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Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!

Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!

Titel: Ich glaube, der Fliesenleger ist tot! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Karnick
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Schreibtisch ging, um irgendwelche Unterlagen zu holen, holte ich das kleine, quadratische Muster meiner Sehnsuchtsküchenarbeitsplatte noch einmal aus der Musterschublade und sah es mir genauer an. Auf der Rückseite klebte ein Etikett: »Kindler Edelstahl«. Ich merkte mir den Namen.
    Den fünften gemeinsamen Küchenstudiotermin absolvierten mein Mann und ich, weil ich fand, dass wir, bevor wir womöglich dem Altphilologen eine Küche abkauften, ein Küchenstudio besuchen müssten, das dieselbe Küchenmarke führt – Preise vergleichen als Vorbereitung für harte Verhandlungen. Wie schon beim Küchendesigner hatte ich mich zunächst alleine beraten lassen.
    »Wissen Sie schon genau, was für Küchengeräte Sie wollen?«, hatte der Küchenberater gefragt, nachdem ich erklärt hatte, wie unsere Küche aussehen sollte. Der Küchenberater war ein gut aussehender, lauter, von sich selbst überzeugter Verkäufertyp Mitte dreißig, der genauso gut Autohändler hätte sein können. Als ich seine Frage verneinte, führte er mich mit federndem Schritt zu einem Miele-Backofen mit kabelloser Bratennadel, hundert Automatikprogrammen und Klimagarfunktion: »Und dann geben Sie hier ein, welches und wie viel Fleisch Sie zubereiten wollen, und dann sagt Ihnen der Backofen, wie viel Wasser Sie in den Wasserbehälter füllen müssen, um dieses Stück Fleisch optimal zu befeuchten, und errechnet von selbst, bei welcher Hitze und wie lange das Fleisch garen muss – und fertig ist der perfekte Braten.« Der Autohändler faltete die Hände vor der trainierten Brust und schaute mich erwartungsvoll an: » Toll was?«
    »Ganz toll«, sagte ich. » Aber erstens: Der perfekte Schweinekrustenbraten wird doch mit Bier befeuchtet. Kann man in den Wasserbehälter auch Bier einfüllen?«
    »Hahahahaha!«, lachte der Autohändler. »Kann man da auch Bier einfüllen? Den muss ich mir merken! Haha! Der ist gut!«
    Ich dachte: Na ja, geht so.
    »Und zweitens«, fuhr ich fort, »nehme ich an, dieses Ding ist so etwas wie der Aston Martin unter den Backöfen. Finden Sie nicht, das ist ein seltsamer Einstieg in die Beratung einer Kundin, die gesagt hat, dass sie eine solide, aber möglichst günstige Küche möchte?«
    Der Küchenberater knipste das Begeisterungslachen aus: »Wenn ich Ihnen als erfahrener Küchenberater etwas mit auf den Weg geben darf«, sagte er mit feierlichem Ernst. »Billig ist nicht immer günstig.«
    »Schon klar«, sagte ich. »Aber zwischen sauteuer und spottbillig gibt es ja wohl ein paar Alternativen? Und hundert Automatikprogramme brauche ich nicht, ich koche gerne selbst.«
    »O.k., alles klar, ich habe kapiert, keinen Schnickschnack für die Dame!«, rief der Autohändler. »Aber einen Dampfgarer, glauben Sie mir, den müssen Sie haben!«
    Als mein Mann und ich zusammen wiederkamen, präsentierte der Autohändler uns eine Küche – natürlich mit Passepartout –, deren Preis keinen Cent unter dem lag, was der Küchendesigner haben wollte.
    »Und ich sag Ihnen gleich«, sagte der Küchenberater, sehr streng, geradezu aggressiv, »ein Rabatt ist nicht drin, das ist unsere Philosophie: Bei uns ist schon der allererste Preis, denn wir nennen, ein ganz faires Angebot, da gibt es keinen Verhandlungsspielraum. Wenn Sie eine günstigere Küche wollen, müssen Sie mir Ihren Maximalbetrag sagen, dann setze ich mich noch mal hin und überlege, was wir dafür hinbekommen.«
    Ich dachte: Was ist das denn für eine neue, beknackte Verkaufstaktik? Ich fragte: »Diese Summe ist also Ihr allerletztes Wort?«
    Der Küchenberater nickte.
    »Dann kann ich Ihnen mitteilen«, sagte mein Mann und schob seinen Stuhl zurück, »wir haben keinen Maximalbetrag.« Das stimmte zwar nicht, klang aber gut. »Wir haben aber eine Schmerzgrenze. Und die ist eindeutig überschritten.«
    Der Ton des Küchenberaters wurde schärfer: »Sie wollen Rabatt? Wie viel? Zehn Prozent, zwanzig, dreißig? Spielen Sie mit offenen Karten, damit ich weiß, woran ich bin. Verstehen Sie?«
    »Nö«, sagte ich. »Ich verstehe gar nichts.«
    »Also, dann mal Tacheles«, forderte der Küchenberater. »Wie viel wollen Sie zahlen? Sechstausend weniger, wäre das o.k.? Wenn ich noch einmal ganz scharf kalkuliere, dann schaffe ich das vielleicht, mal sehen.«
    Mein Mann: »Ich dachte, es gibt keinen Spielraum.«
    Der Küchenberater: »Kommt drauf an, wie schnell Sie sich entscheiden. Ich könnte sagen: Gehen Sie eine halbe Stunde um den Block, ich aktualisiere das Angebot, und

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