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Ich blogg dich weg!

Ich blogg dich weg!

Titel: Ich blogg dich weg! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agnes Hammer
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Pinnwände, Alben und Chroniken nach einem Hinweis auf Stüpp7. Ich machte das nicht zum ersten Mal, aber ich fand auch diesmal nichts. Ich wechselte auf eine Plattform, die wir früher alle benutzt hatten. Aber auch da war kein Hinweis, nichts. Ich googelte „Stüpp“, obwohl ich mir davon nichts versprach. Wahrscheinlich gab es das Wort nur als Nachnamen von irgendwelchen Leuten, die ich sowieso nicht kannte. So hörte es sich jedenfalls an.
    Google bot mir als Erstes einen Wikipedia-Eintrag an. Das war ja interessant.
    Ich klickte die Seite an. Der Stüpp wurde als eine Art Werwolf beschrieben. So kam er jedenfalls in Sagen und Legenden westlich des Rheins vor. Der Stüpp greift allerdings nicht von Angesicht zu Angesicht an, sondern er krallt sich am Rücken eines Menschen fest und lässt sich von ihm tragen. Von Schritt zu Schritt wird der Stüpp schwerer und der Mensch, auf dem er hockt, hat Todesangst, schleppt ihn und schleppt ihn, bis er völlig erschöpft zusammenbricht. Er verliert den Verstand und stirbt bald darauf.
    Nervös rieb ich meine Oberarme.
    Ich las den Wikipedia-Artikel mehrmals, dann öffnete ich wieder die Mail. „Hast du Angst?“, stand da natürlich immer noch.
    Ich fuhr den Computer herunter und setzte mich zu meinem Vater ins Wohnzimmer. Er hatte inzwischen seine Akten geschlossen und schaute sich einen Krimi an.
    „Was gibt’s Neues?“, fragte er. Sein Gesicht war so alt. Vielleicht lag das aber auch am bläulichen Fernseherlicht.
    „Ach, eigentlich nichts“, erwiderte ich. Ich konnte ihm unmöglich vom Stüpp erzählen.
    Und eigentlich reichte es mir schon, neben meinem Vater zu sitzen und dem etwas knittrigen Ermittler auf dem Bildschirm bei der Arbeit zuzusehen, um diese Stüpp-Geschichte unwirklich, geradezu lächerlich erscheinen zu lassen.
    Der Ermittler nahm gerade den Hauptverdächtigen in die Mangel.
    „Der war’s nicht“, kommentierte mein Vater. „Der deckt nur den richtigen Mörder.“
    Das fiel dem Ermittler jetzt auch auf, und – schlau, wie er war – schloss er auch gleich auf den Mörder. Wenig später lieferten sich die beiden eine Verfolgungsjagd über die Dächer einiger Industriebauten. Dabei stolperte der wahre Mörder, und so wurde er gefasst. Handschellen klickten.
    „So“, sagte mein Vater und streckte sich. „Ich muss ins Bett.“ Er schaltete den Fernseher ab.
    Ich ging auch schlafen. Die Herbstnächte wurden inzwischen kühl und ich kuschelte mich an mein Kissen. Draußen war es sehr still, keine Grille war zu hören und auf der Hauptstraße fuhr auch kein Auto mehr. Ich machte die Augen zu, dachte an den nächsten Tag in der Schule, an Noah, den ich vermisste, und merkte, wie ich langsam schläfrig wurde.
    Ich war am Waldsee, mitten in der Nacht. Es herrschte stürmisches Wetter wie im Herbst und die hohen Stämme der Buchen rauschten und knarzten im Wind. Ein Ast brach ab und schlug neben mir in den Boden.
    Irgendwo dort oben war etwas Bedrohliches, wartete auf mich, und ich konnte es nicht erkennen. Es war wie ein Schatten, der von Ast zu Ast sprang, sich in dem dichten Blätterwerk vor mir verbarg und mich beobachtete. Ich sah blitzende böse Augen, die mich anstarrten, aber als ich genauer hinsah, war es nur der Himmel zwischen dem Laub. Dann meinte ich, eine haarige Fratze zu erkennen, die hinter einem mächtigen Baumstamm lauerte, doch als ich mich näher wagte, war es nur Moos. Aber ich wusste, dass da etwas war, etwas Böses, das es auf mich abgesehen hatte.
    Ich lief, versuchte, nach Hause zu kommen, aber die hohen Bäume waren wie verhext, sie wurden dunkler und rückten enger zusammen. Eben noch hatte ich genau gewusst, wo ich war. Aber jetzt lief ich zwischen den Bäumen hin und her und konnte den Weg nicht finden. Etwas Dunkles fiel aus den Bäumen und streifte meinen Rücken. Ich schrie, versuchte, es abzuschütteln, aber es krallte sich an meiner Schulter fest. Ich wollte mich befreien, aber ich konnte die schwarzen Krallen, spitz und schmerzhaft wie große Dornen, nicht loswerden.
    Da wachte ich auf. Das Fenster stand weit offen und der Vorhang bewegte sich in der kalten Nachtluft. Ich zog die Bettdecke über meine nackte Schulter.
    Es war nur ein Traum, flüsterte ich in die Dunkelheit meines Zimmers hinein, nur ein Traum.
    LISA
    Für fünfzig Kilometer brauchte ich fast zwei Stunden. Das lag daran, dass ich dreimal umsteigen musste. Die Busse rochen alt und hatten natürlich keine Klimaanlage, die Rückseiten der Sitze

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