Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich bin unschuldig

Ich bin unschuldig

Titel: Ich bin unschuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Durrant
Vom Netzwerk:
paar Sekunden, in denen ich nicht weiß, ob ich nicht gleich losschreie, sage ich: »Ich finde, Sie haben eine tolle Figur.«
    Perivale hat die Haustür weit aufgelassen. Warum? Passt er auf, dass ich nicht durch die Hintertür abhaue? Vielleicht ist es ihm auch egal, und dass man normalerweise die Haustür schließt, fällt nicht in seinen Aufgabenbereich. Der ungewohnte Lärm – das vibrierende Brummen des Polizeiautos, das ansteigende Knurren der ersten Flugzeuge von Heathrow – hat Millie geweckt. Als ich aus meinem Zimmer komme, sitzt sie auf der Treppe und umklammert ihr rosafarbenes Kaninchen. »Was ist los?«, fragt sie.
    Ich nehme das verschlafene Gesicht meiner Tochter in die Hände und küsse es behutsam ab. PC Morrow geht an uns vorbei. »Nichts, Mils. Nichts, worüber du dir Sorgen machen musst«, sage ich. »Ich klopfe bei Marta und bitte sie aufzustehen. Ich muss zur Arbeit. Nur zur Arbeit.«
    »Ehrlich? Ist Daddy schon weg?«
    »Ehrlich. Ich sag Marta, sie soll dir Frühstück machen.«
    »Wir müssen«, sagt PC Morrow.
    »Ich hab dich lieb, Millie«, rufe ich und versuche, nicht verzweifelt zu klingen.

    »Das kann doch nicht Ihr Ernst sein«, sage ich zu dem Mann aus dem Golf, als er die Hand an meinen Kopf legt. Ich drehe mich darunter weg, und er senkt sie wieder und schiebt mich auf die Rückbank des Wagens. Ich zittere, aber ich registriere noch, dass es auch irgendwie witzig ist, etwas, was ich Philip erzählen könnte. »Nicht zu fassen, dass Sie das gemacht haben! Die Hand auf meinen Kopf zu legen! Lernen Sie das in Hendon? Ich dachte, das machen die nur in Fernsehkrimis.« Anscheinend nicht. Anscheinend tun sie das auch im richtigen Leben.
    PC Morrow und Perivale sitzen vorn, Perivale diesmal hinterm Steuer. »Ich bin in vier Stunden auf Sendung«, sage ich. »Ich komme freiwillig mit, weil ich meine Tochter nicht noch mehr beunruhigen wollte. Ich bin eine gute, hilfsbereite Bürgerin. Sie haben da etwas falsch verstanden, eine andere Erklärung gibt es nicht. Ich habe nichts getan. Das ist doch Wahnsinn. Und, also, Sie haben meine Tochter geweckt, und sie muss zur Schule. O Gott, was wäre passiert, wenn ich niemanden hätte, der sich um sie kümmert?«
    »Dann wären Vorkehrungen getroffen worden«, sagt der Kahlgeschorene, der ein bisschen zu dicht neben mir sitzt.
    »In einer Stunde steht mein Fahrer vor der Tür.« Ich krame nach meinem Handy. »Ich rufe ihn kurz an und sage ihm, er soll mich am Polizeirevier abholen. Wir können das doch schnell klären, oder? Es muss ein Missverständnis sein. Sie brauchen mich doch sicher nicht lange? Also, kann ich meinen Mann anrufen? Er besteigt gerade ein Flugzeug.«
    Der Kahlgeschorene nimmt mir das Telefon aus der Hand und steckt es ein.
    Morrow dreht sich auf ihrem Sitz um. »Wir klären das alles für Sie. Keine Sorge. Sie müssen gar nichts tun. Wir kümmern uns um alles.«
    Das habe ich schon einmal gehört. Es ist das Mantra des Reiseberaters, von dem Philip so begeistert ist und der sich auf »handverlesenen, maßgeschneiderten Luxus« spezialisiert hat.
    Witzig, dass dieselbe Kombination von Silben in einem anderen Kontext so abschreckend klingen kann.

    Es ist eine Zelle. Wer denkt je, er würde mal eine Zelle von innen zu sehen bekommen? Ich habe eine Bank zum Draufsitzen. Eine Bank. Ganz weit oben an der Wand ein winziges Fenster. Ein winziges blaues Zelt. Außer dass es weiß ist. Der Himmel ist weiß. Irgendwo wird gebohrt. Kein Kübel. Anscheinend kann ich an die Tür klopfen, wenn ich muss. Ich bin so angespannt, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, je wieder zu müssen. Ich habe nichts bei mir. Kein Telefon. Keinen Stift. Kein Buch. Man würde denken, es gäbe Graffiti, »Dan war hier« oder »Fuck off«. Nicht mal so was zu lesen. Nichts zu tun, außer vier nackte Wände anzustarren und mir darüber Gedanken zu machen, was mit mir geschieht.
    Ich frage mich laut, ob die Polizei verrückt geworden ist. Ich bin Alice im Kaninchenloch. Ich versuche mir fröhlichere Vorgänger vorzustellen, doch es gelingt mir nicht. In der letzten Stunde hat man mich auf meine Rechte hingewiesen und mich fotografiert: klick – von vorn, klick – zur Seite drehen. Ich versuchte währenddessen nicht an die Nachdrucke zu denken. Das Foto wird für alle Ewigkeiten in sämtlichen Artikeln über mich zu sehen sein, ähnlich wie Hugh Grants Foto nach seinem Techtelmechtel mit einer Prostituierten in L. A.
    Ich habe überlegt, wie ich das Ganze

Weitere Kostenlose Bücher