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Ich Bin Gott

Titel: Ich Bin Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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fortgeblieben war. Niemand in der Familie hatte je den geringsten Verdacht gehegt, dass der Junge irgendetwas mit Drogen zu tun haben könnte. Als die Todesursache herauskam, wurde das Entsetzen über das ohnehin grauenvolle Ende des Jungen noch größer. Die Obduktion und der Mangel an weiteren Spuren an der Leiche legten nahe, dass es vermutlich sein erster Schuss gewesen war. Das Schicksal wollte es, dass es keinen zweiten geben sollte.
    Die Mutter, eine Witwe, war die Schwester des Anwalts Barry Lovito. Der war italienischer Abstammung und hatte seine Kanzlei in Manhattan, wohnte aber weiterhin in Country Club in der Bronx. Er war nicht verheiratet und ein reicher, vielbeschäftigter Mann, der hart gekämpft hatte, um einen Platz an der Spitze der Pyramide zu ergattern. Das war ihm so gut gelungen, dass ihm die Pyramide mittlerweile fast gehörte.
    Wenn die Umstände es erforderten, hatte er, der sich den typisch italienischen Familiensinn bewahrt hatte, seine Schwester und seinen Neffen bei sich aufgenommen. Die Frau war von zarter Gesundheit und neigte zu psychosomatischen Störungen. Der Verlust ihres Mannes war gewiss keine gute Medizin für ihre körperliche und seelische Verfassung gewesen. Robin war ein sensibler, melancholischer und leicht beeinflussbarer Junge, und da er oft sich selbst überlassen war, hatten sich üble Gesellen wie die Geier auf ihn gestürzt. Das geschieht oft, wenn die Einsamkeit nicht selbstgewählt ist.
    Mutter und Onkel waren bei der Trauerfeier in der Kirche anwesend. Rechtsanwalt Lovito trug einen gut geschnittenen dunklen Anzug, der ihn als wohlhabenden Mann auswies. Mit zusammengebissenen Zähnen starrte er vor sich hin, vom Schmerz, vielleicht aber auch von Schuldgefühlen übermannt. Der Junge war für ihn der Sohn gewesen, den er nie gehabt hatte und der ihm, nachdem er sein ganzes Leben nur dem Erfolg gewidmet hatte, nun sehr fehlte. Nach dem Tod seines Schwagers hatte er sich eingebildet, dessen Stelle einnehmen zu können, hatte sich aber nicht klargemacht, dass es die erste Pflicht eines Vaters ist, für ein Kind da zu sein, und dass man das weder aufschieben noch delegieren kann.
    Das Gesicht der Frau war vom Kummer verzehrt, und ihre rotgeränderten Augen hatten keine Tränen mehr. Sie sah aus, als würde mit ihrem Sohn auch ihr Lebenswille zu Grabe getragen. Auf ihren Bruder gestützt, folgte sie dem Sarg aus der Kirche. Das schwarze Kostüm, das ihre zerbrechliche Gestalt umhüllte, schien nun mehrere Nummern zu groß zu sein.
    Pater McKean stand hinten in der Kirche, umringt von Jugendlichen, von denen viele Robins Freunde gewesen waren. Er hatte der Messe mit jenem Gefühl von Unzulänglichkeit beigewohnt, das ihn stets befiel, wenn ein junger Mensch so grundlos aus dem Leben gerissen wurde. Immer schon war er an erster Stelle Mensch und erst dann Geistlicher gewesen. Dieses zerstörte Leben war eine Niederlage für alle, auch für ihn, weil die Toten nicht ersetzbar waren.
    Und die Welt dort draußen war voller Hindernisse und Verführungen.
    Als Barry Lovito die Kirche verließ, drehte er sich um und sah Pater McKean inmitten der Jugendlichen stehen. Sein Blick verweilte länger als üblich auf der Gestalt des Geistlichen. Dann wandte er sich wieder ab und setzte, seine Schwester am Arm, seinen traurigen Gang Richtung Auto und Friedhof fort.
    Drei Tage später stand er in Begleitung des Pfarrers vor Pater McKean. Nach dem Vorstellungsritual ließ Paul sie alleine. Michael McKean hatte keine Ahnung, worüber der Anwalt mit ihm sprechen wollte. Er war seit einem knappen Jahr in Saint Benedict und hatte mit Lovito bislang nur ein paar Worte gewechselt. Der Anwalt hatte offenbar seine Gedanken gelesen und beeilte sich nun, seine Neugierde zu stillen.
    » Ich weiß, dass Sie sich fragen, was ich hier will. Und was ich Ihnen zu sagen habe. Keine Sorge, ich stehle Ihnen nur ein paar Minuten Ihrer kostbaren Zeit.«
    Langsam gingen sie auf das Vikariat zu.
    » Ich habe gerade ein Haus gekauft, dort hinten am Park. Es ist ein großes Gebäude mit einem hübschen Stückchen Land drumherum. Ungefähr zweieinhalb Hektar. Im Haus können bis zu dreißig Personen wohnen. Mit Blick aufs Meer und auf die Küste.«
    Pater McKean schaute ihn offenbar verblüfft an, denn ein Lächeln flog über das Gesicht seines Gesprächspartners, der sogleich eine beruhigende Geste machte.
    » Keine Sorge. Ich möchte Ihnen das Haus nicht andrehen.«
    Lovito überlegte einen Augenblick, ob er

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