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Ich bin o.k. – Du bist o.k. • Wie wir uns selbst besser verstehen und unsere Einstellung zu anderen verändern können. Eine Einführung in die Transaktionsanalyse

Ich bin o.k. – Du bist o.k. • Wie wir uns selbst besser verstehen und unsere Einstellung zu anderen verändern können. Eine Einführung in die Transaktionsanalyse

Titel: Ich bin o.k. – Du bist o.k. • Wie wir uns selbst besser verstehen und unsere Einstellung zu anderen verändern können. Eine Einführung in die Transaktionsanalyse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Harris
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gar keine Rolle. Obwohl es Ausnahmen geben mag, besagt die allgemeine Regel, dass wir nicht lernen zu lieben, wenn wir nie geliebt worden sind. Wenn die ersten fünf Lebensjahre nur aus Kampf um leibliches und seelisches Überleben bestehen, dann wird dieser Kampf sehr wahrscheinlich das ganze Leben hindurch währen. Ob ein Mensch ein Eltern-Ich hat oder nicht, lässt sich unter anderem daran erkennen, ob er die Gefühle der Scham, Reue, Verlegenheit oder Schuld kennt. Diese Gefühle existieren im Kindheits-Ich und kommen zur Geltung, wenn das Eltern-Ich «das Kindheits-Ich schlägt». Wenn diese Gefühle nicht existieren, ist sehr wahrscheinlich das Eltern-Ich blockiert. Wird ein Mann verhaftet, weil er Kinder belästigt hat, und zeigt keinerlei Gefühle der Reue oder Schuld – außer dem Bedauern darüber, dass er erwischt worden ist –, so lässt sich mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, dass er kein funktionierendes Eltern-Ich hat. Das ist von prognostischer Bedeutung für die Rehabilitation. Die Behandlung eines solchen Menschen ist schwierig. Man kann nicht ein Eltern-Ich wecken, wo keines existiert. Eine Reihe entsprechender Experimente wurde mit Affen durchgeführt, die statt mit ihren wirklichen Müttern mit Attrappen aus Draht und Plüsch großwurden. Im Säuglingsalter entwickelten die kleinen Affen eine starke Zuneigung zu diesen Plüschmüttern. Im Reifealter war jedoch ihre eigene Fähigkeit zur Fortpflanzung und zur Aufzucht ihrer eigenen Jungen minimal. [30] Es fehlte ihnen die Erfahrung der Mutterschaft, von der man häufig glaubt, sie sei instinktbedingt. Mutterschaft war im Eltern-Ich nicht aufgezeichnet, also konnte auch nichts wiedergegeben werden.
    Abb. 32
    Kindheits-Ich-getrübtes Erwachsenen-Ich mit blockiertem Eltern-Ich
    Die Prognose für einen Menschen mit blockiertem Eltern-Ich ist nicht ganz so schlecht, weil er im Gegensatz zum Affen einen Computer mit zwölf Milliarden Zellen hat, der die Realität einschätzen und auch dann Antworten konstruieren kann, wenn früher keine aufgezeichnet worden sind. Ein krimineller Psychopath
kann
sein (El)-Er-K so weit verstehen, dass sein Erwachsenen-Ich bei seinen künftigen Unternehmungen den vorgezeichneten Teufelskreis aus Verbrechen, Verhaftung und Verurteilung durchbrechen kann. Auch wenn kein funktionierendes Eltern-Ich sein Erwachsenen-Ich stärkt, kann das Erwachsenen-Ich doch so gefestigt werden, dass es ihn durch ein erfolgreiches Leben führt, indem er den Respekt und vielleicht sogar die Wertschätzung anderer gewinnt. Diese Möglichkeit muss der Ausgangspunkt für Rehabilitationsbemühungen bei Strafgefangenen sein.

Das ausgeschaltete Erwachsenen-Ich
    Der Mensch mit einem blockierten Erwachsenen-Ich (Abb. 33) ist psychotisch. Sein Erwachsenen-Ich funktioniert nicht, und daher hat er keinen Kontakt mit der Realität. Sein Eltern-Ich und Kindheits-Ich äußern sich direkt, häufig in einem wirren Durcheinander archaischer Daten, einer verworrenen Wiedergabe von Früherfahrungen, die heute sinnlos sind, weil sie bereits bei ihrer Aufzeichnung keinen Sinn ergaben. Das ließ sich bei einer Anstaltspatientin beobachten, die Choräle der Zeltmission sang (Eltern-Ich) und dazwischen immer wieder Obszönitäten von sich gab, die im Zusammenhang mit Körperfunktionen standen (Kindheits-Ich). Das Ganze war bizarr, schien jedoch einen alten Konflikt zwischen Eltern-Ich und Kindheits-Ich, zwischen gut und schlecht, erlaubt und verboten, Erlösung und Verdammung wiederzugeben. Der Inhalt dieser verbalen Äußerungen enthüllte rasch sehr viel über ihr Eltern-Ich und Kindheits-Ich. Die Tatsache, dass ihr Erwachsenen-Ich nicht mehr vorhanden war, sprach für die Schwere des Konflikts. «Der Kampf ist zu schwer – ich geb’s auf.» Das bedeutet nicht, dass ihre Kapitulation irgendwie trostreich gewesen wäre. Sie war den gleichen bedrohlichen Gefühlen ausgesetzt, die sie als Kind erlebt hatte.
    Der erste Schritt bei der Behandlung eines psychotischen Patienten ist die Reduzierung dieser Angstgefühle. Für die Gesundung des Patienten ist ausschlaggebend, dass er von der ersten Begegnung mit dem Therapeuten an dessen Grundanschauung ICH BIN O.K . – DU BIST O.K . nachdrücklich zu spüren bekommt. 1963 berichtete mein Mitarbeiter Gordon Haiberg über die Wirkung dieser Einstellung auf psychotische Patienten, die er im Landeskrankenhaus von Stockton behandelte:
    Abb. 33
    Das blockierte oder außer Dienst gestellte Erwachsenen-Ich

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