Ich. Die Autobiographie
das mich gar nicht amüsierte. Völlig erschöpft von etlichen brasilianischen Cocktails und der tropischen Hitze, fuhren wir gegen 15 Uhr zurück in Florindas Villa zum Mittagessen. Marina nahm mich im Haus zur Seite, um mir sanft und sehr vorsichtig mitzuteilen, dass Luchino in der Nacht, noch während meines Fluges von Rom nach Rio, gestorben sei.
Ich bekam einen vollkommenen Blackout. Was mir heute noch leid tut, denn ich prügelte Marina grün und blau. Niemand konnte mich bremsen. Die ungeheuerliche Mitteilung lag außerhalb meines Begreifens. Und wer so etwas behauptete, log. Florinda und Marina halfen mir, so gut es ging. Wieder bei Sinnen, packte ich sofort meine Koffer und ließ mich in irrsinniger Geschwindigkeit zum Flughafen bringen. Ich war wie betäubt. Als ich am Flughafen mein First-class-Ticket bei der Alitalia bezahlen wollte, lehnte die italienische Fluggesellschaft aus Respekt vor Maestro Luchino Visconti mein Geld ab. Sie luden mich zu dem Flug ein. Eine ungewöhnliche Geste, zu der nur Italiener fähig sind.
Luchino war nicht nur ein Nationalheld, er blickte seinen Landsleuten in seinen Filmen gleichsam ins Herz, verfilmte schlicht die Seele der Italiener. Ein Genie, basta!
Ich kam in Rom an, und es war die Hölle. Die Visconti-Familie bot mir an, mich noch von ihm zu verabschieden. Das habe ich nicht geschafft. Unmöglich! Die nächsten Tage war ich wie paralysiert. Einfach nicht mehr da. Ich versuchte täglich, meinen Luchino am Telefon zu erreichen. Ich weiß nicht, was ich mir schon in den ersten Tagen nach Luchinos Tod angetan hätte, wenn ich meine Hausdame Maria nicht gehabt hätte. Sie schlief neben mir, ließ mich keine Sekunde aus den Augen. Für die nächsten Monate ging ich nicht mehr aus dem Haus.
Es gab ein Staatsbegräbnis. Alle waren da: die Regierung, die Kollegen mit Fellini, de Sica, Claudia Cardinale, Alain Delon, alle, alle, alle. Und alle trugen dunkle Sonnenbrillen. Nur ich nicht. Ich wollte, dass man mir ins Gesicht sieht. Ichwollte blank und bloß von meinem Luchino Abschied nehmen. Es gab nichts zu verstecken. Keine Träne rollte mir aus den Augen. Wahrscheinlich war ich in Trance. Während der ganzen Zeremonie beschäftigte mich ausschließlich ein Problem: dass mein riesiges Herz aus Gardenien für Luchino von der Familie Visconti nicht weggeschoben wird. Darauf starrte ich angestrengt. Alles andere war für mich gänzlich unwirklich. Ich trat in einem Film auf, ohne Ton, ohne Seele, ohne Luchino. Ich war allein. Gott, ich glaube, ich habe es verdient.
Nein!
»Gewalt und Leidenschaft« mit Burt Lancaster 1974.
Die große Tragik meines Lebens: Mit 32 Jahren Witwe
Ein Jahr später, an Luchinos erstem Todestag, dem 17. März 1977, wollte ich ihm in den Tod folgen. Ich glaubte und hoffte, ihn zu treffen in seiner neuen Welt. Was sollte ich ohne ihn hier auf Erden?
Meine Vorbereitungen waren perfekt. Ich sammelte sämtliche Tabletten, die ich kriegen konnte. Heimlich natürlich, denn Freunde und Maria beobachteten mich. Als ich genug Gift zusammenhatte, fühlte ich mich richtig glücklich, die Welt endlich verlassen zu können. Der Zufall rettete mein Leben. Maria, die sonst immer erst nachmittags zum Dienst kam, erschien an diesem Tag schon morgens. Sie fand mich. Ich weiß nicht, ob das eine gute Fügung war oder nicht. Ich weiß es bis heute nicht. Scusi! Meine Gefühle springen von ja auf nein, wie ein Jo-Jo, das sich nicht entscheiden darf.
Einen Tag später wachte ich im Krankenhaus auf. Ich riss mir die Schläuche aus dem Leib, wollte so schnell wie möglich raus. Die Depression war mit dem Erwachen vorbei. So bin ich. Heiß oder kalt. Es hatte nicht geklappt, also auf einen neuen Versuch mit dem Leben.
Interessant war, warum mich die vielen Tabletten nicht getötet hatten. Ein Professor klärte mich auf: Es waren einfach zu viele Schlaftabletten. Eine Dosis von zwölf reicht durchaus, eine Dosis von 18 wird im bewusstlosen Zustand wieder ausgespuckt. Ich hatte zu viele geschluckt. Nichts wie weg aus dem staatlichen Krankenhaus. Sofort in eine Privatklinik.
Ursula Andress und Marisa Mell kümmerten sich zauberhaft um mich. Sie halfen mir, den Belästigungen der Paparazzi auszuweichen. Meine liebe Romy war so sehr besorgt. Sie rief jeden Tag an, wollte auch gleich an mein Krankenbett kommen. Einige Telefonate meiner liebsten Freundin wurden mir allerdings gar nicht erst durchgestellt, was ich später herausgefunden habe. Marisa hatte
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