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Ich bleib so scheiße, wie ich bin

Ich bleib so scheiße, wie ich bin

Titel: Ich bleib so scheiße, wie ich bin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Niazi-Shahabi
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von Verlierern und Gewinnern sprechen, zu diskutieren – mit Menschen also, die noch nie etwas von der dritten narzisstischen Kränkung der Menschheit gehört haben. Ihr Weltbild würde zusammenbrechen, wenn sie sich bewusst würden, dass man sich weitaus weniger gestalten kann, als sie es sich wünschen.
    Warum Gurus, Meister und Sektenführer auf manche so eine Macht ausüben können, liegt in der Tatsache begründet, dass Selbstverbesserung ein Ziel ist, an dem man nie ankommt. Es gibt keinen Grund, mittendrin aufzuhören und mit sich und dem Erreichten zufrieden zu sein. Was es braucht, um aus dieser Neverending Story auszusteigen, hat der Mann im Anzug von Scientology bereits in dem nacherzähltem Dialog angedeutet: Ausreden!
    Ausreden helfen, uns aus dem, was uns theoretisch richtig erscheint, aber praktisch leider nicht möglich ist, herauszuwinden. Selbst, wenn wir den prinzipiellen Glauben daran, irgendwie irgendwann doch noch einmal etwas an uns ändern zu können, nicht verloren haben, werden wir, bis wir perfekt sind, noch des Öfteren in die Situation kommen, uns für unser problematisches Verhalten rechtfertigen zu müssen.
    Es ist in solchen Fällen für beide Seiten unbefriedigend, den Ankläger auf eine unbestimmte Zukunft verweisen zu müssen. Eine Zukunft, in »der wir alles ganz anders machen werden« und in der wir uns dann als bessere Menschen begegnen, denn das Problem besteht ja hier und jetzt, und nur jetzt ist man an einer Lösung dieses Problems interessiert. (Das alles gilt übrigens auch für den Fall, dass man Ankläger und Beklagter in einer Person ist.)
Ein Hoch auf die Ausreden – ohne
Ausreden wäre man bewegungsunfähig!
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    Viel wirkungsvoller als ein Versprechen, an das schon lange keiner mehr glaubt, ist eine Erklärung, die sich logisch anhört und die beweist, dass hier höhere Mächte am Werk sind, gegen die wir nichts auszurichten vermögen.
    Wichtig bei diesen Erklärungen ist, dass sie auf den Adressaten so wirken, als würde man aufrichtige Ursachenforschung betreiben. Die Schritte, die danach kommen, werden jedoch im Ungewissen gelassen. Denn das Wesen einer Ausrede besteht darin, es bei der vorgetäuschten Ursachenforschung zu belassen, das heißt, den »Erkenntnissen« keinerlei Aktivitäten folgen zu lassen. Es kann nicht schaden, sich ein wenig naiv und dumm zu stellen, denn je mehr Mitleid unser Gegenüber mit uns hat, desto weniger wird er über die anschließende Untätigkeit verärgert sein.
SO REDEN SIE SICH PERFEKT HERAUS!
    Perfekte Ausreden lehnen sich an geläufige Selbsterkenntnisse an, wie sie bereits in den vorangehenden Kapiteln erwähnt wurden. Sie werden sehen: Dieser nachdenklichen und selbstkritischen Pose kann kaum einer ernsthaft etwas entgegensetzen. Es ist übrigens ein großer Unterschied, ob man glaubt, was man da sagt, oder ob man das Gesagte nur einsetzt, um eine Weile Ruhe vor den Leuten zu haben, die unsere Selbstverbesserung einfordern. Echte Erkenntnisse bringen einen in Zugzwang, nur Ausreden machen frei.
    Diese Ausreden funktionieren sowohl gegenüber unseren Kritikern als auch gegenüber uns selbst:
    – Ihre Umgebung erwartet von Ihnen, dass Sie sich beruflich verbessern, das heißt, einen Job suchen, den nächsten Karriereschritt in Angriff nehmen oder sich selbstständig machen:
    – »Ich weiß, dass es richtig ist, was du sagst, aber irgendetwas wehrt sich in mir, ich muss unbedingt herausfinden, was es ist, bevor ich weitermache.«
    – Sie haben eine Diät oder den Fitnessplan nicht eingehalten:
    – »Ich habe inzwischen alle Methoden ausprobiert, die es gibt, und bin gescheitert. Nun habe ich mir überlegt, es ab heute mit dem Gegenteil von Zwang und Disziplin zu versuchen, und ich will schauen, wie ich mich damit fühle.«
    – Sie haben angekündigt, Ihren Partner zu verlassen (und das nicht zum ersten Mal), und nun müssen Sie Rede und Antwort stehen, warum Sie es immer noch nicht getan haben:
    – »Mir ist aufgefallen, dass ich Situationen immer mit Gewalt ändern will. Ständig treffe ich Grundsatzentscheidungen, damit alles anders wird. Deswegen werde ich mir in nächster Zeit anschauen, was passiert, wenn ich zur Abwechslung einfach mal nichts entscheide.«
    – Sie zeigen zu wenig Ehrgeiz, sowohl im Job als auch bei Ihren privaten Angelegenheiten:
    – »Vor Kurzem ist mir bewusst geworden, dass es eine Stimme in meinem Kopf gibt, die unablässig fordert: Du musst immer und überall der/die Beste sein. Diese Stimme

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