehren, dann hätten wir die Tragödie der nicht assimilierbaren Muslime vielleicht heute nicht. Zum Christentum bekehrte Einwanderer hätten die Extremisten erkannt, als sie eintrafen, und dem Sirenengesang des Dschihad widerstanden.
In den Neunzigerjahren gingen jedoch radikalislamische Prediger in den Wohnblöcken in Leeds, Lille und Limburg von Tür zu Tür. In manchen Städten, mitten im historischen Kernland des Christentums, schien es sogar einfacher, zu Allah zu finden als zum christlichen Gott. Ungeachtet des enormen Potenzials für Assimilierung, das eine europäische, städtische Umgebung bot – freier Schulbesuch von einer mit Sicherheit höheren Qualität als in den Heimatländern der Einwanderer, kostenlose Gesundheitsversorgung, ein reiches Angebot an Konsumgütern und Schnickschnack, ein großer Kult um materiellen Wohlstand –, wandte sich eine verblüffend hohe Zahl der Einwanderer der zweiten Generation den in Saudi-Arabien geschulten Imamen und ihrer extremistischen Neuauslegung des Islam zu.
Das ist eine tragische Geschichte unzähliger verpasster Gelegenheiten. Wie kann es sein, dass ein Mann, der in Schottland aufwuchs und hier eine Ausbildung zum Arzt erhielt, so sehr einer gewaltsamen Auslegung des Islam verfällt, dass er sich zusammen mit unzähligen Frauen und Kindern auf einem Flughafen in die Luft sprengen will? Wie konnte so etwas passieren nach so vielen Chancen zur Assimilation, so vielen Kontakten mit den Werten der Toleranz, eines säkularen Humanismus und der Freiheitsrechte des Einzelnen?
Zum einen hängt es mit einem deplatzierten »Respekt« für die Kultur der Einwanderer zusammen. Es wurde kein echter, gezielter Versuch unternommen, ihre traditionellen Einstellungen zu verändern. Ungeachtet einer hohen Kriminalitäts- und Arbeitslosenquote und ausbleibenden Schulerfolgs – alles Indikatoren für das Versäumnis, große Teile der muslimischen Einwanderer in die europäische Gesellschaft zu integrieren – wurde nie gezielt versucht, Einwanderer zu drängen, dass sie westliche Wertvorstellungen akzeptieren. Dann liegt es daran, dass westliche Denker bewusst leugnen, dass es derzeit einen Konflikt zwischen den Wertvorstellungen des Westens und der übrigen Welt gibt, insbesondere zwischen den islamischen Wertvorstellungen und den westlichen.
Europäische Verantwortliche, auch Vertreter der christlichen Kirchen, versäumten es jahrzehntelang, die Neuankömmlinge in ihre Gemeinden aufzunehmen. Gedankenlos gingen sie davon aus, das reichhaltige Angebot an materiellen Vergnügungen und individueller Freiheit in europäischen Städten würde ausreichen, um Einwanderer aus muslimischen Ländern zur Übernahme einer modernen Lebensweise zu bewegen. Neben der Popmusik, den Jeans und dem Recht, mit sechzehn Geschlechtsverkehr zu haben, würden, so meinten sie, auch Werte wie die Rechte des Einzelnen, die Wahlfreiheit, Meinungsfreiheit und Toleranz Muslime dazu bewegen, die moderne Lebensweise bedingungslos zu akzeptieren. Christliche Vertreter stellten sich auf den Standpunkt, die Menschen würden sich quasi automatisch zur Kirche hingezogen fühlen und es könne nicht Aufgabe der Kirche sein, sie von der Überlegenheit des christlichen Gottes zu
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