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Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition)

Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition)

Titel: Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Martin
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alle längst vergessen. Was für unbescholtene Reisende gerade mal angenehm ist, bietet Kriminellen einen höchst willkommenen Vorteil.
     
    Vielen Menschen aus ärmeren Regionen gilt Europa als das Paradies. Einige erwarten ein Reich, in dem Milch und Honig fließen. Andere einfach eines, in dem es genug zu essen für alle gibt, in dem Friede herrscht und in dem man sich ohne Angst niederlassen kann. Schleuser leben sehr gut von dieser Hoffnung. Und sie sorgen dafür, dass der Rubel rollt, auch, indem sie falsche Vorstellungen fleißig schüren.
    Hinzu kommt, dass viele der illegal Eingereisten die Zuhausegebliebenen belügen. Zu groß wären Scham und Schande einzugestehen, auch im reichen Europa in bitterer Armut zu leben. Vor allem, wenn die ganze Verwandtschaft ihr Geld zusammengekratzt hat, um dem einen, dem Auserwählten unter ihnen, die teure Reise zu ermöglichen. Wenn er erst mal Fuß gefasst hat irgendwo in
Europa, wird er die Familie daheim unterstützen, die so stolz auf ihn ist, der ihre ganze Hoffnung trägt!
     
    Der Katalog der Schleuser bietet die Wahl zwischen Standard und Luxus – rund 10 000 Euro kann eine sogenannte Garantieschleusung kosten: Der Versuch, den Zielort zu erreichen, wird so oft unternommen, bis es funktioniert hat. Aber ankommen heißt noch lange nicht Glück haben. Häufig fängt das Elend hier erst an: Rauschgifttransporte, Zigarettenschmuggel, organisiertes Betteln, Prostitution. Aus den Geschleusten werden so etwas wie Sklaven  – und es gibt kein Gesetz, das ihnen helfen könnte, da sie ja gar nicht hier sind – legal.

Informationsbeschaffung: das Netz enger ziehen
    In den nächsten Tagen tröpfelten weitere Informationen über Sarai & Co. ein. Viele ähnelten sich. Stück für Stück setzten Sabine und ich das Puzzle zusammen. Längst war die Fahrtroute der Busse bekannt: Türkei, Bulgarien, Serbien, Kroatien, Österreich, Deutschland.
    »Habt ihr die Busse schon einmal kontrollieren lassen?«, wollte Philipp wissen, der wieder einmal zufällig bei uns vorbeischaute. Schon länger hegte ich den Verdacht, dass seine häufigen Besuche in letzter Zeit weniger dem Fall, dafür mehr Sabine galten. Dafür hatte ich vollstes Verständnis.
    Sabine schüttelte den Kopf. »Bisher hatten wir noch zu wenige Fakten, um das durchzukriegen.«
    »Nicht mehr lange«, prophezeite ich.
     
    Auch wenn Kino und Fernsehen den Eindruck erwecken – es ist nicht richtig, dass in Deutschland jeder nach Lust und Laune alles und jeden einfach so kontrollieren kann. Nicht einmal der Geheimdienst. Es braucht einen stichhaltig begründeten Verdacht. Und der muss handfest belegt werden können. Eine einzige Ausnahme gibt es: Schengen sei Dank darf die Polizei beispielsweise auf Autobahnen, an Bahnhöfen und Flughäfen verdachts- und ereignisunabhängige Kontrollen durchführen, um die ehemaligen Grenzkontrollen zu kompensieren. Wollten wir also mehr wissen, mussten wir die Bundespolizei davon überzeugen, den Bus zu kontrollieren. Einen Bus aus dem fließenden Verkehr zu stoppen, von dem niemand auf die Stunde genau sagen kann, wann er wo eintrifft, mit fünfzig bis sechzig Passagieren, von denen einer, einige,
alle oder keiner illegal eingereist sein konnten, bedeutet mehr Aufwand als ein Streifenwagen und eine halbe Stunde Zeit. Dementsprechend gut würden unsere Argumente sein müssen, um die Bundespolizei von einem Einsatz zu überzeugen … und natürlich die Erfolgsaussichten … ganz unabhängig von der rechtlichen Situation. Sabine und ich schafften in den nächsten Tagen die Voraussetzungen. Wir zogen das Netz enger. Dank Philipp war es uns gelungen, in Istanbul eine Quelle so zu platzieren, dass wir eine echte Chance hatten mitzubekommen, wann das nächste Mal geschleust wurde.
    Schließlich präsentierten wir unsere Ergebnisse dem SGL, unserem Chef.
    Wie immer hörte er sich zuerst einmal alles an, ohne ein einziges Wort zu sagen. Auch als wir fertig waren, schwieg er noch eine Weile. Er gehörte zu den wenigen Menschen im Haus, die sich die Zeit zum Nachdenken offen nahmen. Der SGL musste nicht schnell irgendetwas sagen. Wenn er sich äußerte, dann durchdacht. Schließlich nickte er. »Okay. Gute Arbeit!«
    Sabine und ich wechselten einen Blick. Wir mochten den SGL, auch weil er uns Chancen einräumte und immer den Rücken stärkte. In der Vergangenheit hatte er dies schon einige Male bewiesen, wie im Fall Hornisse, als der AL unsere Hypothese »Hirngespinst« genannt hatte. Der

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