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Ich bin eine Nomadin

Ich bin eine Nomadin

Titel: Ich bin eine Nomadin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayaan Hirsi Ali
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Autorität sanktioniert: durch Allah selbst.
    Viele muslimische Eltern sind der Ansicht, dass westliche Bildung die muslimische Lebensweise beeinträchtigt. Um ehrlich zu sein: Sie haben recht. Die Erziehung von Mädchen zu unabhängigem Denken ist eine Herausforderung für die islamische Lehre, genauso, wie es einst eine Herausforderung für die christliche und die orthodoxe jüdische Lehre war. Eine gründliche Erziehung zu Neugier und unabhängigem Denken führt letztlich zu einer gründlichen Erosion der muslimischen Lebensweise. In muslimischen Ländern wird das vielleicht noch lange dauern, bei Muslimen in westlichen Ländern vielleicht nicht mehr ganz so lange.
    Hoffnung können wir aus dem Beispiel anderer Gesellschaften schöpfen. Auch im Christentum war die weibliche Jungfräulichkeit einst ein magisches Totem. Mädchen wurden eingesperrt, jeglicher Bildungschancen beraubt, als Eigentum der Männer verheiratet. Und doch sind christliche Gesellschaften heute weitgehend frei von solchen Einstellungen. Kulturen ändern sich, und sie ändern sich oft sehr schnell. Dies geschieht unter dem Einfluss des kritischen Denkens, und das kann man in der Schule lernen.
    Man wird leicht unzufrieden, wenn man auf Rechte und Freiheiten verzichten muss, auf die man dem eigenen Empfinden nach ein Anrecht hat. Doch wenn man sich nicht verständlich machen kann, wenn man das, was einen ärgert, was ungerecht ist und sich ändern sollte, nicht in Worte fassen kann, dann wird man als dumme Heulsuse abgetan. Womöglich muss man sich sogar Vorträge über Beharrlichkeit und Geduld, das Leben als Prüfung, die Notwendigkeit, die überlegene Weisheit anderer zu akzeptieren, anhören. All das ist mir passiert. Als mein Vater beschloss, mich mit einem entfernten Cousin zu verheiraten, den er gerade kennengelernt hatte (und den ich noch nie zu Gesicht bekommen hatte), war er fest davon überzeugt, mir einen wunderbaren Gefallen zu tun. Dieser Mann, mein zukünftiger Ehemann, war ein Verwandter (achten Grades), und damit war es weniger wahrscheinlich, dass er mich schlecht behandeln würde (meinte jedenfalls mein Vater); er teilte die Werte unseres Volkes (welche auch immer das sein mochten) und würde mich in einer Zeit des Bürgerkriegs und der Armut vor beidem bewahren. Eine solche Partie war in den Augen meines Vaters ein wahrer Segen.
    Ich dagegen hatte das Gefühl, als habe mein Vater mir meine Jugend und meinen Körper geraubt, indem er mich in das Leben einer Ehefrau und Mutter zwang – Pflichten, die ich noch nicht auf mich nehmen wollte –, neben einem Mann, den ich absolut widerwärtig fand. Aber mir fehlten die Sprache und die Logik, um meinen Vater von der Stichhaltigkeit meiner Position zu überzeugen. Er hatte mich zwar zur Schule geschickt, und ich gehörte zu den wenigen somalischen Mädchen meiner Generation, die Englisch lesen und schreiben konnten, aber mir fehlten die Logik und sprachliche Gewandtheit für eine schlüssige Argumentation. Die stärksten Einwände, die ich vorbringen konnte, bestanden darin, dass mein Zukünftiger keine Romane las und dass er kahl war.
    Aus der Perspektive meines Vaters belegten diese Einwände nur, dass ich dringend unter die Aufsicht eines zuverlässigeren und reiferen Menschen gehörte. Also riss ich aus. Erst als ich geflohen war und es in Leiden auf eine Universität geschafft hatte, wo ich Kurse belegte, in denen es um nichts anderes als individuelle Freiheit und persönliche Verantwortung ging, war ich in der Lage, mich mit meinem Vater auf Augenhöhe auseinanderzusetzen. Es gelang mir, ihm zu erklären, dass ich, indem ich höhere Bildung erwarb, nur seinem Beispiel folgte und mein Schicksal in die eigenen Hände nahm. Auf seine Vorhaltungen wegen der Respektlosigkeit, die ich zeigte, und der Missachtung unserer Religion und Kultur durch mein egoistisches Verhalten konnte ich ihm antworten, dass ihn selbst, als er in meinem Alter war, solche Bedenken noch weniger gestört hatten. In meinen Gesprächen mit meinem Vater im Frühjahr 2000 in Deutschland, wo ich ihn während einer Augenbehandlung besuchte, spürte ich seinen zähneknirschenden Respekt, vielleicht sogar eine gewisse Bewunderung. Er sprach herablassend mit mir und hielt mir seine typischen, wie aus der Pistole geschossenen langen und einfach nicht zu bremsenden Monologe über das Jenseits. Aber wenigstens schob er meine Wünsche oder Einwände nicht mehr einfach beiseite wie noch 1992.
    Um Unterdrückung und

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