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Ich bin eine Nomadin

Ich bin eine Nomadin

Titel: Ich bin eine Nomadin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayaan Hirsi Ali
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Pfad abkommen könnten. Wenn mehr Einwanderer aus islamischen Ländern in die Vereinigten Staaten gelangen, bilden sie Enklaven der Tradition, die viel fester als die anderer, vergleichbarer Einwanderergruppen sind. Und je mehr dawa (Missionsarbeit) aus Saudi-Arabien finanzierte Erneuerungsbewegungen leisten, desto fundamentalistischer werden die Muslime in Amerika.
    Schätzungsweise die Hälfte der Moscheen in Amerika bekommt saudisches Geld, und viele (womöglich die meisten) islamische Lehrer und Prediger werden von saudischen Wohlfahrtsorganisationen wie der Islamischen Weltliga (in Amerika Muslim World League) unterstützt. Über die Islamic Society of North America, muslimische Studentenvereinigungen, den Islamic Circle of North America und die Muslim World League finanzieren die Saudis Sommercamps für Kinder, Institute für die Schulung von Imamen, die Verbreitung islamischer Literatur, den Bau von Moscheen, Vorlesungen und Missionsarbeit in den ganzen Vereinigten Staaten. Laut einer Umfrage der muslimischen Lobbyorganisation Council on American-Islamic Relations duldet ein Drittel der Moscheen in den Vereinigten Staaten keine Frauen in ihren Verwaltungsgremien, und zwei Drittel bringen Frauen hinter einer Trennwand unter. In ihrem »Abteil« hören sie die Predigt über Lautsprecher, sehen aber den Imam nicht. Diese letzte Zahl ist seit 1994 sogar gestiegen, damals lag sie bei »nur« 54 Prozent.
    Meiner Meinung nach wäre es ein schwerer Fehler, sich beim Thema Islam in Amerika selbstgefällig zurückzulehnen. Dem Mosque Study Project 2000 zufolge hat sich der regelmäßige, wöchentliche Besuch in Moscheen von 1994 bis 2000 beinahe verdoppelt, und die aktive Bindung an Moscheen hat sich vervierfacht. Junge, in den Vereinigten Staaten geborene oder aufgewachsene Muslime halten sich häufig strenger als ihre Eltern an die islamischen Gebote. In den Vereinigten Staaten geben 50 Prozent der Muslime im Alter zwischen achtzehn und neunundzwanzig an, dass sie jede Woche in die Moschee gehen – weit mehr als in älteren Generationen.
    Aus der Umfrage geht nicht hervor, was für eine Moschee sie besuchen. Vermutlich fühlen sich muslimische Kinder in Amerika, so wie ich einst als Teenager in Kenia dem radikalen Islam zuneigte, zu jungen, attraktiven und intelligenten Predigern hingezogen, die augenscheinlich ihr Gefühl, missverstandene Außenseiter zu sein, ansprechen, die ihnen Selbstachtung und das Gefühl eines besonderen Sinns im Leben vermitteln. Sie lehnen den Islam ihrer Großeltern voller Dschinns und murmelnder Imame ab, ja, die ganze, über die Lehre des Korans hinausgehende folkloristische Tradition, und streben nach der vermuteten intellektuellen Reinheit des wahren Pfads des Propheten. Auf dem College schließen sie sich muslimischen Studentenvereinigungen an, wo ethnische Unterschiede keine Rolle spielen. Aller Wahrscheinlichkeit nach beten sie zu Gott in einer ethnisch gemischten Moschee – einer Moschee, die nicht mehr oder weniger einem kulturellen Club gleicht, sondern junge Somalis, Pakistanis und Jemeniten unter dem Banner des Propheten vereint.
    Europäer ignorierten jahrzehntelang einen ähnlichen Trend, und junge muslimische Bürger in Europa wurden stetig radikalisiert, ohne dass es koordinierte Bemühungen gab, sie zu einer weniger aggressiven Haltung zu bewegen. Inzwischen kann man sie fast schon als fünfte Kolonne ansehen.
    Kann man Muslim sein und gleichzeitig amerikanischer Patriot? Durchaus, sofern man seine Pflichten als Muslim nicht zu ernst nimmt. Wenn man ein Auge zudrückt, braucht man nicht groß über die grundlegenden Gegensätze zwischen den Gehorsam fordernden, kollektivistischen Wertvorstellungen des Islam und den individualistischen, liberalen Wertvorstellungen des demokratischen Westens nachzudenken. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Pew Research Center von 2007 gaben 63 Prozent der amerikanischen Muslime an, sie sähen keinen Konflikt zwischen einem Leben als frommer Muslim und dem Leben in einer modernen Gesellschaft. Aber ein Drittel der Muslime räumte ein, dass hier ein Konflikt vorliegt, und fast die Hälfte der damals befragten muslimischen Amerikaner erklärte, sie würden sich zuerst als Muslime und erst in zweiter Linie als Amerikaner betrachten. Nur 28 Prozent sahen sich in erster Linie als Amerikaner.
    Die Frage, ob Selbstmordanschläge zur Verteidigung des Islam gerechtfertigt werden könnten, beantworteten 26 Prozent der amerikanischen

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