Ich bin kein Mörder: Thriller (Band 3 von 3 der "Mörder"-Trilogie)
Strauss!
Er schnaufte und sein erster Impuls war, Elvira anzurufen. Doch da die SMS von ihr kam, konnte er sich den Anruf vorerst sparen. Sie wollte nicht mit ihm telefonieren, sonst hätte sie es getan. Vermutlich hatte sie sehr viel zu tun – mit ihren Leuten, mit Wills ehemaligen Kollegen. In seinem Schädel pochte es, eine Frau hätte vermutlich von einer beginnenden Migräne gesprochen.
Stress!
Warum hatte er das freundliche Ehepaar alleine gelassen?
Warum hatte er sie nicht direkt in Gewahrsam nehmen lassen?
Er hatte sie sich selbst überlassen.
Wieder erlebte er, dass der Beruf des Polizisten oder Ermittlers nur zu oft mit einem Gefühl der Schuld einherging. Nur selten war es allen recht zu machen. Stets blieb etwas auf der Strecke, und wenn es die eigene Karriere war. Warum tat er sich das an? Er war ein Bestsellerautor, sein Konto war prall gefüllt.
Er belog sich.
Was würde er in seinem zweiten Buch berichten, das in acht Monaten fertig sein musste? Den gleichen ausgelutschten Serienkillermüll, der die Seiten zahlreicher Bücher verstopfte und über den heutzutage fast jedes Kind Bescheid wusste - oder etwas Neues, einen originellen Plot?
Dem Serienkiller auf der Spur.
Wenn aus Freunden Feinde werden.
Ein Kind in den Klauen des Killers.
Rettung in letzter Sekunde.
Das verkaufte sich. Will schämte sich. Er war sich bewusst, dass er den einen Tod starb, um zu überleben, da er seinen fadenscheinigen Ruhm vorerst nicht hergeben wollte.
Genauso wenig wie Elvira Kreidler. Sie hatte sich an ihn erinnert und ihm eine Chance geboten, die Gold wert war. Außerdem wusste sie, wie man einen erschöpften Mann mit einem Badeschwamm verwöhnte.
Will schloss die Augen. Er dachte und fühlte wie ein Halbwüchsiger, und das verrückte daran war: Er genoss es! Er fühlte sich jung, agil, an einem neuen Anfang. Konnte er sich ein Leben mit Elvira vorstellen? Durfte er das überhaupt, nachdem er vor wenigen Monaten meinte, in Janine verliebt gewesen zu sein?
Ein römischer Dichter hatte einst gesagt, es gebe hundert Gründe immer verliebt zu sein.
Na also!
Er nippte an dem Segafredo-Kaffee, ein unsägliches italienisches Gebräu, viel zu stark, aber allerorts vertreten. Was fanden die Leute daran? Es ähnelte deutschem Kaffee so wie eine Kröte einem Saurier.
Die Welt dreht sich weiter, eine lapidare, viel zu oft zitierte Wahrheit, doch ihm fiel nichts Besseres ein. Schließlich legte er drei Euro auf den Tisch und ging hinaus, ohne die Tasse geleert zu haben. Er atmete die Berliner Luft.
Er hatte Rieger gefunden und den Mord an den zwei Schülern aufgeklärt, da biss die Maus keinen Faden ab. Diesen Ruhm konnte er für sich verbuchen. Und Elvira würde sich erkenntlich zeigen, wie auch immer.
Nun waren die Profis gefragt.
Und zu denen gehörte er nicht mehr.
Obwohl ... er wäre nicht Will Prenker, wenn er es nicht wenigstens versuchte. Er brauchte eine Sondergenehmigung. Vielleicht konnte er doch etwas erreichen.
Er würde noch einmal Uwe Caffé besuchen.
41
Zur selben Stunde parkten Limousinen der Spitzenklasse vor dem Flughafen Tegel. Es handelte sich um zwei Audis.
Chauffeure sprangen heraus und rissen die Türen auf.
» Herzlich Willkommen, Mr. Chang.«
» Herzlich Willkommen in Berlin, Mr. Líu.«
Die beiden kleinen Männer in schwarzen Anzügen mit weißen Hemden und modischen Krawatten stiegen in eines der Autos. Sie legten ihre Aktenkoffer auf den Sitz und warteten. Nicht viel später traten zwei weitere Männer durch die Schwingtür. Sie waren dezent gekleidet, nicht in schwarz, sondern mausgrau, schlank geschnitten, elegant.
» Herzlich Willkommen, Monsieur Ledoux.«
» Schön dass Sie da sind, Monsieur Bonnet.«
Der erste Audi fuhr davon.
Dreißig Minuten später schoben sich zwei Frauen auf den Bürgersteig. Sie hatten jeweils einen kleinen Koffer bei sich, den der Chauffeur ihnen geflissentlich abnahm und im Kofferraum verstaute. Er verbeugte sich und begrüßte jede der Damen mit einem angedeuteten Handkuss.
» Mrs. Walker, schön, dass Sie da sind.«
» Señora Dilello, wir freuen uns auf Sie.«
Die Frauen trugen einfach geschnittene Kleidung, die Figur betonend, und wirkten wie Geschäftsfrauen auf dem Weg zu einem wichtigen Meeting.
Eine dritte Limousine fuhr erst jetzt vor, da der Flieger der folgenden Gäste später kam.
» Mijnheer van Hintjen. Willkommen in der Hauptstadt.«
» Mr. Golubew. Ich hoffe, sie hatten einen guten Flug?«
Geschäftskleidung.
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