Ich bin eine Nomadin
überzeugen.
Die Fundamentalisten hingegen setzen ihre Bemühungen unermüdlich fort. Ein muslimischer Prediger in einem Viertel in Glasgow oder Rotterdam gründet Sportvereine, bietet Kurse und Diskussionsgruppen für Kinder und Teenager an, arbeitet mit Kriminellen und Drogenabhängigen und knüpft Netzwerke, um in seiner Gemeinde die Ordnung zu wahren. In ganz Europa gehen in Einwanderervierteln die Frauen fundamentalistischer Gruppen – jung, alleinstehend und mit dem Eifer wiedergeborener Gläubiger – in Wohnblocks von Tür zu Tür und fragen, wie sie überlasteten Müttern helfen können. Sie putzen und bringen Kassettenaufnahmen von Predigten sowie DVDs von zu allem entschlossenen Märtyrern mit. Sie beraten die Familien in finanziellen Fragen und beim Umgang mit schwierigen Kindern. Sie verteilen Geld und beschaffen Medizin. Ihre Liebenswürdigkeit hat keine Grenzen; sie tun dies alles für Allah.
Aber Allah fordert eine Gegenleistung für die Wohltaten. Er fordert eine so totale Unterwerfung des Willens, des Geistes und des Körpers, dass die Kinder, die von der Straße und vor den Drogen gerettet wurden, dazu überredet werden, sich dem Dschihad gegen die Ungläubigen anzuschließen.
Als Folge fühlen sich die Menschen, die in solchen gettoisierten Gemeinschaften leben, nicht länger allein und fremd. Das Gefühl gesellschaftlicher Ausgrenzung, Arbeitslosigkeit, Schulversagen und, vielleicht vor allem anderen, die Angst, was ein modernes Wertesystem aus der eigenen Tochter machen könnte: All dies treibt die Menschen den Fundamentalisten mit ihrer Botschaft eines anderen, reinen und guten Lebens in die Arme. »Kehrt zum Islam zurück, und alles wird besser«, in diesem Spruch wird Religion zum Traum von der Rückkehr zur alten, bewährten Lebensweise.
Auf die jüngere Generation, die sich nicht in den Heimatländern ihrer Eltern verwurzelt fühlt, üben die Fundamentalisten mit ihrer Konzentration auf die weltweite islamische Gemeinschaft ebenfalls eine starke Anziehungskraft aus. Ihre schlichte Botschaft von Einheit im Dschihad gegen den Westen ist der Traum eines jeden Teenagers: Rebellion mit einem Grund dafür.
Überall in Europa leben solche jungen Leute in ehemals christlichen Wohngegenden. Dort gab es Kirchen mit Gemeinden, Pfarrer und Frauen, die jeden Sonntag Blumen vor dem Altar aufstellten. Aber viel zu wenige Menschen überwanden die Hemmschwelle und reichten den muslimischen Familien die Hand, die in die Sozialwohnungen Europas einzogen. Kein Priester konnte es mit den Bemühungen des marokkanischen Imam mit seiner Schachtel voller Videos und Kassetten aufnehmen. Die nichtssagenden Botschaften aus Nike-Werbeanzeigen und Popkultur reichten nicht aus, um in der desorientierten Einwandererbevölkerung ein Gefühl der staatsbürgerlichen Verantwortung und Gemeinschaft mit Europa zu verankern. Die Dschihadisten hatten im Grunde keine Konkurrenten; und so ist es kein Wunder, dass sie sich ausbreiten konnten.
Den Kirchen dürfte dies nicht verborgen geblieben sein, aber aus irgendeinem Grund lag ihnen nichts daran, Alarm zu schlagen. Sie versuchten weder, gegen die gewaltige Woge der »Bekehrungen« traditioneller Muslime zu fundamentalistischen Anschauungen anzukämpfen noch gegen die kleinere Welle der Bekehrungen von Menschen aus historisch christlichen Gemeinden zum Islam. Der Grund liegt auf der Hand. Der Vatikan und die protestantischen Kirchen Nordeuropas glaubten allzu naiv, dass der interkonfessionelle Dialog auf wundersame Weise den Islam in den Schoß der westlichen Zivilisation führen werde. Dazu ist es aber nicht gekommen, und es wird auch nicht passieren.
Heute werden in vielen Einwanderergemeinden in europäischen Städten drei verschiedene Botschaften verbreitet: der traditionelle, ein wenig verwässerte Islam, der vor allem einer Art Brauchtum entspricht; ein radikaler Islam, der eindeutig auf dem Vormarsch ist; und die Botschaft der Bosse des organisierten Verbrechens, der Frauen-, Waffen- und Drogenhändler, dass man über Nacht reich werden kann.
Mir wäre es lieber, wenn man Muslimen, die an der Vorstellung eines Schöpfers und des ewigen Lebens festhalten, eine vierte Option bieten würde. Ein religiöser Führer wie Jesus, der sagte: »Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist«, wäre mir viel sympathischer als ein Krieger wie Mohammed, der forderte, dass die Gläubigen mit dem Schwert die Macht erringen sollen.
Damit diese Menschen in der
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