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Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!

Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!

Titel: Ich glaube, der Fliesenleger ist tot! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Karnick
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machen, um die Geräte auszusuchen, bevor er uns ein endgültiges Preisangebot machen kann. Und ein oder zwei andere Küchenmarken sollten wir zum Vergleich auch noch mal angucken. Wollen wir nicht eben noch mal bei Bulthaup vorbeifahren?«
    »Bulthaup ist doch viel zu teuer für uns«, sagte mein Mann.
    Stimmt. Außerdem ist Bulthaup eine dieser Luxusdesign marken, die mir mit ihrer Omnipräsenz in den sogenannten besseren Kreisen so sehr auf den Zeiger gehen, dass ich sie nicht einmal dann würde haben wollen, wenn wir sie bezahlen könnten: Bulthaup legt man sich zu, wenn man wohlhabend, aber einfallslos ist – genauso wie Woolrich-Jacken, Tobias-Grau-Lampen und einen Oberklasse- SUV . Zu Bulthaup, erklärte ich meinem Mann, wolle ich nur, um mich noch einmal mit eigenen Augen davon zu überzeugen, dass die unfassbar teuren Bulthaup-Küchen gar nicht unfassbar schöner aussehen als die viel günstigere Küche, deren Entwurf wir in der Hand hielten. Zehn Minuten später schlichen wir stumm zwischen Bulthaup-Musterküchen herum.
    »Wow«, sagte mein Mann und strich mit der Handfläche andächtig über eine sehr edle schlammfarbene Kunststeinarbeitsplatte, »die sieht aber schon ganz gut aus.«
    »Sag’s ruhig«, sagte ich. »Die sieht ungefähr tausendmal geiler aus als die Küchen eben. Verdammt.«
    Der zweite Küchenberater, den mein Mann und ich gemeinsam aufsuchten, nannte sich »Küchendesigner« – ein Herr um die sechzig mit schwarzem Rollkragenpullover und verschmitztem Lächeln. Er handelte mit Designküchen einer Marke, die in dem Online-Hersteller-Ranking qualitativ weit vor Bulthaup lag, aber angeblich nicht ganz so teuer war. Ich hatte ihn zunächst allein besucht. Er empfing mich in einem zu einem Ausstellungsraum umgebauten Loft in einer alten Fabrik. In dem Loft standen mehrere ultramoderne, minimalistische Musterküchen, die ich allesamt großartig fand.
    Ich blieb zwei Stunden, der Küchendesigner verstand mich, wir schwatzten und lachten viel und dachten uns meine Traumküche aus. Allerdings: Auch diese Küche brauchte ein Passepartout. Drei Tage später rief der Mann, der mich verstanden hatte, an und nannte mir eine ungefähre Summe, von der ich mir wünschte, sie wäre ein Missverständnis. War sie aber nicht.
    »Den genauen Preis kann ich Ihnen natürlich erst nennen, wenn wir uns über jedes Detail geeinigt haben«, sagte der Küchendesigner.
    »O.k.«, sagte ich. »Das bespreche ich mal mit meinem Mann, dann sehen wir weiter.« Was ich meinte, war: Au Backe, wie bringe ich dem das nur bei?
    Ich gebe wenig Geld für Klamotten und Kosmetik aus. Ich trage keinen Schmuck, nicht einmal eine Armbanduhr. Wir schlafen in einem Ikea-Bett, unseren Esstisch haben wir gebraucht gekauft. Ich mache mir nichts aus teuren Autos und Urlauben. Markennamen sind mir völlig schnuppe. Aber: Ich liebe schöne Bilder, egal in welcher Form – jene Bilder, die man an die Wand hängt, von der Natur geschaffene Landschaftsbilder oder Bilder, die sich aus den Dingen ergeben, mit denen man sich umgibt. Ich liebe den Anblick von Blumen in einer Vase, ich liebe den warmen Schein einer Lampe oder einer Kerze, ich kann mich verlieben in den Schatten, den eine Jalousie im Abendlicht auf eine Zimmerwand wirft, in die Silhouette eines Stuhls, in die Farben einer Decke, in den Griff einer Kommode, die Maserung eines Holzfußbodens, in die dicht an dicht gereihten Buchrücken in einem Bücherregal, in die ausgewogene Fassade eines Hauses.
    Nun hatte ich mich leider unsterblich verliebt in die leicht angeraute, nach Fabrik aussehende Oberfläche einer nur fünf Millimeter dicken Arbeitsplatte aus warm gewalztem Edelstahl, die ich beim Küchendesigner gesehen hatte und die angeblich nur bei der von ihm vertriebenen Küchenmarke erhältlich war. Ich würde meinem Mann beibringen müssen: Die oder keine.
    »Hör zu«, sagte ich zu meinem Mann, »wir haben noch einen Termin in einem anderen Küchenstudio. Die Küchen da sind ein bisschen teurer, aber dafür wirklich toll.«
    »Was bedeutet ein bisschen teurer?«, wollte mein Mann wissen.
    »Schau dir die Küchen doch erst mal an«, sagte ich. »Wenn du sie gesehen hast, wirst du sicher auch finden, dass der Preis angemessen ist.«
    »Wie hoch ist er denn nun?«, fragte mein Mann.
    »Man kann da ja vielleicht noch verhandeln«, sagte ich.
    Der Küchendesigner beriet uns noch einmal zwei Stunden. Er sagte, er würde nun einen detaillierten Küchenentwurf zeichnen, den er uns beim

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