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Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Titel: Ich. Darf. Nicht. Schlafen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. J. Watson
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jemandem darbieten, wenn ich ihn selbst nicht wiedererkenne?
    Ich schließe die Badezimmertür ab, spreize dann die Beine. Zuerst ein wenig, dann mehr. Ich hebe meine Bluse an und schaue nach unten. Ich sehe die Schwangerschaftsstreifen, die ich an dem Tag bemerkt habe, als ich mich an Adam erinnerte, das krause Schamhaar. Ich frage mich, ob ich es je rasiere, ob ich es nicht tue, weil es mir oder meinem Mann so besser gefällt. Vielleicht spielen solche Dinge keine Rolle mehr. Jetzt.
    Ich lege eine Hand flach auf den Venushügel. Meine Finger liegen auf den Schamlippen, teilen sie ein wenig. Ich berühre die Spitze von dem, was die Klitoris sein muss, und drücke leicht, bewege dabei sacht die Finger. Schon spüre ich ein leichtes Prickeln. Eher die Verheißung von Erregung als Erregung selbst.
    Ich frage mich, was passieren wird, später.
     
    Die Reisetaschen sind im Gästezimmer, da, wo er gesagt hat. Beide sind strapazierfähig, stabil, die eine größer als die andere. Ich nehme sie mit in das Schlafzimmer, in dem ich heute Morgen aufgewacht bin, und stelle sie aufs Bett. Ich öffne die oberste Schublade und sehe meine Unterwäsche, neben seiner.
    Ich wähle Wäsche für uns aus, Socken für ihn, Strümpfe für mich. Ich erinnere mich an meinen Tagebucheintrag über die Nacht, in der wir Sex hatten, und mir wird klar, dass ich Seidenstrümpfe und Hüfthalter haben muss, irgendwo. Ich denke, dass es schön wäre, sie jetzt zu finden, sie mitzunehmen. Es könnte gut für uns beide sein.
    Ich gehe zum Kleiderschrank. Ich suche ein Kleid aus, einen Rock. Eine Stoffhose, eine Jeans. Ich bemerke den Schuhkarton auf dem Schrankboden – der, in dem ich immer das Tagebuch versteckt haben muss –, jetzt leer. Ich frage mich, was für eine Art Paar wir sind, wenn wir in Urlaub fahren. Ob wir abends in Restaurants gehen oder lieber in gemütlichen Kneipen sitzen und in der wohligen Wärme eines Kaminfeuers entspannen. Ich frage mich, ob wir viel zu Fuß unternehmen, die Stadt und ihre Umgebung erkunden oder mit dem Taxi zu irgendwelchen sorgfältig ausgesuchten Veranstaltungen fahren. Das sind die Dinge, die ich nicht weiß, noch nicht. Und ich habe den Rest meines Lebens Zeit, diese Dinge herauszufinden, zu genießen.
    Ich nehme fast wahllos einige Sachen für uns beide aus dem Schrank, falte sie zusammen und packe sie in die Reisetaschen. Plötzlich spüre ich innerlich einen Ruck, einen Energiestoß, und ich schließe die Augen. Ich habe eine Vision, hell, aber flirrend. Sie ist zunächst undeutlich, als schwebe sie außer Reichweite, verschwommen, und ich versuche, mich innerlich zu öffnen, sie kommen zu lassen.
    Ich sehe mich selbst vor einem Koffer stehen, einem Koffer aus weichem, abgegriffenem Leder. Ich bin aufgeregt. Ich fühle mich wieder jung, wie als Kind vor der Fahrt in die Ferien oder wie als junge Frau, wenn ich mich für ein Date hübsch machte, mich fragte, wie es laufen wird, ob er mich zu sich nach Hause einladen wird, ob wir miteinander ins Bett gehen werden. Ich spüre das Neue, die Vorfreude, kann sie schmecken. Ich lasse sie mir auf der Zunge zergehen, koste sie genüsslich aus, weil ich weiß, dass sie nicht von Dauer sein wird. Ich öffne der Reihe nach meine Schubladen, wähle Blusen aus, Netzstrümpfe, Unterwäsche. Aufregende sexy Unterwäsche. Unterwäsche, die nur mit der Erwartung getragen wird, wieder ausgezogen zu werden. Ich packe ein Paar Stilettos ein, zusätzlich zu den flachen Schuhen, die ich anhabe, nehme sie heraus, packe sie wieder ein. Sie gefallen mir nicht, aber heute Abend geht es um Phantasie, ums Schickmachen, darum, anders zu sein, als wir sind. Erst dann widme ich mich den praktischen Dingen. Ich nehme einen wattierten Kulturbeutel aus knallrotem Leder und packe Parfüm, Duschgel, Zahnpasta ein. Ich möchte heute Abend schön aussehen, für den Mann, den ich liebe, für den Mann, den ich um ein Haar verloren hätte. Ich tue auch noch Badesalz hinein. Orangenblüte. Mir wird klar, dass ich mich an den Abend erinnere, an dem ich meine Sachen packte, um nach Brighton zu fahren.
    Die Erinnerung verfliegt. Meine Augen öffnen sich. Damals konnte ich nicht wissen, dass ich für den Mann packte, der mir alles nehmen würde.
    Ich packe weiter für den Mann, den ich noch habe.
     
    Ich höre einen Wagen vorfahren. Der Motor geht aus. Eine Tür öffnet und schließt sich. Ein Schlüssel im Schloss. Ben. Er ist da.
    Ich bin nervös. Ängstlich. Ich bin nicht derselbe Mensch,

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