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Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition)

Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition)

Titel: Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Martin
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letzten Wochen hatte er wenig Schlaf abbekommen, da seine Kundschaft vorwiegend nachtaktiv war.
    »Den Herrn Einmüller werden Sie nur selten sehen«, erklärte ich Frau Mühlthaler. »Der schaut bloß gelegentlich nach dem Rechten.«
    Frau Mühlthaler begrüßte ihn mit einem Händedruck, dann wandte sie sich an mich. »Wo sind denn die anderen?«
    »Die Technikjungs kommen gleich«, sagte ich und begriff im Wohnzimmer schnell, warum sie das wissen wollte. Es war für fünf Personen gedeckt. Semmeln, Brezen, Butter, Aufschnitt, Käse.
    »So, um halb zehn ist doch Brotzeit, oder?«, fragte Frau Mühlthaler. »Der Kaffee wär auch fertig.«
    Robert, der, wie ich wusste, um zehn den nächsten Termin hatte und unter hoher Spannung stand, lächelte freundlich. »Das ist aber ein Empfang! Da nehme ich doch glatt eine Tasse.«
    »Wollen wir nicht warten, bis alle da sind?«, appellierte Frau Mühlthaler an seine guten Manieren.
    Robert warf mir einen SOS-Blick zu. Ich hatte ihm die alte Dame zwar geschildert, dass er als Senioren-Unterhaltungsprogramm dienen würde, wurde ihm aber erst jetzt klar.
    »Mein Kollege hat es sehr eilig«, sagte ich.
    Zwei Minuten später hatte Robert seinen Kaffee, drei Minuten später tauchten die Jungs von der Technik auf.
    Ich stellte sie Frau Mühlthaler vor. Die beiden nickten der alten Dame nur kurz zu, verzichteten auf einen Handschlag und kümmerten sich nicht weiter um sie. Womöglich hatten sie sie im nächsten Augenblick schon vergessen. Sie interessierten sich allein dafür, wie sie ihr Equipment am besten aufbauen konnten, das sie nach und nach in den vierten Stock schleppten. Frau Mühlthalers
Blicke verdunkelten sich Kiste für Kiste. Letztendlich standen drei große Kisten, unzählige kleinere Koffer, einige Stative, mehrere Kabeltrommeln und ein Ballen mit rund zwanzig Quadratmetern Molton im Wohnzimmer. Gemütlich sah anders aus. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass Frau Mühlthaler zwei von den Gedecken verschwinden ließ. Den Technikern fiel das nicht auf. Robert schon, und es amüsierte ihn sichtlich. Nachdem er mit den beiden noch einige Details besprochen hatte, verabschiedete er sich. Frau Mühlthaler brachte ihn zur Tür und nahm ihm das Versprechen ab: »Nächstes Mal bringen Sie mehr Zeit mit und essen auch etwas!«
    Dann stellte sie sich mit vor der Brust verschränkten Armen neben die Wohnzimmertür und beobachtete, wie die Techniker Ungemütlichkeit verbreiteten. Was ihnen nicht bewusst war. Sie sahen nur Dinge. Die Blumentreppe und der Schaukelstuhl standen wie bestellt und nicht abgeholt neben dem Schrank, eine Teppichbrücke war zusammengerollt, auf dem Sofa ringelten sich meterweise Kabel, fremd und kühl ragten die Träger der Alutraversen in den Raum. An ihnen würden die Techniker die schwarze Moltonwand befestigen.
    »Es ist ja nur für ein paar Tage, maximal dreieinhalb Wochen«, tröstete ich Frau Mühlthaler.
    »Wer A sagt, muss auch B sagen«, erwiderte sie, drehte mir den Rücken zu und kehrte kurz darauf mit einem feuchten Küchentuch zurück. Die Techniker hatten eine Vase beiseitegeschoben und Frau Mühlthaler einen gräulichen Wasserrand entdeckt. Sie entdeckte noch einige mehr, wuselte mit dem Lappen in der Hand hinter den Technikern her, verschob Bilderrahmen, wusste nicht, wohin mit sich. War das noch ihre Wohnung? Nein, war es nicht, auch wenn sie sie tapfer verteidigte an der Häkeldeckchenfront. Kaum hatte ein Techniker eines der runden oder rautenförmigen Deckchen verschoben, schob Frau Mühlthaler es zurück, dann der
Techniker, dann Frau Mühlthaler. Eine Art Mühle, und die Schränke und Tische waren das Spielbrett. Allerdings bekamen die Techniker das gar nicht mit. Sie schoben beiseite, ohne zu sehen, was. Als sie feststellten: »Mia hams. Jetzt pack’ mas wieder«, ließ sich die alte Dame auf einen Stuhl sinken.
    »So«, sagte sie.
    Ich setzte mich neben sie. Sie stand sofort wieder auf. »Aber jetzt trinken wir zwei einen Kaffee miteinander.«
    »Freilich«, sagte ich.
    »Und dann erklären Sie mir das alles noch mal in Ruhe, was ich jetzt machen muss mit den ganzen Apparaturen hier.«
    Ich lachte. »Das machen alles wir.«
    »Ich muss nichts einschalten und scharf stellen und wechseln?«
    »Nein.«
    »Dann essen wir jetzt die Brotzeit.«
    »Klar«, nickte ich. Nach einer halben Breze begann ich mit der kleinen Wiedergutmachung, die ich Frau Mühlthaler anbieten konnte. Die alte Dame hatte kein einziges Mal nach Geld oder einer

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