Ich bin eine Nomadin
Straße. Natürlich experimentierten trotz allem manche Kinder mit Drogen, und Mädchen wurden ungewollt schwanger, doch die Mehrheit der Holländer hat ein überaus gesundes Verhältnis zu Sex, Drogen und Alkohol entwickelt.
In mir wuchs die Überzeugung, dass diese ruhige und sehr ausführliche Erklärung der möglichen Gefahren der Freiheit Katastrophen viel wirksamer verhinderte als die Mystifizierung, mit der ich aufgewachsen war. Und das ist nicht einfach nur meine vorgefasste Meinung, sondern es ist offenbar auch empirisch nachzuweisen. Die Holländer wurden nie müde, den Nutzen einer aufgeklärten Haltung zu Sex und Drogen zu propagieren. Meine Kollegen im Parlament, in deren Verantwortungsbereich es lag, Gesundheitsfürsorge für alle verlässlich und bezahlbar zu machen, waren einmütig der Meinung, dass Vorbeugen immer besser sei als Heilen.
Der gesundheitspolitische Sprecher meiner Partei nannte mir die Zahlen zu sexuell übertragbaren Krankheiten wie AIDS und ihre prozentuale Verteilung nach Bevölkerungsgruppen. Die Schwulen waren stark getroffen – und die Einwanderer. Und innerhalb der Schwulengemeinde traf es wieder besonders die Immigranten. Wir schauten uns auch die jährlichen Abtreibungszahlen an. Die Zahl der in Holland geborenen Frauen, die eine Abtreibung vornehmen ließen, war stark rückläufig, ausgenommen einige kleine radikal-christliche Gemeinschaften, deren Einstellung zur Sexualität weithin mit der vieler Muslime vergleichbar ist. (Obwohl diese Christen Männern wie Frauen den Sex vor der Ehe verbieten, kommt es zu vielen ungewollten Schwangerschaften, und die Frauen müssen heimlich Abtreibungskliniken aufsuchen.) Die Zahl der eingewanderten Frauen und Mädchen, die Abtreibungen vornehmen ließen, stieg dagegen deutlich an.
Beim Drogenmissbrauch war es ähnlich, und im Amsterdamer Rotlichtviertel konnte man mit eigenen Augen sehen, dass die meisten Kunden der Prostituierten nicht Touristen waren, sondern Immigranten. Viele, wenn nicht die meisten, waren Araber, Berber, Türken und Somalis. Die Statistiken kannten meist nur eine Kategorie »Einwanderer«, doch wenn man intensiv genug nachfragte, erfuhr man, dass die in der Gesundheitsfürsorge Beschäftigten, die Wissenschaftler, Ärzte und Epidemiologen sich einfach nicht gern offiziell dazu äußern wollten, dass in diesen Berichten »Einwanderer« vor allem »Muslime« bedeutete. Nichtmuslimische Immigranten aus China oder christlichen Teilen Afrikas waren auch betroffen, hauptsächlich aber Muslime.
Das war in meinen Augen kein Zufall. Ganz allgemein neigen die Menschen dort, wo Sexualität und Drogen totgeschwiegen werden, zum exzessiven Missbrauch von beidem. Wie meine Cousine Hiran, die sich mit HIV infizierte, können sie sich ihrem Verhalten nicht stellen und sich deshalb auch nicht vor den schrecklichen Folgen schützen. Für Frauen in arabischen islamischen Kulturen ist es eine Frage der Ehre – etwas, dessen man sich rühmt –, sagen zu können: »Ich weiß überhaupt nichts von allem, was mit Sex zu tun hat.« Schon das elementarste Wissen ist Sünde.
Muslimische Eltern in Europa sorgen sich mit Recht um die Zukunft ihrer Kinder, aber aus den falschen Gründen. Hartnäckig vertreten sie die Überzeugung, dass ihre eigene Lebensweise nichts mit dem schrecklichen Schicksal zu tun hat, das sie für ihre Nachkommen fürchten. Sie sind einfach nicht bereit, ihre Einstellung zu überdenken, und so beharren sie weiter auf Jungfräulichkeit bis zur Ehe, trennen Jungen und Mädchen strikt, halten die Mädchen in Abhängigkeit und Unwissenheit und zwingen sie oft unter Androhung harter Strafen in frühe, arrangierte Ehen. Leichter ist es natürlich, Außenstehenden die Schuld zuzuschieben, als den Koran, das Beispiel des Propheten und die lange Tradition infrage zu stellen. Aus ihrer Sicht ist es die beste Strategie, die Stimmen ihrer Töchter zu ersticken, sie Unterwürfigkeit zu lehren, sie in ihren Wohnungen einzusperren und so früh wie möglich zu verheiraten. Das macht ihre Töchter vielleicht nicht glücklich, aber die Familienehre ist wichtiger als das Glück der Kinder.
Ich glaube, dass die Unterwerfung der Frauen im Islam das größte Hindernis für Integration und Fortschritt der muslimischen Gemeinschaften weltweit darstellt. Die Unterwerfung durch die nächsten Verwandten an dem Ort, der eigentlich den meisten Schutz bieten sollte, im eigenen Heim, wird außerdem durch die nach Ansicht der Muslime höchste
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