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Ich bin verboten

Ich bin verboten

Titel: Ich bin verboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anouk Markovits
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gottesfürchtiger Jude ist verpflichtet, die Hawdala zu hören.«
    Mit niedergeschlagenen Augen traten die Mädchen ins Zimmer. Zalman stimmte das Gebet an, das den Sabbat von den Wochentagen trennt und das Heilige vom Profanen. Als er fertig war, herrschte Stille im Raum. Mila wollte sich in Richtung Küche aufmachen, wo sich das schmutzige Sabbatgeschirr in der Spüle stapelte.
    »Hiergeblieben!«, befahl Zalman.
    Er zog seinen Gürtel ab.
    Mila blieb wie gelähmt in der Tür stehen.
    Atara kroch unters Sofa.
    Zalman zog das Sofa von der Wand.
    Atara rutschte hinterher, um in Deckung zu bleiben.
    Das Sofa ruckte von rechts nach links, und Atara folgte den Bewegungen.
    Mit jedem Schieben und Rücken des Sofas steigerte sich Zalmans Wut.
    »Du machst es nur noch schlimmer! Komm da raus!«
    Atara hielt still. Zalman packte sie, seine Jad Chasaka ein Abbild von Gottes starker Hand. Er zog das Mädchen unterm Sofa hervor, legte sie übers Knie und zog ihr die Schlafanzughose hinunter.
    Selbst die Kleinkinder durften in Zalmans Haus nicht nackt herumkrabbeln.
    »Mein Kind verhöhnt in der Öffentlichkeit Gottes Wort?«
    Der Gürtel pfiff durch die Luft und landete auf Ataras Hinterteil. Mit zappelnden Beinen versuchte sie, dem Schlag auszuweichen, doch ihre Füße reichten nicht bis zum Boden.
    »Wer den Sabbat entweiht, wer am Sabbat Holz liest, soll von der Gemeinde gesteinigt werden!«
    Mila zuckte bei jedem Schlag zusammen.
    »Hör auf, Tatta, hör auf!«, schluchzten die Kinder.
    »Den eigenwilligen und ungehorsamen Sohn sollen die Eltern steinigen lassen.«
    Gürtel. Gürtel. Gürtel.
    »Kommt her, Kinder, hört mir zu; ich will euch die Furcht des HERRN lehren.«
    Gürtel. Gürtel. Gürtel.
    »Zalman! Reicht das nicht?«, flehte Hannah.
    »Misch dich nicht ein! Ich werde ihr den Säkularismus austreiben.« Gürtel. »Den Zionismus.« Gürtel. »Die Moderne.« Gürtel.
    Atara schrie längst nicht mehr.
    »Sprich mir nach: Nie wieder werde ihr den Sabbat entweihen, nicht den Sabbat, und auch keinen anderen Heiligen Tag des Herrn.«
    Das Mädchen hickste die vorgeschriebenen Worte.
    Zalman ließ von ihr ab.
    Sie kroch zurück unters Sofa. Zalman erhob sich und machte mit dem zusammengerollten Gürtel in der Hand einen Schritt auf Mila zu. Die Stirn war ihm vor Zorn geschwollen.
    Als er den größer werdenden Fleck auf Milas Strumpfhose und die Pfütze um ihre Füße sah, wandte er sich ab, und sein erhobener Arm sank zur Seite.
    »Du hast gegen das Gebot des Herrn verstoßen, und du hast Schande über mich gebracht. Über die ganze Familie.« Zalman war in der Tür stehen geblieben. »Jetzt werden die apikorsim, die Ungläubigen, uns mit Spott und Hohn überschütten: Dort geht der fromme Chassid, dessen Kinder den Sabbat entweihen.«
    Zalman ging. Im Studierzimmer vergrub er den Kopf in den Händen und rezitierte die Texte, die ihn in seinem Tun bestätigten.
    »Jetzt ist gut!«, sagte Hannah und putzte den Kleinen die Nasen. Sie blickte auf die Pfütze unter Milas Füßen und zögerte einen Moment. »Wisch das weg, und dann bring die Kleinen ins Bett«, sagte sie schließlich. Die Kinder klammerten sich an Hannahs Kleid. Das Baby brüllte laut. Hannah wollte sich freimachen, doch die Kinder ließen nicht los und liefen ihr zur Tür nach. Sie beugte sich über die Wiege, hob das Baby heraus und lief mit ihm im Zimmer auf und ab. Die schluchzenden Kinder folgten ihr auf Schritt und Tritt. »Ruhe jetzt!«, sagte Hannah. »Vater und ich wollen nur das Beste für dich, Mila«, rief sie ins Nebenzimmer. »Nun beruhige dich, ich brauche deine Hilfe.« Hannah beugte sich hinab und wischte wieder Nasen ab. »Ihr müsst aufeinander aufpassen und euch gegenseitig vor Sünden bewahren. Man darf das Böse nicht ermutigen … Das Baby hat Hunger, lasst mein Kleid los. Niemand wird dich bestrafen, wenn du der Versuchung zum Bösen abschwörst. Mila! Ich brauche dich jetzt sofort! Bring die Kinder ins Bett und sprich das HaMapil mit ihnen. Ich kümmere mich um Atara.«
    Die Kleinen fassten Milas Hand und folgten ihr ins Kinderschlafzimmer.
    »Sprich mit uns«, wimmerte Etti.
    »At-Atara!«, stotterte Schlomo.
    »Hörst du uns, Mila?«, fragte Etti. »Nein, sie hört uns nicht.«
    Die Hand der kleinen Etti streichelte über Milas Schulter. »Bitte, Mila. Mama hat gesagt, du sollst das HaMapil mit uns sprechen, Lass mich in Frieden schlafen und wecke mich … Mila? Mila, schau mal, Schlomo!«
    Im Gesicht des Jungen zuckte

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