Ich bin kein Mörder: Thriller (Band 3 von 3 der "Mörder"-Trilogie)
schnappende Schlange. Stefan verprügelte seinen Sohn, den Jungen, den er über alles liebte, schlug und schlug und wollte kein Ende finden, und es war ihm egal, denn dieses Kind hatte ihr, hatte sein Glück zerstört, hatte seine heile Welt in Stücke geschlagen, geschlagen, geschlagen, und erst, als die Tränen seinen Blick so sehr trübten, dass er nicht mehr sah, wohin er schlug, ließ er ab und sank schluchzend in die Arme seiner Frau, während Oliver sich heulend auf dem Boden wälzte.
» Endlich«, keuchte Stefan. »Endlich zeigt er eine menschliche Regung. Endlich weint er.«
Denn das tat Oliver. Das erste Mal , seitdem er ein Kleinkind gewesen war.
11
Jens Martin hielt den Mund. Die Sache wurde bagatellisiert und verschwand bald aus der Presse. In der Schule wurde kaum darüber gesprochen. Jens blieb zuhause und kurierte sich aus.
Stefan und Daniela kamen in dieser Zeit kaum dazu, ruhig zu schlafen, sodass sich das Ergebnis ihrer Belastung bald zeigte. Beide machten ihre Arbeit, doch Stefan konnte seine Zielsetzungen nicht mehr erfüllen und Daniela unterliefen Fehler, die sie in Schwierigkeit brachten.
Es vergingen Wochen, die die Eltern quälten wie die Hitze eines Backofens.
Man kündigte ihr, was sie akzeptierte, denn ihr Beruf überforderte sie.
Auch Stefan blieb immer öfter zuhause.
Ihre finanzielle Basis war noch stabil. Das Haus gehörte ihnen und sie hatten weitere 70.000 Euro angespart. So tat man das, denn schließlich konnten Kosten auf einen zukommen, die man vorher übersehen hatte.
Und Oliver?
Er schrieb beste Zensuren, seine Lehrer waren begeistert. Zuhause las er und kochte in jeder freien Minute.
Sie waren die perfekte Familie, doch zwischen ihnen stand nach wie vor die Gewalttat und Olivers Worte.
TÖTEN!
Schließlich wurde es Stefan zu viel und er sprach mit seinem Sohn. Ihm war inzwischen deutlich geworden, dass er es mitnichten mit einem Halbwüchsigen zu tun hatte, also forderte er ihn wie einen Erwachsenen.
» Was sollen wir tun, Oliver?«
Sein Sohn sah ihn aus großen blauen Augen an.
» So geht das nicht weiter. Mama und ich leiden.«
» Ihr seid so ehrlich, Papa. Könnte ich weinen, würde ich es tun.«
» Dann tu es, verdammt noch mal.«
Oliver verzog das Gesicht. »Ich kann nicht, Papa.«
» Dann sag mir, was dich beschäftigt, Oliver. Ich möchte wissen, was in dir vorgeht.«
» Nein, Papa, das willst du nicht.«
» Hör auf, mir so einen Mist zu erzählen.«
» Nee, ich weiß, dass du das nicht willst.«
» Versuche es.«
» Und du schickst mich nicht weg? In ein Kinderheim oder so?«
» Nein.«
» Ich denke ...« Oliver schüttelte sich, als suche er nach Worten, doch so war es nicht. Er suchte nach der Barriere, die ihn frei gab. Und als er sie fand, strömte es aus ihm hervor. »Ich möchte töten, Papa.«
Stefan, der sic h geschworen hatte, ruhig und überlegt zu bleiben, der heute die Wahrheit wissen wollte, nickte, als habe er den Wetterbericht vernommen. »Das sagtest du.«
» Ich möchte Fleisch zerschneiden, wie ich das in der Küche tue.«
» Aha.«
» Und daran denke ich so oft. Nicht, wenn ich bei euch bin, dann nicht, aber manchmal schon. Weißt du, Papa, die sind alle so doof. Die gucken den ganzen Tag nur Murks im Fernsehen und haben ihre Handys. Mit keinem von denen kannst du über Philosophie reden.«
» Kinder in deinem Alter reden nicht über so etwas. Philosophie? Liebe Güte, Sohn ...«, stieß Stefan aus.
» Das meine ich, Papa. Siehst du?« Oliver wirkte wie ein ganz normales begeistertes Kind, das seine Ideen umzusetzen versuchte.
» Sie sind doof. Sie sind andauernd mit Sachen zugange, die ich verabscheue. Klar, in der Schule mach ich mit und ich bin auch zu jedem freundlich, denn das habe ich bei David gelernt. Wie man lächelt. Wie man sich entschuldigt. Wie man so tut, als ob. Aber wenn ich alleine bin, möchte ich ihnen allen am liebsten ein Messers in den Bauch hauen, verstehst du? Sie laufen rum, aber sie sind das nicht wert. Sie werden ihr ganzes Leben lang nur Unterschicht sein, auch wenn sie Abi haben. Die Frauen kriegen Kinder, manche vielleicht später, aber alles, was sie studiert haben, ist verloren, weil sie nur noch Mamas sind. Warum sollen Frauen überhaupt aufs Gymnasium? Warum sollen sie studieren? Sie nehmen den Männern die Plätze weg, dann kriegen sie Kinder und bleiben zuhause. Das ist nicht fair. Und die Jungen in meiner Klasse sind so was von blöde, sag ich dir. Sie haben nur im Kopf, wie
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