Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition)
Kartoffeltopf?«, ich hörte aus meinem Mund, und sie nickte und ich gab ihr vom Kartoffeltopf. Wir saßen und kauten. Wir redeten nichts, und ich fragte mich: Welche Wahrheitssachen kann ich Margaret erzählen, wo sie immer noch da ist am nächsten Tag und weiß noch? Ich ging ins Bad, und sollte sie schreien, sollte sie jammern, ganz egal, ich hatte den festen Beschluss, in meinem eigenen Bett zu schlafen, denn mir war jetzt klar, in Heutezeit muss jeder Mann seine Würde sich selber nehmen, gibt ihm sonst niemand. Und so oder so, sie rückte und machte Spalt für mich frei. Und nächsten Morgen und alle Morgen danach ich ging wieder zu meiner guten Arbeit. Denn am Ende ist doch so: Was sollen wir sonst machen? Margaret ist meine Frau, und ich bin Henker.
Dämonen
Als am Abend vor Thanksgiving das Telefon klingelte, versuchte Savitri Veeraghavan so gut es ging zu vergessen, dass ihr Mann Ravi tot auf dem Wohnzimmerboden lag. Auf dem Herd köchelte ein Topf mit Tomaten und Linsen, ein schlichtes Abendessen, und daneben hatte Savitri auf mittlerer Flamme einen Edelstahl-Wok aufgesetzt und eine gelbe Pfütze Pflanzenöl hineingegeben.
Beim ersten Klingeln warf Savitri eine Handvoll Kreuzkümmel ins Öl, das mit dem üblichen scharfen Zischen reagierte. Beim zweiten Klingeln streute sie zwei Teelöffel Senfkörner hinein, und das Öl hustete und spie, sodass selbst Savitri, die eigentlich auf einen solchen Ausbruch vorbereitet war, erstaunt einen Schritt zurücktrat, um den heißen Spritzern auszuweichen. Dann fingen die Gewürze im Öl und in der Hitze an, sich wohlzufühlen, das Zischen ging in ein träges Knistern über, und die ersten Gerüche eines guten Essens strömten aus dem Wok in die Küche und schließlich ins Wohnzimmer, wo die kalte Nase von Savitris Mann sie nicht mehr wahrnahm.
Sie nahm den Hörer ab.
»Hallo?«, sagte sie.
»Wie viel Uhr?«, fragte die Stimme am anderen Ende geradeheraus.
Savitri erkannte Poornima sofort. »Hi-yee«, erwiderte Savitri in dem matten Singsang, den nur ihre engsten Freunde zu hören bekamen. »Wie? Was meinst du?«
»Wie viel Uhr kommst du morgen?«, fragte Poornima.
Was ist denn morgen?, schoss es Savitri durch den Kopf. Richtig, Poornimas Einladung zum Mittagessen. »Wann du willst. Wann passt es dir?«, antwortete Savitri.
»Ruhig etwas früher«, sagte Poornima. »Dann kannst du mir noch ein wenig helfen. Ravi und Radha können meinetwegen später kommen.«
Savitri schüttelte den Kopf. »Radha kommt nicht. Sie hat eine Menge zu tun am College, sie hat so viel um die Ohren.«
»M-hmmmm«, machte Poornima erstaunt.
»Kommt denn dein Arun?«, fragte Savitri.
»Ja, natürlich.«
»Tatsächlich«, erwiderte Savitri. »Er kommt extra von Harvard? Nur für das Wochenende?«
»Es ist Thanksgiving«, sagte Poornima.
Nachdem Savitri aufgelegt hatte, dachte sie: Thanksgiving! Wie Poornima das sagte. Als wäre es unser eigener Feiertag. Dabei ist es gerade der Tag, an dem unsere Leute einmal nichts vorhaben, deshalb lädt Poornima zum Essen ein. Savitri warf sechs Hände voll gehackter Okraschoten in den Wok und rührte sie mit einem großen Metallspatel um. Okraschoten waren Radhas Lieblingsgemüse, und Savitri versuchte sich vorzustellen, Radha käme übers Wochenende nach Hause, denn irgendetwas in ihr befahl ihr, nur Positives zu denken, nur Positives. Savitri fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn, die vor Schweiß kribbelte, und wusch sich dann unter dem Wasserhahn in der Spüle die Hände.
Während ihr das kühle Wasser über die Finger lief, kroch Savitri die Angst in die Lungen wie Rauch. Sie ließ etwas außer Acht. Etwas hinter der Küchentür; der Gedanke daran war noch schlimmer als der, dass Radha nicht nach Hause kam, und mit zitternden Armen hob sie mit zwei Küchentüchern den Wok vom Herd und schüttete die brutzelnden Okraschoten in den Topf mit den Tomaten und Linsen, die jetzt brodelten. Sie legte einen Deckel auf und stellte den Herd ab, dann wusch sie sich noch einmal sorgfältig die Hände, trocknete sie ab und ging ins Wohnzimmer.
Er war immer noch da. Er lag auf dem Boden, in der Hüfte eingeknickt zum V. Es wirkte unbequem (aber das war nicht das richtige Wort), wie er da so verdreht auf der Seite lag. Er war direkt vor das braune Sofa gefallen, auf dem sein Gesäß und ihres im Laufe der Zeit in einigem Abstand voneinander zwei abgewetzte Kuhlen hinterlassen hatten. Er trug einen grauen Blazer und eine grüne Polyesterhose,
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