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Ich bin kein Serienkiller

Ich bin kein Serienkiller

Titel: Ich bin kein Serienkiller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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Crowley, den Mund tief hinter dem Kragen geschützt. » Wo der Hammer ? Wo sein Klirrn ? Wo der Ofen für dein Hirn ?« Nur seine Augen waren jetzt noch sichtbar. Schwarze Abgründe, in denen sich das tanzende Feuer spiegelte. »Er schrieb zwei ähnliche Gedichte: Das Lamm und Der Tiger . Eines ist entzückend und voller Liebe, das andere ist aus Angst und Tod geschmiedet.« Crowley sah mich mit dunklen, verhangenen Augen an. »Als die Sterne aufgewacht, Himmelstränen dargebracht, sprach er: Es ist gut ! zu sich ? Der das Lamm schuf, schuf er dich ?«
    Das Feuer knisterte und knackte, unsere Schatten tanzten hinter uns an der Hauswand. Mr Crowley wandte sich wieder dem Feuer zu.
    »Es gefällt mir, dass er beide gemacht hat«, fuhr er fort. »Das gefällt mir wirklich.«
    Die Bäume jenseits des Feuers schimmerten hell, weiter hinten war alles schwarz. Die Nacht war still und dunkel, der Rauch hing wie Nebel über uns. Eine Flamme zuckte zum Dunst hinauf, beleuchtete ihn und überstrahlte einen Moment lang die Straßenlaternen und die Sterne.
    »Es ist schon spät«, sagte Mr Crowley schließlich, nachdem er sich lange Zeit nicht gerührt hatte. »Du musst jetzt nach Hause. Ich bleibe hier am Feuer sitzen, bis die Glut erlischt.«
    Ich stand auf und hob das Schüreisen, um die Glut weiter zu verteilen, doch er hielt mich mit zittriger Hand auf.
    »Lass nur«, sagte er. »Ich lösche ein Feuer nicht gern. Lass es einfach ausbrennen.«
    Darauf stellte ich das Schüreisen ab und ging zu unserem Haus hinüber. Als ich in meinem Zimmer war, blickte ich noch einmal hinaus. Er saß immer noch da und starrte ins Feuer.
    Dieser Mann hatte vor meinen Augen vier Menschen getötet und den Toten Organe entnommen, den eigenen Arm abgerissen und sich in etwas Groteskes und Nichtmenschliches verwandelt. Irgendwie hatten mich seine Worte am Feuer an diesem Abend mehr berührt als alles, was er getan hatte.
    Wieder fragte ich mich, ob er über mich Bescheid wusste, und wenn, wie lange es dann dauern würde, bis er mich ebenso zum Schweigen brächte wie Ted Rask. Auf dem Fest und auch danach war ich in Sicherheit gewesen, weil es zu viele Zeugen gab. Wäre ich in seinem Hinterhof verschwunden, nachdem fünfzig oder mehr Menschen mich dort gesehen hatten, dann wäre der Verdacht sofort auf ihn gefallen. Schließlich erkannte ich, dass mir so oder so die Hände gebunden waren. Wenn er es nicht wusste, dann musste ich mit meinem Plan weitermachen, und wenn doch, dann konnte ich sowieso nichts mehr dagegen unternehmen. Jedenfalls war klar, dass mein Plan funktionierte. Meine Briefe hatten ihn beunruhigt, vielleicht sogar sehr stark. Ich musste den Druck erhöhen und seine Angst verstärken, bis er nicht mehr aus noch ein wusste. Nur dann konnte ich ihn in Schach halten.
    Am nächsten Tag schickte ich auf einem anderen Weg eine neue Botschaft, um meine Absichten klarzumachen:
    ICH WERDE DICH TÖTEN
    * William Blake, The Tiger , deutsche Übersetzung von Georg von der Vring, Book of English Verse, Stuttgart 1967.

ZWÖLF

Brooke wachte jeden Morgen gegen sieben Uhr auf. Ihr Dad stand immer um halb sieben auf, duschte und zog sich an, um anschließend die Kinder zu wecken, während ihre Mom das Frühstück machte. Er ging in Ethans Zimmer, schaltete das Licht ein, neckte seinen Sohn, indem er ihm die Decke wegzog, manchmal sang er auch laut, und einmal warf er sogar eine Packung gefrorene Brokkoli auf das Bett, als Ethan einfach nicht aufstehen wollte. Brooke dagegen genoss gewisse Privilegien. Bei ihr klopfte ihr Dad einfach nur an und sagte ihr, sie solle aufstehen. Wenn er sie antworten hörte, ging er weiter. Sie war schließlich schon eine junge Frau und verantwortungsbewusster als ihr Bruder, und außerdem hatte sie das Recht auf eine gewisse Privatsphäre. Niemand stürmte in ihr Zimmer, niemand spähte hinein, niemand bekam sie zu sehen, wenn sie es nicht selbst wollte.
    Niemand außer mir.
    Brookes Zimmer lag im ersten Stock in der hinteren rechten Ecke. Deshalb hatte es zwei Fenster – eins an der Seite zum Haus der Petermans, dessen Vorhänge immer verschlossen blieben, und eins hinten hinaus zum Wald, das immer unverdeckt blieb. Wir wohnten am Stadtrand, und in jener Richtung gab es meilenweit keine Nachbarn. Sie dachte, niemand könne sie sehen. Ich fand sie wunderschön.
    Sie schlief in einem dicken grauen Sweatshirt, in meinen Augen eine ausgesprochen langweilige Farbe für sie. Ich beobachtete sie, als sie sich aufsetzte und

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