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Ich bleib so scheiße, wie ich bin

Ich bleib so scheiße, wie ich bin

Titel: Ich bleib so scheiße, wie ich bin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Niazi-Shahabi
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Das ist verrückt.
DAS WÜRDE ICH MIR AN DEINER STELLE
NICHT GEFALLEN LASSEN
    Ein beliebtes Gesellschaftsspiel geht so: Freunde und Bekannte fordern einen auf, das Verhalten des Partners auf das eigene Selbstwertgefühl zu beziehen. »Ich an deiner Stelle würde mir so ein Verhalten nicht bieten lassen«, sagen die Freunde, »warum machst du das, das hast du doch nicht nötig?«
    Sogar äußere Umstände wie Wohnort und Arbeitsplatz des Partners sollen in einem geheimnisvollen Zusammenhang mit den eigenen psychischen Defiziten stehen: »Dein neuer Partner wohnt 500 Kilometer von dir entfernt – du hast wohl Angst vor Nähe.«
    Jeder ist davon überzeugt, dass er für eine Beziehung weniger Kompromisse eingeht als seine Mitmenschen, und zieht daraus sein Überlegenheitsgefühl: Das Chaos, das die anderen veranstalten, würde man ja nie mitmachen. So viel Selbstachtung würde man sich bewahren, viel eher würde man Grenzen und Schlussstriche ziehen und so weiter. So verachtet einer den anderen für seine Schwächen.
    Diesem Gesellschaftsspiel sollte man, wo es möglich ist, aus dem Weg gehen, denn man kann es nicht gewinnen. Große Wachsamkeit ist also geboten, wenn man Sätze wie diese hört:
    – Dein Partner schläft noch mit anderen Männern oder Frauen? – Das würde ich mir nie bieten lassen!
    – Mit einem Partner zusammen zu sein, der keinen Ehrgeiz hat? – Das wäre nichts für mich, dass du dich damit zufrieden gibst, wundert mich.
    – Dein Partner ist Workaholic und ist kaum zu Hause? – Da habe ich aber ganz andere Ansprüche an eine Beziehung als du.
    – Ihr habt zwei Kinder, und dein Partner hilft nicht im Haushalt? – Das könnte sich mein Partner bei mir nie erlauben.
    – Dein Partner wohnt in einer anderen Stadt und will seinen Job nicht für dich aufgeben? – Ich wusste gar nicht, dass du auf Fernbeziehungen stehst.
    Verwunderlich ist dabei, dass die Kritiker meist selbst in furchtbaren Beziehungen stecken. Der Freund der Freundin, die nie mit einem Mann zusammen wäre, der nicht im Haushalt hilft, muss regelmäßig aus Entzugskliniken abgeholt werden. Der Mann, der seiner Freundin nie erlauben würde, mit anderen Männern zu schlafen, schläft nicht einmal selbst mit ihr. Aber die Kritiker können nichts dafür. Das hat sich in ihren Beziehungen alles so ergeben. Ein Zufall, der nichts mit ihnen oder ihrem Handeln zu tun hat. Aber die anderen sollten sich wirklich mal Gedanken machen, warum sie immer und immer wieder an so schreckliche Partner geraten.
    Sagt die Tatsache, dass viele Menschen in ihren Beziehungen nicht wirklich glücklich sind, nicht mehr über unsere Gesellschaft und die Unerfüllbarkeit menschlicher Bedürfnisse und Wünsche an sich aus als über die psychischen Probleme einzelner Personen?
    Aber nehmen wir doch spaßeshalber einmal an, es gelänge der ein oder anderen hart an sich arbeitenden Person, sich von diesen angeblich vorhandenen alten Mustern und Zwängen zu befreien – wo sollen dann plötzlich all die wunderbaren Männer herkommen, mit denen die »echte Liebe« möglich ist? Wo halten sie sich auf, beziehungsweise wie tarnen sie sich, solange wir Frauen noch »neurotisch« sind. Mit wem sind sie zusammen, während circa achtzig Prozent aller Frauen an sich arbeiten, um ihrer würdig zu sein?
    Wäre es nicht logischer anzunehmen, dass sowohl Frauen als auch Männer ziemlich oft an schwierige und lieblose Menschen geraten, weil die meisten Menschen schwierig und lieblos sind? Und muss man nicht davon ausgehen, dass man als befreiter Mensch unter lauter Unfreien noch einsamer wäre, als man es sowieso schon ist?
    Die Frage »Warum musste ausgerechnet ich wieder an so einen geraten?« hilft jedenfalls nicht weiter, sondern schafft vielmehr neue Probleme, wo vorher keine waren.
    Warum machen Menschen so etwas? Man kreiert aus einem allgegenwärtigen Phänomen ein persönliches Problem, um den Wahn aufrechtzuerhalten, durch die Arbeit an sich selbst könne man die Liebe in sein Leben holen. Werner Katzengruber, Autor mehrerer Sachbücher rund um die Themen Psychologie, Führung, Verkauf und Erfolg, der in den Achtzigerjahren Psychologie mit dem Schwerpunkt Verhaltens- und Kommunikationspsychologie in den USA und der Schweiz studiert hat, meint: »Es gibt richtige Trends, was die Erforschung dessen, was einer glücklichen Beziehung im Wege steht, betrifft. Nehmen wir ein typisches Beispiel: Eine Frau hat eine Beziehung und fühlt sich nicht geliebt. Dann beginnt

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