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Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition)

Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition)

Titel: Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tahereh H. Mafi
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aus.
    Ich werde rot. Betrachte eingehend das Muster des Teppichs unter meinen Füßen. Berühre die Stofftapete, warte, dass Adam etwas sagt. Stehe auf und schaue aus dem kleinen Fenster auf die zerstörte Stadt. Lehne die Stirn an die Scheibe.
    Blechbaracken, in denen Flüchtlinge, in Lumpen gehüllt, Schutz suchen vor der Kälte. Eine Mutter mit einem Kleinkind an der Hand vor Soldaten, die reglos dastehen, die Gewehre im Anschlag, jederzeit bereit zu schießen. Riesige Müllberge, glitzernder Metallschrott. Einsame Bäume, die sich im Wind biegen.
    Adam legt die Hände um meine Taille.
    Seine Lippen berühren mein Ohr. Er schweigt, doch ich schmelze an seinem Körper wie Butter in der Hitze. Will mir jede Sekunde dieser Szene einverleiben.
    Ich erlaube meinen Augen, sich zu schließen vor der Wirklichkeit dort draußen. Nur für ein kleines Weilchen.
    Adam holt tief Luft und zieht mich noch dichter an sich. Mein Körper schmiegt sich an seinen; seine Hände umspielen meine Taille, seine Wange ruht an meinem Kopf. »Du fühlst dich wunderbar an.«
    Ich will lachen, aber ich weiß offenbar nicht mehr, wie das geht. »Dass ich das mal zu hören kriege, hätte ich nie gedacht.«
    Er dreht mich zu sich, und plötzlich schaue ich in sein Gesicht, Millionen Flammen züngeln an mir empor und brennen auf meiner Zunge, bis ich sie verschlucke. Adam starrt mich an, als sähe er mich zum ersten Mal. Ich möchte meine Seele waschen in der blauen Tiefe seiner Augen.
    Er beugt sich vor, bis seine Stirn die meine berührt, doch unsere Lippen sind noch immer nicht nah genug. »Wie geht es dir?«, flüstert er, und ich möchte sein wunderbares pochendes Herz küssen.
    Wie geht es dir? Diese Frage hat mir noch niemand je gestellt.
    »Ich will weg hier«, antworte ich.
    Er drückt mich an sich, und ich bin überwältigt von der Kraft, der Schönheit, dem Zauber einer so schlichten Geste. Adam fühlt sich an wie pure Energie.
    Jeder Schmetterling der Welt flattert in meinem Bauch umher.
    »Juliette.«
    Ich lehne mich zurück, um ihm ins Gesicht zu schauen.
    »Meinst du das ernst?«, fragt er. Seine Finger gleiten über meine Wange, streichen eine Haarsträhne hinter mein Ohr. »Bist du dir über die Gefahren im Klaren?«
    Ich hole tief Luft. Die größte Gefahr ist der Tod. »Ja.«
    Er nickt. Senkt den Blick, senkt die Stimme. »Die Truppen machen für irgendeinen Angriff mobil. Es hat Aufstände gegeben, von bislang unauffälligen Gruppierungen, und wir sollen den Widerstand niederschlagen. Ich glaube, dieser Angriff soll der letzte sein«, fügt er leise hinzu. »Da läuft irgendwas Großes, aber ich weiß noch nicht, was. Jedenfalls müssen wir zeitgleich bereit zum Aufbruch sein.«
    Ich erstarre. »Wie meinst du das?«
    »Wenn die Truppen ausrücken, sollten wir beide bereit zur Flucht sein. Nur so können wir genug Zeit gewinnen, um zu verschwinden. Alle werden mit dem Angriff beschäftigt sein, und es wird dauern, bis sie merken, dass wir weg sind, und nach uns suchen können.«
    »Aber du kommst mit? Das würdest du für mich tun?«
    Er lächelt ein bisschen. Amüsiert. Seine Lippen zucken, als versuche er sich das Lachen zu verkneifen. Und sein Blick ist sanft, als er mir in die Augen schaut. »Es gibt nur wenig, was ich nicht für dich tun würde.«
    Ich hole tief Luft und schließe die Augen. Lege die Fingerspitzen auf seine Brust und denke an den schwebenden Vogel auf seiner Haut. Und stelle ihm die eine Frage, vor der ich mich am meisten fürchte. »Warum?«
    »Wie meinst du das?« Er tritt einen Schritt zurück.
    »Warum, Adam? Warum kümmerst du dich um mich? Warum willst du mir helfen? Ich verstehe nicht – ich weiß nicht, weshalb du dein Leben aufs Spiel setzen willst –«
    Doch dann umfassen seine Arme meine Taille, und er zieht mich ganz nah an sich, und seine Lippen streifen mein Ohr, und er sagt meinen Namen, einmal, zweimal, und ich wusste nicht, dass man so schnell in Flammen aufgehen kann. Sein Mund lächelt an meiner Haut. »Ach so, du weißt das nicht?«
    Ich weiß gar nichts, würde ich sagen, wenn ich das Sprechen noch beherrschen würde.
    Er lacht ein bisschen und lehnt sich zurück. Nimmt meine Hand und betrachtet sie. »Erinnerst du dich noch«, sagt er, »als Molly Carter sich in der vierten Klasse zu spät für die Exkursion angemeldet hat? Alle Plätze im Bus waren besetzt, und sie stand draußen und weinte?«
    Er wartet meine Antwort nicht ab.
    »Du bist ausgestiegen und hast ihr deinen Platz

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