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Ich finde dich

Ich finde dich

Titel: Ich finde dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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entkommen war? Er musste wieder in den Transporter gestiegen und weggefahren sein, dann hatte er vermutlich Ottos Leiche irgendwo abgeladen und dann …
    Dann würde er vermutlich wieder versuchen, mich in die Finger zu bekommen?
    Ich dachte an die Anspannung in Cookies Stimme. Worüber wollte sie mit mir reden? Und warum war das plötzlich so dringend? Warum bestellte sie mich um diese Zeit hierher, spätnachts, ohne mir die Chance zu geben, in Ruhe darüber nachzudenken?
    Ich hatte Cookies Straße erreicht. Hier brannten vor ein paar Fenstern kleine Lampen, wodurch die Häuser gespenstisch irrlichterten. In dem Haus am Ende der Sackgasse brannten mehr Lichter als bei den anderen.
    Es war Cookies Haus.
    Ich wechselte auf die linke Straßenseite, um im Dunkeln zu bleiben. Die Lampen auf der Veranda vor dem Haus brannten, dort konnte ich also nicht entlang, wenn ich unentdeckt bleiben wollte. Das Haus war einstöckig, extrem langgestreckt und uneinheitlich, als wäre ziemlich planlos immer wieder irgendwo etwas angebaut worden. Geduckt ging ich seitlich am Haus entlang. Ich versuchte weiterhin im Dunkeln zu bleiben. Die letzten zehn Meter bis zum Fenster, aus dem am wenigsten Licht nach außen drang, kroch ich auf allen vieren.
    Und jetzt?
    Ich kauerte mich unter das Fenster, verhielt mich ganz still und lauschte. Nichts. Es gibt Stille und dann gibt es noch ländliche Stille, diese fühlbare, fast greifbare Stille mit Volumen und Struktur. Diese Stille umgab mich jetzt. Die wahre, ländliche Stille.
    Ich verlagerte das Gewicht ein wenig. Meine Knie knackten, das Geräusch kam mir so laut vor wie zwei Peitschenhiebe. Ich stellte die Füße direkt unter den Körper, die Knie tief gebeugt, die Hände auf den Oberschenkeln. Dann drückte ich mich langsam hoch.
    Der größte Teil meines Gesichts blieb unsichtbar, als ich den Kopf so weit vor die untere Fensterecke streckte, dass nur mein rechtes Auge und der obere Quadrant meines Kopfs von innen zu sehen wären. Ich blinzelte kurz und sah ins Zimmer.
    Cookie war da.
    Sie saß auf der Couch. Kerzengerade wie ein Besenstiel. Mit fest zugekniffenem Mund. Neben ihr saß ihre Partnerin Denise. Die beiden hielten Händchen, ihre Gesichter wirkten blass und angespannt.
    Man musste kein Experte für Körpersprache sein, um festzustellen, dass sie aus irgendeinem Grund nervös waren. Ich brauchte einen Moment, bis ich begriff, was der Grund war.
    In dem Sessel ihnen gegenüber saß ein Mann.
    Er hatte mir den Rücken zugewandt, so dass ich nur die Oberseite seines Kopfs sehen konnte.
    Mein erster, panischer Gedanke war: Ist das womöglich Bob?
    Ich richtete mich ein paar Zentimeter weiter auf, um einen besseren Blick zu haben. Es reichte nicht. Der Sessel war dick und plüschig, der Mann war tief eingesunken und kaum zu sehen. Ich trat nach rechts, so dass von innen jetzt mein oberer linker Gesichtsquadrant zu sehen wäre. Jetzt erkannte ich, dass er graumelierte, lockige Haare hatte.
    Nicht Bob. Nein, das war definitiv nicht Bob.
    Der Mann redete. Die beiden Frauen hörten ihm aufmerksam zu und nickten unisono, als er einen Satz beendete. Ich drehte den Kopf zur Seite und presste ein Ohr ans Fenster. Das Glas war kalt. Ich versuchte zu verstehen, was der Mann sagte, die Stimme war aber immer noch zu leise. Ich blickte wieder ins Zimmer. Der Mann im Sessel beugte sich etwas vor, um einer Aussage Nachdruck zu verleihen. Er drehte den Kopf dabei gerade so weit, dass ich sein Profil sehen konnte.
    Ich schnappte laut nach Luft.
    Der Mann hatte einen Bart. Das war es. Jetzt erkannte ich ihn wieder – der Bart und die lockigen Haare. Wieder ging mir der Moment durch den Kopf, als ich Natalie das erste Mal mit ihrer Sonnenbrille auf dem Stuhl gesehen hatte. Rechts neben ihr hatte ein bärtiger Mann mit lockigen Haaren gesessen.
    Dieser Mann.
    Was zum …?
    Der Bärtige stand auf. Er ging wild gestikulierend auf und ab. Cookies und Denises Anspannung wuchs. Sie umklammerten ihre Hände so fest, dass ich sah, wie ihre Fingerknöchel weiß wurden. In diesem Moment fiel mir noch etwas auf, das mich schwindelig machte – etwas, bei dem mir schlagartig bewusst wurde, wie wichtig es gewesen war, diese kleine Erkundungsmission in Angriff zu nehmen, statt blindlings ins mögliche Verderben zu rennen.
    Der Bärtige hatte eine Pistole.
    Ich erstarrte bei meiner halben Kniebeuge. Meine Beine fingen an zu zittern, ob es vor Angst oder vor Anstrengung war, konnte ich nicht sagen. Langsam sank ich

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