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Ich finde dich

Ich finde dich

Titel: Ich finde dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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aufs Display und verkündete: »Er muss im Umkreis von fünfzig Metern … in dieser Richtung sein.«
    Der Dünne zeigte direkt auf mich.
    Mehrere Szenarien gingen mir durch den Kopf. Das erste und naheliegendste: aufgeben, die Hände in die Luft strecken, aus dem Wald herausspazieren und dabei aus vollem Hals rufen: »Ich ergebe mich.« In Polizeigewahrsam war ich wenigstens vor Jed und seinen Leuten sicher.
    Ich zog diese Möglichkeit ernsthaft in Erwägung – Arme hochheben, rufen, ergeben –, als ich sah, wie Jed seine Pistole zog.
    Oh, oh!
    Der Stämmige sagte: »Was hast du vor, Jed?«
    »Das ist meine Pistole. Ganz legal und offiziell. Und wir sind auf meinem Grundstück, oder?«
    »Richtig.«
    »Dieser Mörder, hinter dem ihr her seid …«, fing Jed an.
    Jetzt war ich schon ein Mörder.
    »… könnte doch bewaffnet und gefährlich sein. Wenn ihr ihn hier jagen wollt, helfen wir euch dabei.«
    »Wir brauchen keine Hilfe, Jed. Steck die wieder ein.«
    »Es ist immer noch mein Grundstück, oder?«
    »Das ist es.«
    »Wenn ihr nichts dagegen habt, werde ich also hierbleiben.«
    Plötzlich lag das naheliegendste Szenario gar nicht mehr so nahe. Jed war aus zwei Gründen versessen darauf, mich umzubringen. Erstens glaubte er, dass ich etwas mit Todds Ermordung zu tun hatte. Deshalb hatten sie mich hergelockt und gefangen genommen. Außerdem konnten Tote nicht reden. Wenn ich mich ergab, konnte ich den Polizisten erzählen, was vorher passiert war – dass sie mich entführt und auf mich geschossen hatten. Da stand dann zwar mein Wort gegen ihres, andererseits lag bei Cookies Haus eine Kugel, die aus seiner Pistole stammte. Es gab Telefonaufzeichnungen, die belegten, dass Cookie mich angerufen hatte. Als Beweis würde das alles wohl nicht reichen, aber Jed würde das Risiko wahrscheinlich lieber nicht eingehen wollen.
    Wenn Jed mich jetzt erschoss – selbst wenn er das tat, während ich mit erhobenen Händen auf sie zuging –, konnte man es entweder als Notwehr oder schlimmstenfalls als nervösen Zeigefinger ansehen. Er würde mich erschießen und sagen, er hätte eine Waffe gesehen oder so etwas, und laut dem Stämmigen und dem dünnen Jerry hatte ich schließlich auch schon einen Mann getötet. Auch seine Vermonter Kumpel würden Jeds Version stützen, und der Einzige, der ihnen widersprechen könnte – meine Wenigkeit –, wäre dann nur noch Futter für die Würmer.
    Es gab noch mehr zu bedenken. Wenn ich mich ergab, wie lange würde die Polizei mich festhalten? Ich näherte mich der Wahrheit. Das spürte ich. Sie dachten, ich hätte jemanden getötet. Verdammt, und ich hatte gewissermaßen ein Geständnis abgelegt. Wie lange konnte man mich da also in Gewahrsam behalten? Ziemlich lange vermutlich.
    Wenn sie mich jetzt schnappten, bekam ich wahrscheinlich nie die Gelegenheit, Natalies Schwester Julie mit alldem zu konfrontieren.
    »Hier entlang«, sagte der dünne Jerry.
    Sie gingen los. Direkt auf mich zu. Jed hob die Pistole, hielt sie die ganze Zeit im Anschlag.
    Ich ging rückwärts. Mein Kopf fühlte sich an, als wäre er in Sirup gehüllt.
    »Wenn Sie im Wald sind«, rief der Stämmige, »kommen Sie mit erhobenen Händen heraus.«
    Sie kamen näher. Ich ging noch ein paar Schritte rückwärts und duckte mich hinter einem Baum. Der Wald war sehr dicht. Wenn ich weit genug hineinkam, war ich wenigstens für eine Weile sicher. Ich nahm einen Stein und warf ihn, so weit ich konnte, nach links. Alle drehten sich um. Taschenlampen wurden angeschaltet und auf die Stelle gerichtet, an der der Stein gelandet war.
    »Hier drüben«, rief jemand.
    Jed ging mit der Pistole im Anschlag voran.
    Ergeben? Nein, lieber nicht.
    Der Stämmige ging neben Jed. Jed beschleunigte seinen Schritt, rannte fast, aber der Stämmige legte ihm eine Hand auf den Arm. »Langsam«, sagte er. »Er könnte bewaffnet sein.«
    Jed wusste natürlich, dass das nicht der Fall war.
    Der dünne Jerry rührte sich nicht. »Das Ding hier sagt, dass er immer noch da drüben ist.«
    Wieder zeigte er in meine Richtung. Sie waren vierzig bis fünfzig Meter von mir entfernt. Also versteckte ich mein Handy – das zweite in drei Tagen – unter einem Blätterhaufen und verschwand so leise wie möglich tiefer in den Wald hinein. Ich nahm noch ein paar Steine mit, die ich werfen konnte, wenn ich sie ablenken musste.
    Die anderen versammelten sich wieder bei Jerry und fingen dann an, gemeinsam in Richtung Handy zu gehen.
    Ich lief schneller und immer

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