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Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition)

Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition)

Titel: Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tahereh H. Mafi
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Zimmer entfernt werden.«
    Warner hört auf, das Essen/den Schrott in seinem Mund zu kauen. Schluckt sorgsam alles hinunter. Dann lehnt er sich zurück und schaut mich an. »Kommt nicht in Frage.«
    »Wenn ich wie eine Gefangene behandelt werde«, sage ich, »werde ich mich auch so verhalten. Ich hasse es, beobachtet zu werden.«
    »Ich kann dir nicht vertrauen.« Er greift wieder nach seinem Löffel.
    »Jeder Atemzug, den ich mache, wird überwacht. In allen Fluren sind im Abstand von zwei Metern Soldaten postiert. Ich habe nicht mal Zugang zu meinem eigenen Zimmer«, erwidere ich. »Kameras können auch nicht mehr ausrichten.«
    Ein seltsames Lächeln spielt um seine Lippen. »Du bist nicht gerade zuverlässig, weißt du. Du könntest jemanden töten.«
    »Nein.« Ich halte eine Hand mit der anderen fest. »Nein – ich würde niemals – ich habe auch Jenkins nicht getötet –«
    »Ich meine nicht Jenkins.« Sein Lächeln verätzt meine Haut wie Säure.
    Er fixiert mich. Lächelt mich an. Foltert mich mit seinem Blick.
    Ich schreie stumm in meine Faust.
    »Das war ein Unfall.« Die Worte taumeln so leise aus meinem Mund, so schnell, dass ich nicht weiß, ob ich wirklich gesprochen habe und ob ich wirklich hier sitze oder ob ich wieder 14 Jahre alt bin 14 14 und schreie und sterbe und in einen See aus Erinnerungen sinke, die ich niemals niemals niemals
    vergessen kann.
    Ich sah sie im Supermarkt. Sie hatte die Knöchel verschränkt, und ihr kleiner Junge war an einem Geschirr befestigt, von dem sie ihm weisgemacht hatte, es sei ein Rucksack. Sie glaubte, er sei zu dumm/klein/ahnungslos, um zu kapieren, dass dieses Band an ihrem Handgelenk dazu bestimmt war, ihn gefangen zu halten – in ihrer Gleichgültigkeit und ihrer Selbstbezogenheit. Sie ist zu jung für ein Kind, für so viel Verantwortung, für ein Wesen mit Bedürfnissen, die sich nicht mit ihren eigenen vertragen. Ihr Leben ist ja so unerträglich, so vielfältig, viel zu glamourös – das kann der gefesselte Spross ihrer Lenden nicht kapieren.
    Kinder sind nicht dumm, wollte ich ihr sagen.
    Ich wollte ihr sagen, dass er nicht unartig sein wollte, als er zum siebten Mal schrie. Dass ihre vierzehnte Ermahnung in Form von du ungezogenes Blag/du bist so böse/du blamierst mich/ich sag Daddy, wie böse du bist, unsinnig war. Ich wollte nicht hinschauen, aber ich konnte nicht anders. Sein dreijähriges Kinn schmerzverzogen, die kleinen Hände versuchten die Fesseln an seiner Brust wegzureißen, und sie zerrte so fest, dass er hinfiel und weinte, und sie sagte ihm, er hätte es nicht anders verdient.
    Ich wollte sie fragen, warum sie das machte.
    Ich wollte ihr viele Fragen stellen, tat es aber nicht, weil wir nicht mehr mit anderen Menschen reden, weil es absurder gewesen wäre, eine Fremde anzusprechen, als zu schweigen. Der Kleine wand sich am Boden, bis mir alles aus den Händen fiel und mein Gesicht entgleiste.
    Es tut mir so leid, habe ich niemals zu ihrem Sohn gesagt.
    Ich glaubte, meine Hände könnten helfen
    Ich glaubte, mein Herz könnte helfen
    Ich glaubte so vieles
    Niemals
    niemals
    niemals
    niemals
    glaubte ich
    »Du hast einen kleinen Jungen getötet.«
    Ich werde von Millionen Erinnerungen an diesen Sessel genagelt, von dem Grauen heimgesucht, das ich mit bloßen Händen erzeugte, ich kann keine Sekunde vergessen, dass ich aus gutem Grund verstoßen bin. Meine Hände können Menschen töten. Meine Hände können zerstören.
    Ich habe kein Anrecht auf Leben.
    »Ich will«, keuche ich und versuche die Faust in meiner Kehle herunterzuschlucken, »ich will, dass die Kameras hier wegkommen. Sie sollen hier raus. Dafür werde ich bis zum letzten Blutstropfen kämpfen.«
    »Endlich!« Warner steht auf und faltet die Hände, als wolle er sich selbst beglückwünschen. »Ich habe mich schon gefragt, wann du endlich aufwachst. Ich warte ständig auf das Feuer, das doch täglich an dir zehren muss. Du erstickst fast vor Hass, nicht wahr? Vor Wut? Frustration? Du willst unbedingt etwas tun? Jemand sein ?«
    »Nein.«
    »Aber sicher. Du bist wie ich.«
    »Ich hasse Sie mehr, als Sie jemals begreifen können.«
    »Wir werden ein exzellentes Gespann abgeben.«
    »Wir sind nichts . Sie sind nichts für mich –«
    »Ich weiß, was du willst«, sagt er mit gedämpfter Stimme und beugt sich vor. »Ich weiß, wonach dein kleines Herz sich schon immer gesehnt hat. Ich kann dir die Zuwendung geben, nach der du suchst. Ich kann dein Freund sein.«
    Ich erstarre.

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