Ich ein Tag sprechen huebsch
doch auch jetzt noch können sieben Stunden Arbeit durch eine einzige Frage zu den Themen Sport oder Oper zunichte gemacht werden. Seit ich in Frankreich lebe, ist mein Hobby deutlich teurer geworden. Auch mache ich mir durch den Zeitunterschied keine Freunde. »Herrgott«, stöhnt mein Vater, »wir haben vier Uhr früh. Wen kümmert es, wer die 64. US-Open gewonnen hat?« Nachdem die vielen ÜberseeTelefonate mich in den Ruin trieben, legte ich mir einen Atlas und ein Regal voller Jahrbücher und Nachschlagewerke zu. Ich finde zwar nicht immer, wonach ich gerade suche, stoße aber beim Blättern auf lauter interessante Dinge, die ich in späteren Rätseln gebrauchen kann. Die indischen Herrscher der Kanva-Dynastie, der Deckname des Serienmörders Ted Bundy, die Gewinner der Tony Awards von 1974 all diese Dinge werden mir garantiert irgendwann sehr zupass kommen.
Das New York Times -Rätsel wird auch in der International Herald Tribune abgedruckt, die an nahezu jedem Pariser Kiosk zu bekommen ist. Neulich hatte ich das Mittwoch-Rätsel beinahe geschafft, als ich unter 21 senkrecht auf »Freund Hiobs« stieß und dazu ein Buch mit dem Titel Die Ordnung der Dinge konsultierte. Es ist ein Nachschlagewerk, das meine Schwester Amy mir gegeben hat und das voller nützlicher Hinweise ist. Beim Blättern nach dem Abschnitt zum Thema »Bibel« stieß ich auf eine Auflistung von Phobien, eingeteilt in die verschiedensten Rubriken. Ganz begeistert war ich von Genuphobie (der Angst vor Knien), Pogonophobie (der Angst vor Bärten) und Keraunothnetophobie (ein Wort mit neunzehn Buchstaben, das auf Leute gemünzt ist, die Angst vor herabstürzenden Satelliten haben). Während ich die Liste überflog, versuchte ich mir vorzustellen, zu welcher Art Selbsthilfegruppe Menschen gingen, die ihre Angst vor Rost, Zähnen, Vererbung oder Bindfäden los werden wollten. Zweifellos würde es tagsüber Treffen für Achluophobiker geben (die sich vor dem Einbruch der Dunkelheit fürchten) und abendliche Zusammenkünfte für Phengophobiker, die das Tageslicht fürchten. Leute, die Angst vor Menschenansammlungen haben, müssten sich zu Gesprächen unter vier Augen zusammenfinden, und solche, die sich vor der Psychiatrie fürchten, wären auf die laienhafte Unterstützung von Freunden und Familienmitgliedern angewiesen.
Zur langen Liste der Situations-Phobien gehört die Angst, gefesselt zu werden, geschlagen zu werden, in einem engen Raum eingesperrt zu werden oder mit menschlichen Ausscheidungen beschmiert zu werden. Die Aufnahme dieser Ängste verwirrte mich, da damit zumindest der Anschein erweckt wurde, diese Ängste seien in irgendeiner Weise unsinnig. Beim Lesen fragte ich mich: Wer lässt sich schon gerne Handschellen anlegen und mit menschlichen Exkrementen beschmieren? Doch dann, ohne auch nur mein Adressbuch aufzuschlagen, fielen mir auf Anhieb drei Namen ein. Das machte mir angst, aber das ist offensichtlich meine Privat-Phobie. Jedenfalls entdeckte ich nirgends einen Eintrag für diejenigen, die Angst haben, zu viele Masochisten zu kennen. Genauso wenig waren die verzeichnet, die Angst vor der schrecklichen Wahrheit haben, ihre Selbstachtung beruhe allein auf dem täglichen Lösen des Kreuzworträtsels. Gerade weil ich es nirgendwo finden kann, bin ich sicher, dass es ein Wort dafür gibt. Und ganz bestimmt läuft es mir irgendwann in einem Kreuzworträtsel über den Weg, unter dem Hinweis: »Sie, offen gesagt.
« Die Stadt des Lichts im Dunkeln
Wenn Leute mich fragen, was ich bislang in Paris gemacht habe, schleppe ich ächzend meine Kiste mit abgerissenen Kinokarten herbei. Ich bin jetzt seit über einem Jahr hier und habe zwar weder den Louvre noch das Pantheon gesehen, dafür aber Alamo und Die Brücke am Kwai. Ich hab's nicht bis nach Versailles geschafft, aber ich habe Oklahoma, Brasil und Nashville mitgenommen. Abgesehen von ein paar Ausflügen zum Flohmarkt beschränkt sich mein Wissen von Paris auf das, was ich in Gigi gesehen habe.
Wenn mich Leute aus den Staaten besuchen kommen, stelle ich für jeden Tag ein kleines Programm auf. »Wenn wir um drei in Operation Petticoat gehen, haben wir noch genug Zeit, es bis zur Sechs Uhr-Vorstellung von Es ist notwendig den Soldat Ryan zu ret ten einmal quer durch die Stadt zu schaffen, es sei denn, du möchtest lieber um vier in Ein Butler in Amerika und dann um sieben in Roman Holiday. Ich bin da flexibel und richte mich ganz nach dir.«
Die Entscheidungen meiner Gäste beweisen,
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