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Ich bleib so scheiße, wie ich bin

Ich bleib so scheiße, wie ich bin

Titel: Ich bleib so scheiße, wie ich bin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Niazi-Shahabi
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ist die Stimme meines Vaters/meiner Mutter. Sie ist schuld daran, dass ich davon überzeugt bin, dass ich etwas gar nicht zu tun brauche, wenn ich es nicht sehr gut machen kann. Ich habe beschlossen, mich ab heute ernsthaft mit dieser frühkindlichen Prägung auseinanderzusetzen.«
    – Sie sollen mehr im Haushalt helfen:
    – »Komisch, meiner Mutter war Putzen immer so wichtig, wichtiger als ein Gespräch oder eine gemeinsame Unternehmung. Eigentlich weiß ich gar nicht, wie sauber ich es wirklich haben will. Ich habe mir vorgenommen, in diesem Punkt meine eigenen Maßstäbe zu entwickeln.«
    – Man wünscht sich von Ihnen mehr Zuwendung und Aufmerksamkeit:
    – Hier ist es schwierig, den anderen damit abzuspeisen, dass man monatelang oder gar jahrelang in sich hineinhorchen wolle, wie man zu Aufmerksamkeit im Allgemeinen und im Einzelnen steht, denn es ist nicht auszuschließen, dass der andere nicht die Geduld hat, das Ergebnis dieser Selbstfindung abzuwarten.
    – Meistens tut jeder in dieser Situation instinktiv das Richtige: Er weist den Anspruch mit dem Hinweis auf die anderen Vorsätze, die er in Angriff nehmen wollte, zurück.
    – »Du hast doch gesagt, ich soll mehr Bewerbungen schreiben, regelmäßig joggen gehen, mich mehr um mich selbst kümmern, mehr lesen, mehr meditieren und so weiter.«
    Achtung: Wenn Ihnen jedoch eine Person zusammen mit dem Vorwurf die fertige Analyse Ihrer Beweggründe für Ihr Fehlverhalten mitliefert, dann ist Schluss mit Ausreden: Sagt also zum Beispiel Ihr Partner zu Ihnen: »Du kümmerst dich nur nicht um einen neuen Job, weil du Angst vor dem Erfolg hast«, so sollten Sie sich darauf auf keinen Fall einlassen, sondern Klartext reden. »Nein, ich habe keine Angst vor Erfolg, ich habe keine Lust, einen neuen Job zu suchen«, lautet dann die angemessene Antwort.
    Es gibt gesellschaftlich anerkannte Ausreden, die uns tagtäglich von sogenannten Experten zur Verfügung gestellt werden. Sie entlasten uns von unserer Verantwortung für uns selbst und machen uns dadurch wieder handlungsfähig. Horoskope sind solche gesellschaftlich akzeptierten Ausreden.
    So kann zum Beispiel eine Frau, die unter dem Sternzeichen Fisch geboren ist, in einem Astrologie-Forum erfahren, dass sie eine Frau ist, die in besonderem Maße der Liebe eines Mannes bedarf: Wird die Fische-Frau nicht geliebt, ist sie traurig, steht unter Die Fische-Frau und die Liebe. Wer so etwas liest, wird, ob er will oder nicht, eine Art Erleichterung spüren. Ich kann also nichts dafür, begreift die Fische-Frau, es ist eine Bestimmung, die ich akzeptieren muss. Und mit einem Mal wird ihr klar, dass sie mit dieser »Bestimmung« eigentlich ganz gut leben kann, denn wer nicht verantwortlich für seine Gefühle ist, muss sich keine Selbstvorwürfe mehr machen: Es sind die Sterne, die sie zwingen, hinter einem Mann herzutelefonieren, den sie schon lange nicht mehr liebt, der Zeitpunkt der Geburt ist schuld daran, dass ihr nichts mehr Spaß macht, wenn sie keinen Partner hat. Und das, obwohl in ihrem zuletzt gekauften Ratgeber steht, dass sie eigene Interessen entwickeln soll, denen sie dann nachgehen kann, wenn eine Beziehung zu Ende gegangen ist.
    Anderen Sternzeichen wird zugeschrieben, dass es den jeweiligen Betroffenen zwar nicht an Einfällen mangelt, es ihnen aber schwerfällt, Dinge zu Ende zu bringen. Das nächste Sternzeichen hat Schwierigkeiten mit Verantwortung, das andere damit, sich durchzusetzen. Wieder ein anderes kann sinnlichen Versuchungen schwer widerstehen. Manch einer fühlt sich von allem angesprochen, was im gesamten Tierkreis an Selbstzweifeln, Mängeln und Schwächen aufgezählt wird. Das ist aber nicht erstaunlich, denn wir tragen natürlich die Eigenarten sämtlicher Tierkreise in uns, nur sind sie jeweils verschieden ausgeprägt, wird uns von Astrologen erklärt.
Seit 5000 Jahren suchen Menschen nach himmlischer Entlastung von der Verantwortung für sich selbst.
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    Mit Ausreden kann man sich bis an sein Lebensende durchmogeln. Ganz gleich, ob man sie nur für sich selbst braucht oder ob man sie ersinnt, um vor seinen Mitmenschen Ruhe zu haben.
    Mystische Ausreden, wie sie die Astrologie bietet, sind zur Lebensbewältigung am besten geeignet, weil sie einem nahelegen, sich mit seinen unabänderlichen Persönlichkeitseigenschaften zu arrangieren. Auch die psychologischen Erklärungen der eigenen Schwächen haben eine ähnliche Funktion, doch da sie den Nimbus der Wissenschaftlichkeit haben,

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