Ich bin kein Mörder: Thriller (Band 3 von 3 der "Mörder"-Trilogie)
war ihr bisher gelungen und darauf war sie stolz.
Sie kehrte vom Bäcker zurück, eine Tüte Brötchen in der Hand und das Boulevardblatt.
Erfreut stellte sie fest, dass Oliver Eier gekocht hatte, selbstverständlich perfekte Eier. Nicht zu hart, nicht zu weich. Er tat es stets aus Gefühl, ohne Uhr und lag selten daneben.
Oliver liebte die Haptik von Fleisch, wusste sie. Er ertastete ein Steak mit der Fingerkuppe, wusste, wann es medium oder durch war. Er labte sich am Geruch von Gebratenem. Ein Vegetarier würde er niemals sein. Daniela war so glücklich, dass ihr Sohn zumindest in dieser Hinsicht so etwas wie Gefühl empfand, dass dies ihre anderen Bedenken überlagerte. Manchmal staunte sie, wie stark sein Gefühl zu Fleisch war, denn einmal hatte sie ihn dabei ertappt, wie er seine Wange an einen gigantischen 3-Kilo-Putenoberschenkel drückte und diesen mit geschlossenen Augen spürte.
Wieder so ein seltsamer Moment, in dem Daniela eine Gänsehaut bekam. Das Bild des Jungen mit dem Fleischklotz am Gesicht hatte etwas Bedrohliches, eine Wirkung, der sie sich nur entzog, indem sie sich ihrer Hausarbeit widmete.
Werde ich verrückt? Bilde ich mir diese Dinge nur ein?
Und schließlich saßen sie gemeinsam am Tisch.
Alles ist völlig normal. Oliver ist so freundlich, wie es seine Krankheit zulässt. Wir sind eine fast perfekte Familie.
Stef an war geduscht und perfekt gekleidet. Nie hatte er im Unterhemd oder in einer Freizeithose hier gesessen. Eine braune Stoffhose
(Eine Jeans? Undenkbar!)
und ein gestreiftes gebügeltes Hemd.
Das, hatte er sofort nach Olivers Geburt betont, sei seine Art, dem Kind Disziplin und Stil zu vermitteln. Ein Mann musste nicht rumlaufen wie ein Lackaffe mit Schlabberhosen, auf denen möglicherweise sogar Pissflecken waren , und einem verschwitzten T-Shirt. Außerdem legte er Wert darauf, dass seine Haare, die nicht mehr dicht waren, gewaschen und geföhnt und schließlich mit Haarspray in Form gebracht waren. Unrasiert zu Tisch zu kommen war undenkbar.
Er war kein schöner Mann, w ar er nie gewesen. Sein Kopf war zu rund, seine Haare zu licht und seine Geheimratsecken verbrannten regelmäßig in der Sonne, wenn sie in Urlaub waren. Seine Augen standen zu dicht beieinander, seine Nase war flach, sein Mund fast schon hedonistisch und unpassend. Doch wenn er lachte, wenn er schmunzelte, zogen sich die tausend Fältchen in seinen Augenwinkel zusammen und sein Gesicht bekam eine völlig andere Anmutung. Das war sein Erfolg, wenn er Menschen Geldanlagen verkaufte. Sein Lächeln – und seine Stimme. Sonor, überhaupt nicht zur schlanken, fast zarten Gestalt passend. Zudem war er kleiner als Daniela, die von sich behaupten konnte, noch immer sexy zu sein.
Was sie an diesem Mann finde, hatten damalige Freundinnen gefragt.
Frech hatte sie gesagt: »Kleine Männer haben große Schwengel!«
Später hatte sie seinen Charme betont und immer hatte sie das Gefühl gehabt, dass sie genau, exakt zueinander passten. Ja, sie liebten sich und hoffentlich würde das niemals enden.
Oliver servierte die Eier. »Müsst ihr mal mit Maggi versuchen. Schmeckt super!«
» Maggi?«, fragte Stefan und legte die Zeitung weg.
» Na ja ...« Oliver blickte schuldbewusst. »Nicht Maggi. Das Zeug ist voller Glutamat, aber ich hab was gefunden, das fast genauso schmeckt und auf Soja basiert.«
So war er geworden, ihr Oliver. Ein Koch aus Leidenschaft. Und das mit zwölf.
Erneut schüttelte Stefan seine Zeitung auf, ohne gestört zu werden. So war das eben. Papa las die Zeitung. Daniela wusste, dass dieses Verhalten alles andere als zeitgemäß war. Ein Mann, der beim Frühstück die Zeitung las, also wirklich ...
Ich liebe das, auch wenn andere Frauen mich dafür auslachen würden!
Das verlieh ihrem Stefan das Gefühl von Zufriedenheit, von Geborgenheit und sie wusste, dass er sich mit tausendundeiner Streicheleinheit bei ihr für dieses gesellschaftliche No-Go bedanken würde. Sie hatten ihre ganz eigene Art der Beziehung und einen ganz eigenen Sohn.
Wir sind unverwechselbar.
Unvermittelt ließ Stefan die Zeitung sinken . Er musterte Oliver.
» Was ist los?«, fragte der Junge und köpfte sein Ei, das er schließlich mit Möchtegern-Maggi beträufelte.
» Kennst du einen Jens Martin?«
» Blöder Name. Wie eine Comicfigur«, sagte Oliver und löffelte das Ei.
» Kennst du ihn?«
» Ein Schulkamerad. Warum?«
» Im Lokalteil steht, er wurde zusammengeschlagen«, sagte Stefan tonlos. »Man fand
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