Ich finde dich
sollte. Wenn mich jemand gesehen hatte, war ich erledigt. Hier konnte ich nicht weg. Also wartete ich darauf, dass jemand die anderen zu Hilfe rief.
Nichts außer näher kommenden Schritten.
Moment mal … Wenn mich jemand entdeckt hatte, warum hatte er die anderen nicht gerufen? Vielleicht war ja doch alles bestens. Vielleicht hatte er mich einfach für einen Baum gehalten oder so etwas.
Oder hatte er niemanden gerufen, weil er mich erschießen wollte?
Ich wollte noch einen Moment in Ruhe darüber nachdenken. Wenn ich also annahm, dass Jed mich gesehen hatte, hätte er die anderen gerufen? Nein. Denn wenn er sie rufen würde, könnte ich fliehen, dann wären der Stämmige und der dünne Jerry auch hinter mir her, was es schwieriger machte, mich zu töten. Was würde Jed also tun, wenn er mich entdeckt hatte? Wenn er wusste, dass ich mich hinter ebendiesem Baum versteckte, tja, dann könnte Jed sich vielleicht alleine mit der Pistole im Anschlag anschleichen und …
Peng.
Die Schritte wurden lauter.
Mein Gehirn versuchte es wieder mit diesen schnellen Echsen-Instinkten – einmal hatte mich das schließlich schon gerettet –, aber nachdem die Neuronen ein oder zwei Sekunden lang heiß gelaufen waren, kam ich zu einem bestürzenden, wenn auch nicht unbedingt überraschenden Ergebnis:
Ich war erledigt. Es gab keinen Ausweg mehr.
Ich versuchte, alle meine verbliebenen Kräfte für einen gewaltigen Sprint zu sammeln, aber, ehrlich gesagt, was sollte das bringen? Ich würde sie nur auf mich aufmerksam machen, und in meinem jetzigen Zustand käme ich sowieso nicht weit. Sie würden mich erschießen oder zumindest festnehmen. Wenn ich darüber nachdachte, waren das meine einzigen Möglichkeiten: erschossen oder festgenommen zu werden. Wenn man mich fragte, hätte ich es vorgezogen, festgenommen zu werden. Die Frage lautete also, wie ich die Chance erhöhen konnte, festgenommen zu werden.
Ich hatte keine Ahnung.
Ein Lichtstrahl tanzte vor mir auf dem Boden. Ich presste den Rücken fester gegen den Baum und stellte mich auf die Zehenspitzen. Als würde das etwas nützen. Die Schritte kamen näher. Aus der Lautstärke der Schritte und der Helligkeit der Taschenlampe schloss ich, dass die Person keine zehn Meter mehr von mir entfernt war.
Diverse Möglichkeiten schossen mir durch den Kopf. Ich konnte hier stehen bleiben und mich auf ihn stürzen. Wenn es Jed wäre, könnte ich versuchen, ihn zu entwaffnen. Aber ein Kampf würde nicht nur meinen Aufenthaltsort verraten, sondern, falls es nicht Jed war – sondern zum Beispiel der Stämmige –, die Jagdsaison unter Einsatz von Schusswaffen für alle einläuten.
Was sollte ich also tun? Ich konnte nur hoffen, dass man mich nicht gesehen hatte.
Hoffen war natürlich kein echter Plan und nicht einmal eine echte Alternative. Es war Wunschdenken. Reine Fantasie. Damit legte ich mein Schicksal in die Hände des … tja … Schicksals.
Die Schritte waren nur noch ein bis zwei Meter entfernt. Ich wappnete mich – ohne zu wissen, wofür –, verließ mich ganz auf meine Reptilien-Instinkte, als ich ein Flüstern hörte.
»Sagen Sie kein Wort. Ich weiß, dass Sie hinter dem Baum sind.«
Es war Cookie.
»Ich geh gleich an Ihnen vorbei«, flüsterte sie weiter. »Folgen Sie mir. Bleiben Sie so dicht wie möglich hinter mir.«
»Was?«
»Tun Sie’s einfach.« Ihr Ton duldete keinen Widerspruch. »Bleiben Sie direkt hinter mir.«
Cookie ging so nah an meinem Baum vorbei, dass sie fast darüber stolperte, und stapfte weiter. Ich zögerte keinen Moment und schloss mich ihr an. Sowohl rechts als auch links von mir sah ich die Lichtkegel der Taschenlampen.
»Das war keine Show, oder?«, fragte Cookie.
Ich wusste nicht, was sie meinte.
»Sie haben Natalie geliebt, stimmt’s?«
»Ja«, flüsterte ich.
»Ich bringe Sie, so weit ich kann. Wir treffen gleich auf einen Pfad. Den gehen Sie nach rechts. Bleiben Sie geduckt und außer Sicht. Der Pfad führt zur Lichtung an der weißen Kapelle. Da kennen Sie sich ja aus. Ich werde versuchen, die anderen hier noch ein bisschen zu beschäftigen. Machen Sie, dass Sie so weit wie möglich wegkommen. Gehen Sie nicht nach Hause. Da finden die Sie.«
»Wer findet mich da?«
Ich versuchte, im Gleichschritt mit ihr zu gehen wie ein nerviges Kind, das jemanden nachahmt.
»Sie müssen aufhören, Jake.«
»Wer findet mich da?«
»Die ganze Sache ist viel größer, als Sie sich vorstellen können. Sie haben keine Ahnung, mit wem Sie
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