Ich Bin Gott
zum See stand. Unvermittelt wurde sein Blick von etwas anderem angezogen. Er glitt über die Terrasse mit all den Leuten hinweg und blieb am Fahrradweg hängen, der links am See entlangführte.
Dort stand, die Hände in den Taschen seiner Jeans vergraben, ein Mann in einer militärgrünen Jacke. Pater McKean stockte der Atem, und sein Gesicht begann zu glühen. Es gelang ihm noch, seinen Satz zu vollenden.
» … das reibungslose Funktionieren der Abläufe.«
Diplomatisch, wie er war, streckte John die Hand aus.
» Freut mich sehr, Sie kennen zu lernen, Mrs. Bones. Ich weiß, dass Sie eine der Hauptinitiatorinnen dieser Veranstaltung sind.«
Nur gedämpft drang das Lachen der Frau an sein Ohr.
» Wie ich schon zu Pater McKean sagte, bin ich immer bereit, etwas für meinen Nächsten zu tun.«
McKean hörte diese Sätze nur noch aus weiter Ferne, gedämpft durch den Raum und den Nebel. Er konnte den Blick nicht von diesem Mann wenden, der dort allein zwischen den vorbeirauschenden Fahrrädern stand und in seine Richtung blickte. Solche Jacken waren sehr verbreitet, sagte er sich, und eine solche Veranstaltung ließ viele Menschen neugierig werden. Es war ganz normal, dass jemand stehen blieb und herauszufinden versuchte, was dort vor sich ging.
Trotz des Versuchs, sich selbst zu beruhigen, wusste er, dass dem nicht so war. Er spürte, dass die Person nicht irgendjemand war, sondern der Mann, der ihm im Beichtstuhl von seinen Absichten erzählt und ihm die gotteslästerlichen Worte zugeraunt hatte.
Ich bin Gott …
Die Gesichter, das Raunen und die Menschen um ihn herum existierten nicht mehr. Jetzt gab es nur noch diese beunruhigende Gestalt, die seine Aufmerksamkeit, seine Gedanken, seinen Blick auf sich zog. Irgendwie war er sich sicher, dass dieser Mann ihn gesehen hatte und zwischen all diesen Menschen einzig und allein ihn anstarrte.
» Entschuldigen Sie mich bitte einen Moment.«
Die Erwiderungen von John und Mrs. Bones hörte er nicht.
Er hatte sich schon umgedreht und drängte sich durch die Menschenmenge zur anderen Seite der Terrasse. Immer wieder verlor er den dunklen Blick des Unbekannten aus den Augen und fand ihn dann wieder, diesen Blick, der wie eine Unglücksverheißung in ihn eingedrungen war. Er wollte zu ihm gehen und versuchen, mit ihm zu sprechen, wollte ihn zum Nachdenken bringen, auch wenn er wusste, dass es vergeblich sein würde. Der Mann folgte ihm seinerseits mit dem Blick und wartete, als wäre er genau in dieser Absicht zum Boathouse Café gekommen.
Plötzlich standen zwei Schwarze vor Pater McKean und versperrten ihm den Weg.
Der eine war etwas kleiner als er und trug eine wattierte Kapuzenjacke, die zu groß wirkte und für diese Jahreszeit entschieden nicht geeignet war. Das Schild seiner schwarzen Baseballkappe war zur Seite gedreht. Außerdem trug er Jeans und klobige Turnschuhe, und auf seiner Brust glitzerte eine Goldkette.
Hinter ihm ragte ein wahrer Koloss auf. Es schien geradezu unmöglich, dass ein Mensch mit einer solchen Körpermasse sich überhaupt bewegen konnte. Er war ganz in Schwarz gekleidet und trug eine Art Bandana, das ein bisschen so aussah wie die Haarnetze, die früher nachts von Männern getragen wurden, damit die Haare am nächsten Tag glatt anlagen.
Der kleinere legte eine Hand auf Pater McKeans Brust und hielt ihn an.
» Wo willst du denn hin, Pfaffe?«
Besorgt schaute McKean instinktiv nach rechts. Der Mann in der grünen Jacke stand noch dort und beobachtete die Szene ausdruckslos. Widerwillig richtete McKean seine Aufmerksamkeit wieder auf den Typen vor sich.
» Was willst du, Jonas? Ich glaube kaum, dass du eine Einladung hast.«
» Iron 7 braucht keine Einladung, um zu einer Versammlung von Arschlöchern zu kommen, nicht wahr, Dude?«
Der gleichmütige Fettwanst nickte nur.
» Gut. Jetzt wo du gezeigt hast, wie stark du bist, kannst du schön wieder gehen.«
Jonas Manson lächelte. An seinem Schneidezahn blitzte ein kleiner Diamant auf.
» He, einen Moment, Pfäffchen. Wieso so eilig? Ich bin der Bruder von einem der Künstler. Darf ich seine Werke nicht bewundern wie alle anderen auch?«
Er sah sich um. Im Rücken von Pater McKean entdeckte er Jubilee, der neben seinen Bildern stand und sie ein paar Leuten erklärte.
» Da ist ja mein Brüderchen.«
Der Mann, der sich Iron 7 nannte, schob den Geistlichen beiseite und ging auf seinen Bruder zu, gefolgt von Dudes beeindruckender Gestalt. Instinktiv wichen die Anwesenden zurück.
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