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Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition)

Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition)

Titel: Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rajesh Parameswaran
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Aufstehen.
Hinweis
Manamis namenloser, noch säugender Sohn war einst ein richtiger Rabauke gewesen, aber als die Trockenheit kam und Manamis Brüste schrumpelten, das Säugen zur Qual wurde und ihr schließlich die Milch versiegte, verlor der Junge als Erstes von den Kindern die Lust am Spielen und wirkte schwächlich. Auch er bekam die neuen Berge nicht mehr zu sehen. (Die arme Manami tat alles, um ihn durchzubringen. Als das Kalb langsamer wurde, ging auch Manami langsamer, sodass die beiden eine ganze Tagereise hinter uns zurückblieben. Weder hielt Mutter die Herde an, um auf sie zu warten, noch bat Manami sie darum, und als sie schließlich wieder zu uns stieß, war sie allein. Wir strichen ihr mit dem Rüssel übers Gesicht und rieben den Kopf an ihren Schenkeln, aber Manami konnte uns nicht in die Augen sehen oder unsere Begrüßung erwidern. Das alles passierte, bevor ich geboren wurde, aber ich erinnere mich noch genau daran.)
Hinweis
    In den neuen Bergen mit ihren beständigen, träge dahinplätschernden Gebirgsbächen schlugen wir uns so durch, aber die Erinnerung an die alte Heimat saß uns wie ein Stachel im Fleisch. Ich wurde an diesem neuen Ort geboren und lebte in diesen grünen Hügeln, bis ich elf war.
Hinweis
Und obwohl wir der unmittelbaren Bedrohung durch die Dürre im Flachland entkommen waren, brachte das fremde Gebiet ganz eigene Schwierigkeiten mit sich. Auch hier gab es karge Zeiten, und darüber hinaus neue und unvorhergesehene Gefahren.
    Das erste beunruhigende Zeichen bemerkte Koni. Sie war sieben Jahre älter als ich, ein Teenager und bald eine Frau. Meine Mutter behandelte sie fast wie ihre eigene Tochter, und ich hielt Koni jahrelang tatsächlich für meine Schwester. Ich folgte ihr auf Schritt und Tritt. Wenn sie durch den See watete und den Rüssel über den Kopf schwang, um sich mit Wasser zu bespritzen, tat ich es ihr nach und verschluckte mich, wenn mir das Wasser durch den Rüssel in den Rachen floss. Wenn wir weideten, wich ich meiner Mutter nur von der Seite, um Koni zu folgen und zu bewundern, wie geschickt sie mit dem Rüssel Gräser rupfte, flink und präzise, wie mühelos sie ihn zwischen denen der Älteren bewegte. Ihre Augen waren größer als die anderer Elefanten, unermesslich tief und dunkel.
Hinweis
    Da wusste ich noch nicht, wer Koni war. Ich konnte noch nicht vorhersehen, wie sehr ihr Handeln mein Leben verändern würde.
Hinweis
    Konis Selbstsicherheit und ihr Hang zum Einzelgängertum unterschieden sie von anderen Heranwachsenden, vor allem dann, wenn sich ab und zu eine Horde lärmender Jungbullen aus den umliegenden Wäldern zu uns gesellte. Diese Männchen ließen sich nicht weit von uns nieder, schlenderten bei Tag zu unserer Herde herüber und hängten in gespielter Lässigkeit den Rüssel über die kleinen Stoßzähne, verrieten sich aber schon bald als übereifrige Anfänger. Sie hielten sich für clever und versuchten verstohlen, an unseren Bäuchen zu schnuppern und von unserem Harn zu kosten, um herauszufinden, welche unserer älteren Schwestern sich ihre primitiven Avancen am ehesten gefallen ließe. Näherten sie sich einer älteren Elefantenkuh, einer unserer Mütter, brüllten diese oder schlugen den Bullen mit einem Scheinangriff in die Flucht. Sie hatten keine Zeit für diese Halbstarken. Aber die Heranwachsenden und die jüngeren Kühe waren gespannt auf die Neuankömmlinge, und einige besonders Kesse waren ganz außer sich vor Aufregung. Männliches Interesse war für sie noch neu, und so konnte es vorkommen, dass eine meiner Cousinen dem nächstbesten jungen Elefantenbullen kichernd in den Wald folgte und dort mehrere Tage mit ihm blieb.
Hinweis
Bei ihrer Rückkehr umringten ihre Freundinnen sie säuselnd und schmeichelnd, denn eine von ihnen war nun, wie sie glaubten, zur Frau geworden.
    Koni war anders als die anderen Mädchen, fand ich. Selbst als sie die Geschlechtsreife erreicht hatte, hielt sie sich von den werbenden Jungbullen fern. Sie blieb stets bei den Älteren der Gruppe und orientierte sich an deren Verhalten. Einigen der anderen Elefanten stieß ein derartiges Benehmen als überheblich auf – eine Kuh sollte sich wie eine Kuh verhalten, fanden sie, und ein Kalb wie ein Kalb. In ihren Augen stand es Koni nicht zu, sich Gleichaltrigen gegenüber so aufzuführen, als wäre sie ihnen überlegen, sie zu beherrschen und herumzukommandieren. Doch für mein kindliches Empfinden benahm sich Koni nicht bloß so, als wäre sie anderen in

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