Ich glaub, mich tritt ein Kind: Bekenntnisse einer Schwangeren und schonungslose Wahrheiten einer dreifachen Mutter (German Edition)
und als das erste Kind draußen war, war das ein unfassbares Gefühl der Befreiung. Dazu der erste Schrei: unvergesslich. Das waren schließlich auch die einzigen zwei Minuten meines Lebens, in denen ich Zweifachmutter sein durfte. So etwas bleibt haften. Positiv haften. Aber nachdem dann der zweite Zwilling, mein drittes Kind, da war, war ich mit Sicherheit nicht mehr ich selbst. Ich mutierte zur Rund-um-die-Uhr-Bedürfnismaschine, kroch unter das Bett der großen Tochter, um Ungeheuer zu verjagen, stillte den einen Kleinen, den anderen Kleinen, beide gleichzeitig, wickelte, kochte Essen für mich und die Große und so weiter. Tag und Nacht. Das war natürlich beim ersten Kind noch nicht ganz so extrem. Trotzdem hab ich mir in der ein oder anderen durchwachten Nacht auch schon beim ersten Kind gedacht: Wie gern wär’ ich noch mal schwanger.
Du schreibst es ja selbst: Du schläfst in der U-Bahn ein. Aus der Sicht einer Mutter ein fantastischer Luxus! Denn das kannst du dir nach der Geburt schließlich nicht mehr erlauben, da arbeiten schon deine Instinkte dagegen. Wie sagte mir eine Hebamme so schön? »Du kannst dein Kind gar nicht aus den Augen lassen, sonst könnte ja ein Säbelzahntiger kommen und es klauen.« Ob meine Gene wirklich an Säbelzahntiger glauben, ist eine andere Frage. Fakt ist aber: Das mit dem Schlafen wird erst mal nicht besser – weder tags noch nachts. Die Schwangerschaft bereitet dich einfach nur auf das vor, was danach auf dich wartet. Du befindest dich derzeit im Trainingslager. Sieh’ das also am besten sportlich. Sportler hassen auch ihre Trainingslager mit Konditionsübungen und Muskelaufbau. Im Turnier glänzen sie dafür aber. Und das wirst du auch!
28.
Sei glücklich, verdammt! Überzogene
Erwartungen an Schwangere
Liebe Lisa,
während der Schwangerschaft fluten Glückshormone durch den Mutterkörper, um Stress und Schmerzen auszugleichen. So hab ich’s online auf Neon.de und in diversen Schwangerschaftsbüchern gelesen – und mal so abgespeichert. Babyglück. Ein süßes Geheimnis. Der Grund für Ihr Strahlen. Fernsehen, Magazine und das Internet sind voll davon. Sogar die Werbung bedient sich eifrig der Schwangeren und alle strahlen und streicheln sie ihren Bauch. »Ich war noch nie so glücklich«, schreibt eine Schwangere bei Netmoms.de. Und dann schwärmt auch noch Alessandra, die Angetraute von Moderator Oliver Pocher, in der Illustrierten ›Bunte‹ über ihre Zwillingsschwangerschaft: »Die Glückshormone sprudeln gleich doppelt durch meinen Körper.« Aha.
Denn komischerweise, Lisa, wurden die bei mir leider nicht mitgeliefert. Ich meine, ich fühle mich mal besser, mal schlechter. Habe die üblichen Mama-Sorgen (»Hoffentlich geht alles gut«), die üblichen Fress-Attacken (»Und jetzt noch ein Muffin Double-Choc ›zwischen Frühstück und Mittagessen‹«), das übliche Doppel-D-Brustwachstum (»Hallo Pornostar!«) – aber Glücksgefühle? Ich weiß nicht recht.
Ich bilanziere mal für dich:
1. Monat: Ich war gerade in China und schrieb an meiner Abschlussarbeit für die Uni, hatte superviel Stress und saß mir jeden Tag vor Schreiberei den Hintern in den Kaffeeläden von Peking platt, wo die meiste Zeit das Internet streikte. Glücksgefühle: nichts gemerkt.
2. Monat: Immer noch in Peking. Ich war auf dem Rückweg in mein Hostel, als ich noch einmal auf den Schwangerschaftstest blickte, den ich gerade auf einer Toilette bei Starbucks gemacht,in der Eile in meine Jackentasche gesteckt hatte und nun wegwerfen wollte. Und da war er. Ganz blass, nicht weiter auffällig, aber klar sichtbar: der zweite Streifen. Der Streifen, der den Test positiv machte. Glücksgefühle? Nee, eher Ungläubigkeit.
3. Monat: Endlich wusste ich, dank ärztlichem Prüfsiegel, dass ich schwanger bin. Als mein Freund den kleinen Punkt auf dem grauen Ultraschallbild sah, bekam er feuchte Augen und weinte vor Freude. Ich jedoch blieb in diesem Moment skeptisch. Ärzte können sich irren, richtig? Kann nicht doch noch etwas schiefgehen? Werde ich jetzt echt Mutter? Glücksgefühle? Negativ. Eher Verwirrung. Wieder zu Hause in Berlin gehe ich mit meiner Freundin Katja beim Japaner essen und traue mich: »Katja, ich bin seit ein paar Wochen schwanger«, sage ich ihr, während wir auf unsere Reisnudelsuppen warten. Katja verdrückt ein Tränchen und nimmt meine Hand. »Caro, meine Caro. Ich freu mich so sehr für euch.« Ich bin baff und gerührt. Und weiterhin verwirrt. Warum kriege ich,
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