Ich bleib so scheiße, wie ich bin

anklagen, sondern verstehen: Haben Sie sich falsch verhalten? Haben Sie Ihren Liebsten verletzt – ohne es zu wollen?
    Wenn Sie mit ihm sprechen, um die Situation zu analysieren, dann natürlich nicht, um ihn zu überreden, wieder mit Ihnen zusammen zu sein – nein, Sie wollen aus der Situation lernen, um dieselbe Situation nicht noch einmal mit einem anderen Mann zu durchleben.
    Sie haben eben das unerhörte Glück, zu den Menschen zu gehören, die überall und stets das Positive sehen. Und so, wie Sie Ihr Privatleben meistern, so meistern Sie auch Ihren Beruf. Werden Sie beispielsweise von Ihrem Chef oder Ihrem Kunden kritisiert, hören Sie sich diese Kritik mit echtem Interesse an und ziehen nüchtern Ihre Lehren daraus. Es könnte doch sein, dass es Ihrer Arbeit an Originalität gefehlt hat oder Sie etwas übersehen haben.
    Durch diese selbstkritische und optimistische Lebenseinstellung ist es nur eine Frage der Zeit, dass Sie den Mann Ihres Lebens treffen, der Sie auf Händen trägt. Sie haben es verdient.
    Dass trotz unserer Bemühungen selten eintritt, wonach wir uns sehnen, macht uns natürlich unzufrieden. Aber Vorsicht: Wer unzufrieden ist, findet erst recht niemanden! Schnell muss nach Mitteln und Wegen gesucht werden, diese beziehungsverhindernde Frustration in uns auszumerzen. Wobei man natürlich nicht zugeben darf, dass es eben die fehlende oder unerfreuliche Beziehung ist, die einen so unzufrieden macht, denn wer sein Glück von anderen Menschen abhängig macht, ist unattraktiv.
    Es ist doch in jeder Frauenzeitschrift zu lesen: Wer eine glückliche Beziehung führen will, muss zuerst lernen, allein glücklich zu sein. Da aber jemand, der sich nach einer Beziehung sehnt, gerade nicht allein glücklich ist, ist diese Aufgabe nicht lösbar. Sie ist nichts weiter als eine paradoxe Prüfung, die einem, wenn man sie annimmt, einen Haufen Schuld- und Minderwertigkeitsgefühle einbrockt, aber keinen Partner.
Niemand sollte so leichtsinnig sein, zuzugeben, dass es die Liebe ist, nach der er sich wie verrückt sehnt.
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    Die Umwelt verlangt, dass wir unabhängig sind. Dass wir uns selbst glücklich machen – und wenn wir es nicht sind, müssen wir eben an unseren Gefühlen arbeiten.
    Deswegen sollten wir darüber nachdenken, ob es »in Wirklichkeit« der unbefriedigende Job ist, der schuld an der eigenen Unzufriedenheit hat oder die »lausig betriebene Selbstoptimierung«, die Eva Illouz erwähnt. Auf jeden Fall wird die Angelegenheit immer wirrer, und die Hindernisse, welche wir auf dem Weg zur »echten Liebe« zu überwinden haben, werden immer zahlreicher und größer.
    Dabei sind die Dinge doch ganz einfach: Alle Menschen wollen geliebt und angenommen werden – und zwar hier und jetzt, bedingungslos, sofort und für immer. Nur können wir, und das wissen wir alle im Grunde unseres Herzens ebenfalls, das, was wir uns so sehr wünschen, von den Menschen um uns herum nicht bekommen. Und weil wir diese schlichte Wahrheit nicht ertragen, verkomplizieren wir die Zusammenhänge.
DIE IDEALE ROMANTIK –
EIN WIDERSPRUCH IN SICH
    Viele Menschen sehnen sich nach der romantischen Liebe. Aber sie wissen gar nicht, was Romantik ist. Sich die Liebe durch Arbeit an sich selbst verdienen zu wollen, ist jedenfalls eine durch und durch unromantische Idee. Romantik verweigert sich jeder Norm, sie ist der Triumph des unvollkommenen Individuums gegenüber der Allgemeinheit. Romantische Liebe ist ungeplant und kommt immer ungelegen. Sie durchkreuzt Lebens- und Karrierepläne. Richtig romantisch wird es, wenn durch die Liebe zweier Menschen die Konventionen der Gesellschaft erschüttert werden und die Liebenden sogar dann zueinander stehen, wenn sie damit riskieren, aus der Gesellschaft ausgestoßen zu werden. Diese harte Prüfung wählen sie übrigens nicht selbst, sie werden von ihr erwählt. Die Liebe »trifft sie wie aus heiterem Himmel«, sie suchen nicht nach ihr im Internet oder auf einer Single-Party.
    Und keine romantische Liebe hält vernünftigen Überlegungen stand. Sie gefährdet nämlich alles, was man sich bis dahin an gesellschaftlichen Positionen und Annehmlichkeiten erarbeitet hat, weil sie einem vor Augen führt, wie wenig wert solche Äußerlichkeiten doch sind. Für diese Liebe ist man bereit, alle Privilegien aufzugeben, die man besitzt – bis hin zu seinem Leben.
    So wie bei Romeo und Julia, den Protagonisten der berühmtesten Liebesgeschichte der Welt.
    Doch die moderne Geschichte von Romeo und Julia