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Ich ein Tag sprechen huebsch

Ich ein Tag sprechen huebsch

Titel: Ich ein Tag sprechen huebsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Sedaris
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worden, was ihren Außenseiter-Status nachdrücklich unterstrich und mich zum Feind der Avantgarde machte. Beim nächsten Gruppentreffen ließ man durchblicken, das Museum habe meine Arbeit nur deshalb angenommen, weil sie dekorativ und leicht verdaulich sei. Sie alle wären reingekommen, wenn sie sich hätten verbiegen lassen, nur gebe es im Gegensatz zu mir auch noch Leute mit Prinzipien.
    Schnell hatte man den Plan zu einer alternativen Ausstellung gefasst, so dass ich mich zur Ausstellungseröffnung allein in Begleitung meiner Mutter und meiner Dealerin einfand, die mittlerweile so viel Haare und Gewicht verloren hatte, dass sie in ihrem erdfarbenen Mantel aussah wie eine auf einen Zahnstocher aufgespießte Silberzwiebel. Die beiden sorgten für einiges Aufsehen, indem sie über die Bar herfielen und lauthals ihre unqualifizierten Kommentare abgaben. In einer Ecke spielte eine kleine JazzCombo, während Kellner Tabletts mit Riesengarnelen und gefüllten Champignons umhertrugen. Ich beobachtete, wie sich die Menge um meine Kisten drängte, und hätte gerne ihren Kommentaren gelauscht, nur erschien es mir ratsamer, meine Mutter im Auge zu behalten. Als ich einmal nach ihr sah, hielt sie sturztrunken den Arm des Kurators umklammert und brüllte: »Ich bin da gerade einer Lady auf der Toilette begegnet und hab ihr gesagt: Honey, warum spülst du es weg? Bring's nach nebenan, die stecken es in eine gottverdammte Vitrine. «
    Sieben: Ich erzählte meinen Freunden, ich hätte jede einzelne Sekunde des Empfangs gehasst, und sobald die Ausstellung vorüber war, verbrannte ich meine Kisten in der Hoffnung, man würde mir meinen unverdienten Erfolg verzeihen. Doch erst als ich ihnen die mit Asche gefüllte Tupperdose präsentierte, beschlossen meine Freunde, mich wieder bei sich aufzunehmen. Ich hatte für meine Eitelkeit bezahlt und durfte zur Belohnung an einer Performance des Nestbauers mitwirken. Das Skript war stark. »An der Stelle hier auf Seite siebzehn, wo blöken steht, soll ich da einmal blöken, oder mich gehen lassen und mehrmals hintereinander blöken?« fragte ich. »Rein gefühlsmäßig würde ich anhaltendes Blöken vorziehen, aber wenn die Mutter/Zehrstörerin durch den Geburtskanal aus Ziehharmonikadraht gekrochen kommt, möchte ich nicht die ganze Aufmerksamkeit auf mich lenken, verstehst du mich?«
    Er verstand mich. Das war das unheimlichste an der Sache, dass mich jemand verstand. Mir ging auf, dass eine Performance eine Art Theaterstück war, wenn auch ein Theaterstück ohne Handlung, Dialog oder erkennbare Figuren. Diese Sorte Stück eben. Ich war begeistert.
    Für die Aufführung suchten wir uns ein krasses Ambiente. Mein Gott, der Ausdruck ging mir wie Honig über die Lippen. »Wir haben ein wahnsinnig krasses Ambiente für unser Stück aufgetan«, erzählte ich allen übrigen Bekannten. »Ein leerstehendes Tabaklager ohne Wasser- und Stromanschluss. Drinnen ist es bestimmt fünfzig Grad heiß. Ihr müsst unbedingt vorbeikommen und euch die Show ansehen. Der ganze Laden ist voller Flöhe, und es wird bestimmt voll abgefahren. «
    Meine Eltern hockten bei der Premiere im Schneidersitz auf einer der Gummimatten, die wie Inseln über den schmutzstarrenden Betonboden verteilt waren. Als ich meine Mutter nachher fragte, wie ihr die Performance gefallen habe, massierte sie ihre Kniescheiben und sagte: »Wolltest du mich für irgendwas bestrafen?«
    Die Abendzeitung brachte eine Besprechung unter der Überschritt BÜRGERINITIATIVE REINIGT LEERSTEHENDES WARENLAGER. Der Artikel tat wenig zur Ankurbelung des Kartenverkaufs, so dass wir bereits am zweiten Abend des auf eine Woche angesetzten Stücks die Zuschauer an einer Hand abzählen konnten. Die Mundpropaganda schadete uns noch mehr, aber wir trösteten uns damit, die Schuld einem fernsehverseuchten Publikum zuzuschieben, das keine zweieinhalbstündige Performance mehr durchstand, ohne über Langeweile und Wadenkrämpfe zu klagen. Wir waren unserer Zeit ganz eindeutig weit voraus, waren aber zuversichtlich, dass die Bevölkerung North Carolinas, versorgt mit ausreichend Drogen, irgendwann den Anschluss schaffen konnte.
    Acht: Unsere Gruppe zerbrach, als der Nestbauer Pläne für seine nächste Performance verkündete. »Warum spielen wir immer nur deine Stücke?« fragten die anderen. Als Anführer war es sein Schicksal, für genau die Eigenschaften bestraft zu werden, die wir an ihm bewunderten. Sein Charisma, seine bedingungslose Hingabe, ja sogar sein

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