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Ich, Gina Wild

Ich, Gina Wild

Titel: Ich, Gina Wild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Schaffrath
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uns mit Geld. Ich war auf 46 Kilo runter und voller Sorgen und Ängste. Kurt erzählte uns von jemandem, der im Yachthafen ein Boot mit Bar liegen hätte, wo Männer nett umsorgt werden. Er bot an, dass er für mich dort wegen eines Jobs anfragen könnte.
    Aber das war nicht meine Vorstellung. Ich als Prostituierte? Undenkbar. Und Axel wollte das auch nicht.
    Kurt schlief in einer Pension nahe am Flughafen. Dort zogen wir auch hin. Ein Zimmer kostete 25 Mark. Es war wie im Knast. Ich habe jeden Abend erst mal die Betten nach Krabbeltieren abgesucht. Das Zimmerchen hatte ungefähr die Maße zwei mal drei Meter. Und wenn man das Fenster aufmachte, glaubte man, die Flieger kommen herein. Alles wackelte und bebte.
    An unserem letzten Tag auf Mallorca habe ich zum ersten Mal die Nerven verloren. Ich stand unter der Dusche, und der Vorhang war voller Schimmel.
    Ich hab die Dusche aufgedreht. Es kam nur kalt oder heiß raus. Abwechselnd. Es war plötzlich so brennend heiß, dass ich mich fürchterlich erschrocken habe und aus Panik den ganzen Vorhang herunterriss. Ich war so gefrustet, dass ich den Duschkopf durch das Bad schleuderte und brüllte wie am Spieß. Ich konnte aber nicht weinen. Es ging nicht. Das konnte ich erst wieder in Deutschland.
    Als Axel ins Bad kam, war es klar: »Ich halte es nicht mehr aus. Ich schaffe das nicht mehr.«
    Axel war auch mies drauf. Wenn wir mit unseren Eltern telefonierten, hatten wir den schönen Schein gewahrt. Wir waren einfach zu stolz um zuzugeben, dass alles schief lief. Wir hatten Angst davor, dass die Leute mit den Fingern auf uns zeigen und uns auslachen. Einige daheim hatten uns genau vor dem gewarnt, was nun passierte. Gute Freunde von uns, die Hans Moser kannten, hatten uns zur Vorsicht ermahnt. Aber wir wollten ja unbedingt groß rauskommen.
    Nach diesem Vorfall war uns klar: Es hat keinen Sinn mehr. Wir fliegen wieder nach Hause. Kurt brachte uns zum Flughafen. Wir hatten ein Stand-By-Ticket für 99 Mark pro Person. Das konnten wir gerade noch bezahlen.
    Eine Nacht mussten wir am Flughafen verbringen. Axel hat von dort Dubravko angerufen, einen ehemaligen Arbeitskollegen. Der wollte uns sogar in Mallorca abholen. Gerührt lehnten wir ab.
    Dann saßen wir endlich im Flieger. Ich kann mich daran erinnern, dass Axel sagte: »Hoffentlich stürzt der jetzt ab, und alles ist vorbei.«
    So verzweifelt und mutlos waren wir.
    Wir sind um elf Uhr nachts angekommen. Als wir aus der Luft die leuchtende Skyline von Frankfurt sahen, haben wir uns ganz fest gedrückt. Endlich wieder zu Hause. Wir waren mit Dubi bei Feinkost Käfer am Flughafen verabredet. Als er uns sah, musste er weinen, weil wir so elend aussahen. Er nahm uns mit zu sich nach Hause. Da haben wir gemerkt, was es heißt, wahre Freunde zu haben.
    In den folgenden Wochen haben wir bei Dubi und seiner Frau Andrea gewohnt. Erleichterung, Angst und Scham haben sich in diesen Tagen vermischt.
    Dubi wohnt in Obertshausen. Da gibt es einen exzellenten Italiener: »Michelangelo«. Das war unser Stammrestaurant. Der Besitzer, Pino und sein Mitarbeiter Giovanni waren dicke Freunde von uns. Dort haben wir vor unserem Mallorca- Abenteuer Abschied gefeiert.
    Das erste, was Axel im Auto von Dubi sagte, war: »Bitte fahr uns zu ›Michelangelo‹. Ich will unbedingt Spaghetti mit Gorgonzolasoße essen.« Wir hatten Tagelang nichts Vernünftiges mehr gegessen.
    Das ganze Personal von »Michelangelo« saß nach der Arbeit beisammen. Wir kamen um die Ecke. Die waren total geschockt, sind aufgesprungen und haben uns in die Arme genommen. Auch sie hatten Tränen in den Augen, weil wir so fertig aussahen.
    »Was ist denn passiert?«
    Sie wussten, weshalb wir nach Mallorca gegangen waren. Dann haben sie für uns gekocht. Beim Essen haben wir alles erzählt.
    Die Leute aus dem »Michelangelo«, Dubi, Andrea und unsere Eltern sind durch diese Zeit die wichtigsten Menschen in unserem Leben geworden, weil sie uns bedingungslos unterstützten.
    Wir haben im »Michelangelo« gegessen und durften nicht zahlen. Die haben uns durchgefüttert. Das werde ich nie vergessen.
    1. Juli 1999. Zurück in Frankfurt. Das war toll. Es war Sommer, leicht bewölkt, eine angenehme Temperatur herrschte. Alle sprachen Deutsch, wir kannten die Umgebung und zahlten mit Mark.
    Dann habe ich am nächsten Morgen meine Mutter angerufen.
    »Wie geht’s euch denn, wo seid ihr denn?«, wollte Mama von uns wissen?
    »Mutti, es hat nicht so hingehauen, wie wir wollten. Wir sind

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