Ich brauche dein Lachen
Das bin ich gewohnt.“
Er war so sprunghaft. So schrecklich sprunghaft in seinem Verhalten. Und bis jetzt hatte sie das noch nicht einmal bemerkt. Bei ihrer ersten eigentlichen Begegnung im Krankenhaus war er ihr so beherrscht und zurückhaltend erschienen. Einen völlig anderen Eindruck hatte er gemacht, als er sie bei ihrem Fluchtversuch aus der Lombardi-Klinik ertappt hatte und darauf wütend und einschüchternd reagierte. Seitdem hatte sein Temperament zwischen feurighitzig und träge-gelassen variiert. Innerhalb von Sekunden konnte er von einer Stimmung in die andere überwechseln. Er faszinierte sie.
„Du könntest dich irgendwann bis über beide Ohren in eine andere Frau verlieben“, hörte sie sich sagen, und sie hatte sich dazu überwinden müssen. „Das soll wohl ein Witz sein“, erwiderte Rio mit eisiger Stimme.
Er war sich seiner so sicher, so sicher, alles zu wissen. Wenn sie an die schlimmen Sorgen dachte, die ihr der Überlebenskampf gemacht hatte, fühlte sie sich durch sein grenzenloses Vertrauen beruhigt und in Sicherheit.
„Ich sollte nicht Ja sagen“, brachte Holly zögernd hervor.
„Aber du wirst es tun.“ Rio beugte sich zu ihr hinunter, umschloss ihre Hände und zog Holly zu sich hoch. Das Lächeln, das plötzlich über sein Gesicht huschte, als er sie verlegen erröten sah, jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Sein vertrauter Geruch erregte sie. Allein seine Nähe ließ sie förmlich dahinschmelzen. Und sie merkte, dass es ihm gefiel. Sehr sogar.
Er gab ihr einen flüchtigen Kuss, wie er für ihn typisch war: herausfordernd, intim, äußerst erotisch. Dann löste er sich von ihr, als sie sich verzweifelt an ihn klammerte und sich mit ihrem ganzen Körper nach der Hitze seiner Leidenschaft sehnte.
„Wir werden ganz uncool sein und bis zu unserer Hochzeitsnacht warten“, erklärte Rio leise, rau und grenzenlos sicher.
Und zum ersten Mal merkte Holly, dass sie sich wie eine Süchtige nach ihm sehnen und gleichzeitig den Wunsch verspüren konnte, ihn anzuschreien.
6. KAPITEL
Drei Tage später stieg Holly in die Limousine, die sie zur Trauungszeremonie bringen sollte.
Ezio Farretti strahlte die Braut voller Bewunderung an. Holly jedoch fühlte sich seltsam allein, so ganz ohne Freunde und Familie, ohne das ganze persönliche Drumherum, das in ihrer naiven Vorstellung untrennbar mit einem solchen Ereignis verbunden war.
Sie hatte daran gedacht, ihre Eltern anzurufen und ihnen zu erzählen, dass sie heiraten würde. Dann ließ sie es jedoch bleiben, denn ihr war eingefallen, dass ihre Eltern natürlich alles über ihre Beziehung zu Rio wissen wollten. Und wie, um alles in der Welt, konnte sie zugeben, dass sie einen Mann heiratete, den sie noch nicht einmal eine Woche kannte? Sie musste also warten bis nach der Hochzeit, bevor sie mit ihren Eltern sprach.
Drei volle Tage hatte sie kaum etwas anderes getan, als einzukaufen. Zunächst ihr Hochzeitskleid, dann Kleidung für sie und Timothy, die für wärmeres Klima geeignet war. Rios letzte Anweisung hatte sie geradezu in Panik versetzt. Er plante eine Reise ins Ausland, und sie hatte ihm gestehen müssen, dass weder ihr Sohn noch sie einen Pass besaßen. Zum Glück war dieses Problem rasch aus der Welt geschafft worden.
Jetzt richtete Holly den Rock ihres Kleides neu, sorgfältig darauf bedacht, den zarten Stoff nicht zu zerknittern.
Schließlich wollte sie für Rio so schön sein wie nur möglich. In das elfenbein- und goldfarbene Hochzeitskleid hatte sie sich auf den ersten Blick verliebt. Rio hatte ihr geraten, etwas Traditionelles zu wählen, und ein Kleid, das sehr stark an eine mittelalterliche Braut erinnerte, sei nicht das Passende, hatte er gemeint.
Der langärmelige, V-förmige Seidenbody war mit erlesenen Goldstickereien besetzt und schmiegte sich eng an ihre schmale Taille. Der Rock war lang und elegant. Ein sagenhaft schönes Diadem, mit Saphiren und Diamanten besetzt, zierte ihre braune Lockenpracht. Dazu passend trug sie eine ebenso beeindruckende Halskette und tropfenförmige Ohrringe. Dieser Schmuck befand sich im Familienbesitz der Lombardi, und man hatte ihn per Spezialkurier aus der Toskana geschickt. Rio hatte darauf bestanden, dass sie diese Preziosen zur Hochzeit trug. Aus Angst, die kostbaren Ohrringe zu verlieren, griff sie alle paar Minuten danach, um sich zu vergewissern, dass sie noch da waren.
Tatsächlich war sie mit den Nerven ziemlich am Ende. Rio war im Ausland gewesen, und in den
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