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Ich Bin Gott

Titel: Ich Bin Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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erholt, weder von dem einen noch von dem anderen. Dennoch führte sie ihr distinguiertes und geschichtsträchtiges Leben weiter, weil es unverbrüchlich mit ihr verbunden war. Mit seinem Vater hatte Russell seit dem Tag nach der verfluchten Pulitzerpreisgeschichte kein Wort mehr gewechselt.
    Das Verhalten seiner Eltern ihm gegenüber hatte ihm immer schon ein gewisses Unbehagen bereitet. Vielleicht dachten ja beide, dass eigentlich der falsche Bruder tot war.
    Der Anwalt blieb hartnäckig, und Russell wusste nur zu gut, wie das enden würde.
    » Ich habe ihr erzählt, dass du verletzt bist. Sie hält es für angezeigt, dass du dich von einem Arzt untersuchen lässt.«
    Russell musste lächeln.
    Angezeigt …
    » Meine Mutter ist perfekt. Abgesehen davon, dass sie immer die passenden Worte zur passenden Gelegenheit findet, wählt sie immer auch die elegantesten.«
    Thornton lehnte sich in seinem Ledersitz zurück. Er entspannte die Schultern, wie man es tut, wenn ohnehin nichts mehr zu retten ist.
    » Russell, ich kenne dich, seit du ein kleiner Junge bist. Glaubst du nicht, dass …«
    » Mr. Thornton, Sie sind nicht da, um zu verurteilen oder freizusprechen, dafür gibt es Richter. Sie sind auch nicht da, um Predigten zu halten, dafür gibt es Pfarrer. Sie sind da, um mich aus der Scheiße zu ziehen, wenn es von Ihnen verlangt wird.«
    Russell hatte sich dem Anwalt zugewandt und sah ihn mit einem verhaltenen Lächeln an.
    » Genau dafür werden sie bezahlt, scheint mir. Und zwar gut bezahlt. Ihr Stundenhonorar entspricht sicher dem Wochenlohn eines Arbeiters.«
    » Dich aus der Scheiße zu ziehen, sagst du? Das tue ich doch dauernd. In letzter Zeit geschieht das allerdings häufiger, als es legitimerweise zu erwarten wäre.«
    Der Anwalt machte eine Pause, als müsste er sich erst entschließen, ober er noch etwas sagen oder lieber den Mund halten sollte. Schließlich entschied er sich für Ersteres.
    » Russell, jeder hat das von der Verfassung verbriefte Recht und die freie Enscheidung, sich selbst zu zerstören. Und du hast in dieser Hinsicht eine äußerst kreative Fantasie.«
    Thornton sah ihm in die Augen. Von einem Strafverteidiger hatte er sich in einen selbstzufriedenen Henker verwandelt.
    » Von jetzt an werde ich mich glücklich schätzen, auf das Honorar zu verzichten. Ich werde deiner Mutter sagen, dass sie sich, wenn es sich als notwendig erweisen sollte, an jemand anderen wenden soll. Derweil werde ich mich mit einer Zigarre und einem guten Whisky hinsetzen und das Schauspiel deiner Selbstzerstörung verfolgen.«
    Keiner sagte mehr etwas, weil es nichts mehr zu sagen gab. Der Wagen hielt vor seinem Haus in der 29th Street zwischen Park Avenue und Madison Avenue. Russell stieg aus, ohne zu grüßen und ohne einen Gruß zu erwarten. Verschleierte Verachtung und gezielte professionelle Gleichgültigkeit begleiteten die Szene. Nachdem er hastig nach den Schlüsseln gegriffen hatte, die ihm der Doorman hinhielt, fuhr er in sein Apartment hinauf. Kaum war er zur Tür hereingekommen, als das Telefon klingelte. Russell glaubte sicher zu wissen, wer das war.
    Er nahm den Hörer ab
    » Hallo?«,
    in Erwartung einer ganz bestimmten Stimme. Und diese Stimme sprach.
    » Hallo, Fotograf. Pech gehabt gestern, was? Beim Spiel und mit den Bullen.«
    Russell hatte ein Bild vor sich. Ein großer, massiger Schwarzer mit Doppelkinn, das ein dünner Bart vergeblich zu kaschieren versuchte. Unvermeidliche Sonnenbrille, Handy in der ringbestückten Hand. Ein Mercedes, auf dessen Rückbank er saß.
    » LaMarr, ich bin nicht in der richtigen Gemütsverfassung, um mir deinen Scheißdreck anzuhören. Was willst du?«
    » Du weißt, was ich will, mein Junge. Geld.«
    » Im Augenblick habe ich keins.«
    » Ich fürchte, du tust gut daran, so bald wie möglich welches zu haben.«
    » Was willst du tun? Mich erschießen?«
    Von der anderen Seite der Leitung kam ein dröhnendes Gelächter und eine noch demütigendere Drohung.
    »Die Versuchung ist groß. Ich bin jedoch nicht so blöd, dich mit den fünfzigtausend Dollar, die du mir schuldest, in eine Kiste zu stecken. Da schicke ich dir lieber meine Jungs vorbei, damit sie dir ein paar Dinge erklären, die im Leben wichtig sind. Dann geben wir dir Zeit, um wieder gesund zu werden, und dann schicke ich sie dir wieder vorbei, bis du sie mit meinem Geld in der Hand empfängst. Bis dahin werden es allerdings sechzigtausend sein, wenn nicht noch mehr.«
    » Du bist ein Stück Scheiße,

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