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Ich finde dich

Ich finde dich

Titel: Ich finde dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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ab.
    »Was ist?«
    »Irgendwie überzeugt mich das nicht so richtig.«
    »Wieso nicht?«
    »Erstens wurde der Mann ermordet.«
    »Und? Wenn überhaupt, dann spricht das für und nicht gegen meine Polygamisten-Theorie. Er hat die falsche Frau verärgert und rums.«
    »Ach komm, dass es so einfach ist, glaubst du doch selbst nicht.«
    Benedict lehnte sich zurück. Er zupfte sich mit zwei Fingern an der Unterlippe. »Sie hat dich wegen eines anderen Mannes verlassen.«
    Ich wartete, dass er weitersprach. Als er das nicht tat, sagte ich: »Äh, ja, du Schlauberger, das ist mir durchaus bekannt.«
    »Das war eine schwierige Zeit für dich.« Er klang bedrückt, versonnen. »Ich versteh das. Ich versteh das besser, als du glaubst.« Ich musste an das Foto denken, an seine verlorene Liebe und daran, wie viele von uns einen solchen Kummer in sich tragen, ohne es sich anmerken zu lassen. »Ihr beiden wart verliebt. Daher kannst du es nicht akzeptieren, dass sie dich wegen eines anderen Mannes verlassen hat.«
    Wieder runzelte ich die Stirn, spürte aber gleichzeitig, wie sich meine Brust zusammenzog. »Und du bist sicher, dass du nicht doch Psychologie-Professor bist?«
    »Du willst das unbedingt. Du sehnst dich so sehr nach dieser zweiten Chance – der Chance auf Erlösung –, dass du nicht in der Lage bist, die Wahrheit zu erkennen.«
    »Und welche Wahrheit soll das sein, Benedict?«
    »Sie ist weg«, sagte er schlicht. »Sie hat dich verlassen. Nichts von alldem ändert irgendetwas daran.«
    Ich schluckte, versuchte, durch diese Woge kristallklarer Realität, die auf mich einstürzte, hindurchzutauchen. »Ich glaube, es steckt mehr dahinter.«
    »Als da wäre?«
    »Weiß ich nicht«, gab ich zu.
    Benedict dachte einen Moment lang darüber nach. »Aber du wirst nicht aufhören zu versuchen, es herauszubekommen, stimmt’s?«
    »Doch, das werde ich«, sagte ich. »Aber heute nicht. Und morgen wahrscheinlich auch noch nicht.«
    Benedict zuckte die Achseln, stand auf, holte sich noch ein Bier. »Gut, dann raus mit der Sprache. Was hast du als Nächstes vor?«

FÜNF
    A uf die Frage hatte ich keine Antwort, außerdem war es spät geworden. Benedict schlug vor, in eine Bar zu gehen und uns die Nacht mit ein paar Drinks um die Ohren zu schlagen. Ich hätte die Ablenkung gut gebrauchen können, musste aber noch Essays benoten und lehnte ab. Ich schaffte gerade drei von den Essays, bis mir auffiel, dass ich mich nicht richtig konzentrieren konnte und es meinen Studenten gegenüber nicht fair war, in dieser Verfassung ihre Arbeit zu benoten.
    Ich machte mir ein Sandwich und versuchte noch einmal, Natalies Namen zu googeln, dieses Mal über eine »Bilder«-Suche. Ich fand ein altes Porträtfoto von ihr. Der Anblick traf mich tief, daher klickte ich es schnell weg. Ich fand ein paar von ihren alten Gemälden. Viele zeigten meine Hände oder meinen Rumpf. Die schmerzhaften Erinnerungen schlichen sich nicht auf leisen Sohlen heran, sie rannten die Tür ein und stürzten sich alle gleichzeitig auf mich. Die Art, wie sie den Kopf auf die Seite legte, die Sonnenstrahlen, die durchs Oberlicht in ihr Studio fielen, ihre konzentrierte Miene, wenn sie arbeitete, und das verschmitzte Lächeln, wenn sie eine Pause machte. Ich brach vor Schmerz fast zusammen. Ich vermisste sie so sehr. Ich vermisste sie so, dass ich physische Schmerzen verspürte – und mehr als das. In den letzten sechs Jahren war es mir meistens gelungen, diese Erinnerungen zu verdrängen, aber plötzlich war die Sehnsucht wieder da und ebenso präsent wie der Tag, an dem wir uns im Refugium zum letzten Mal geliebt hatten.
    Scheiß drauf.
    Ich wollte sie sehen, ganz egal, welche Konsequenzen das hatte. Wenn Natalie tatsächlich in der Lage war, mir ein zweites Mal in die Augen zu sehen und mich wieder wegzuschicken, tja, dann konnte ich mich immer noch um dieses Problem kümmern. Aber nicht jetzt. Nicht heute Nacht. Jetzt musste ich sie erst einmal finden.
    Okay, immer schön der Reihe nach. Ich musste das in Ruhe durchdenken. Was war jetzt zu tun? Zuerst musste ich herausbekommen, ob Todd Sanderson wirklich Natalies Todd war. Schließlich gab es tatsächlich diverse Hinweise darauf, dass es sich, wie Benedict nahegelegt hatte, einfach um eine Verwechslung handelte.
    Doch wie konnte ich das eine oder andere beweisen oder widerlegen?
    Ich musste mehr über Todd wissen. Zum Beispiel: Was hätte Dr. Todd Sanderson, Arzt, der mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Savannah

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